Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung. Personenschaden. Vorsatz
Leitsatz (redaktionell)
Ebenso wie bei der gesetzlichen Vorgängerregelung in §§ 636, 637 RVO ist es im Rahmen der Haftung gem. § 104 Abs. 1 SGB VII erforderlich, dass nicht nur die schadensverursachende Handlung bewusst und gewollt, also vorsätzlich erfolgen muss, sondern, dass vom Vorsatz auch der konkrete Schadensumfang erfasst ist. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift und aus ihrem Zweck. Die §§ 104, 105 SGB VII, die für den Unternehmer und den Arbeitskollegen das Haftungsprivileg begründen, wollen diese zur Erhaltung des Betriebsfriedens von ihrer Haftung nur in den Fällen nicht freistellen, in denen sie den die Versicherten gemeinschaftlich belastenden Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt haben. Das Versicherungsrecht soll die Haftungsfreistellung nur versagen, wenn die mit dem Unfallversicherungsschutz zusammenhängende Freistellung von der Haftung nicht mehr hinnehmbar erscheint. Das ist nicht der Fall, wenn der Schädigende mit dem Eintritt eines größeren Schadens nicht gerechnet hat.
Normenkette
BGB §§ 31, 831; SGB VII § 104
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 11.06.2003; Aktenzeichen 8 Ca 746/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 11.06.2003 – 8 Ca 746/02 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche wegen gesundheitlicher Schäden, die der Kläger auf seine Tätigkeit bei der Beklagten zurückführt.
Der Kläger war bei der Beklagten von 1978 – 1999 beschäftigt. Bis Mitte 1993 war er in erster Linie mit Signier- und Lackierarbeiten, gelegentlich auch mit Konservierarbeiten beschäftigt. Dabei kam er mit Xylamon, Trichlorethylen und ähnlichen gesundheitsgefährdenden Stoffen in Berührung. Seit 1991 leidet der Kläger zunehmend an Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Zittern und ähnlichen Beschwerden. Am 05.05.2000 wurde durch den von ihm aufgesuchten Nervenart eine schwere Myopathie, Polyneuropahtie, Ataxie, Tremor, Hypokenese, Hörminderung, ausgeprägte Leistungsminderung, chronische Depression sowie eine zunehmende chemische Überempfindlichkeit nach langjähriger toxischer Belastung, vor allem im Beruf, aber auch in der Landwirtschaft diagnostiziert (wegen der Einzelheiten des Untersuchungsergebnisses wird auf die Kopie des Arztbriefes vom 06.05.2000, mit der Klageschrift zur Akte gereicht, Bezug genommen).
Der daraufhin vom Kläger bei der zuständigen Berufungsgenossenschaft gestellte Antrag auf Anerkennung seiner Beschwerden als Berufskrankheit wurde mit Bescheid vom 22.12.2000 zurückgewiesen, sein Widerspruch blieb erfolglos. Im sozialgerichtlichen Verfahren kam der beauftragte Sachverständige in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, nicht zuletzt wegen der weiteren Verschlechterung der Erkrankung des Klägers auch nach seinem Einsatz im Lager sei eine außerbetriebliche Ursache für die Erkrankung anzunehmen. Der Kläger nahm daraufhin die Klage zu Beginn des Jahres 2003 zurück. Zuvor hatte er am 17.09.2001 Strafanzeige erhoben – das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen – und mit Schreiben vom 14.12.2001 die Beklagte schriftlich aufgefordert, ihre Haftung dem Grunde nach anzuerkennen.
Mit der vorliegenden Klage, die am 14.03.2002 bei Gericht eingegangen und der Beklagten am 19.03.2002 zugestellt worden ist, begehrt der Kläger Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen der erlittenen Gesundheitsschäden, hinsichtlich derer er behauptet, das sie ausschließlich aufgrund der Belastung am Arbeitsplatz eingetreten seien. Die Beeinträchtigungen hätten vermieden werden können, wenn die Beklagte ausreichende Sicherheitsvorkehrungen getroffen hätte. Tatsächlich sei aber permanent gegen Sicherheitsvorschriften verstoßen worden. Wegen der zu niedrigen Temperatur sei auf Anweisung der Geschäftsführung niemals die Halle gelüftet worden, es sei denn unmittelbar vor einer Kontrolle durch die zuständigen Behörden. Es habe in seinem Bereich keine Absauganlage gegeben. Weder Schutzkleidung, -brillen oder effektive -masken seien zur Verfügung gestellt worden. Erst 1990 habe es Einweganzüge gegeben. Bis dahin seien die verarbeiteten Stoffe durch Hose und lange Unterhose bis auf die Haut durch die Kleidung gedrungen. Die Geschäftsführung der Beklagten habe zu jedem Zeitpunkt gewusst, dass die verarbeiteten Stoffe, gefährlich seien und gesundheitliche Schäden verursachen könnten. Dies habe der Zeuge VV – Meister bei der Beklagten – mehrfach im Namen der Geschäftsführung betont. Schon seit September 1978 habe die Geschäftsführung der Beklagten um die Gefährlichkeit der verarbeiteten Lacke und Stoffe Bescheid gewusst, habe jedoch ihn – den Kläger – und die anderen Arbeitnehmer niemals aufgeklärt und keinerlei Sicherheitsschutz zur Verfügung gestellt.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens 40...