Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Kassiererin. Lebensmittel-Discounter. Lebensmittel-Supermarkt. Eingruppierung einer Kassiererin in einem Lebensmittel-Discountmarkt

 

Leitsatz (amtlich)

Soweit die Tarifvertragsparteien in den Tätigkeitsbeispielen des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz auf bestimmte Betriebsformen des Einzelhandels abstellen, ist für das Verständnis der betreffenden tariflichen Begriffe auf das Verständnis der beteiligten Berufskreise und den Handelsbrauch abzustellen. Danach ist die Betriebsform „Discounter” von der Betriebsform „Supermarkt” abzugrenzen. Ein Discounter unterscheidet sich von einem Supermarkt u. a. dadurch, dass nur ein gegenüber einem Supermarkt reduziertes Warensortiment angeboten wird.

 

Normenkette

GehaltsTV EinzelhandelRP; TVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 15.09.2009; Aktenzeichen 1 Ca 641/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 05.09.2012; Aktenzeichen 4 AZR 584/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.09.2009, Az.: 1 Ca 641/09 abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Differenzvergütungsansprüche der Klägerin im Zeitraum Juli 2008 bis Juni 2009. Die Klägerin ist seit dem 01.04.1994 als Kassiererin mit einer monatlichen Arbeitszeit von 69,55 Stunden beschäftigt. Sie wird in einem Geschäft der Beklagten in K. eingesetzt. Dieses Geschäft weist eine Fläche von ca. 593 qm aus. Das Angebot umfasst ca. 1.600 Artikel.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Gehaltstarif für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz Anwendung. Dieser enthält u. a. folgende Regelungen:

㤠2 Eingruppierung und Einstufung

1. Die Angestellten werden entsprechend ihrer Tätigkeit und unter Beachtung der Bestimmungen des § 9 Manteltarifvertrag in eine der in § 3 aufgeführten Gehaltsgruppen eingruppiert.

§ 3 Gehaltsgruppen

Gehaltsgruppe I

Angestellte mit einfacher kaufmännischer und/oder technischer Tätigkeit, die weder eine abgeschlossene Berufsausbildung noch eine dreijährige Berufstätigkeit nachweisen können.

Gehaltsgruppe II

Angestellte mit einfacher kaufmännischer und/oder technischer Tätigkeit, z. B.

Verkaufen, Blumenbinden im Verkauf, einfache Kassiertätigkeit (z. B. Ladenkassierer/in)[1], Kontrollieren an Packtischen, Stenotypistin mit einfacher Tätigkeit, Telefonist/in, Angestellte mit einfachen Tätigkeiten in den Bereichen

Einkauf, Rechnungsprüfung, Warenannahme, Lager, Kalkulation, Versand, Buchhaltung, Lohnbuchhaltung, Kreditbüro, Statistik, Registratur, Dekoration, Plakatschreiber/in

Gehaltsgruppe III

Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und größere Verantwortung erfordert, z. B.

Filialverwalter/in im Lebensmittel-, Tabakwaren- und Zeitschriftenhandel mit bis zu 3 unterstellten Arbeitnehmer/innen, 1. Verkäufer/in, Lagererste/r, Kassierer/in mit höheren Anforderungen[2], Kassierer/in in Verbrauchermärkten, Stenotypist/in mit erhöhten Anforderungen, Telefonist/in mit mehr als 3 zu bedienenden Amtsanschlüssen, selbständige Sachbearbeiter/in in den Bereichen:

Einkauf, Rechnungsprüfung, Warenannahme, Lager, Kalkulation, Versand, Buchhaltung, Lohnbuchhaltung, Kreditbüro, Statistik

Schauwerbegestalter/in arbeitet selbständig nach eigenen Entwürfen, Blumenbindemeister/in, Personalpförtner/in.”

Die Klägerin wird nach Gehaltsgruppe II vergütet. Sie ist der Auffassung sie sei in Gehaltsgruppe III einzugruppieren.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens der Parteien I. Instanz wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.09.2009, Az.: 1 Ca 641/09 (Bl. 77 ff. d. A.).

Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt,

  1. an die Klägerin 831,04 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 18.03.2009 zu zahlen,
  2. an die Klägerin 250,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 27.03.2009 zu zahlen,
  3. an die Klägerin 250,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 13.05.2009 zu zahlen,
  4. an die Klägerin 250,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit 17.07.2009 zu zahlen.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht – zusammengefasst – ausgeführt:

Die Klägerin sei Kassiererin in einer Kassenzone eines Lebensmittelsupermarktes im Sinne von Fußnote 2 zur Gehaltsgruppe III. Der Markt der Beklagten erfülle die begrifflichen Voraussetzungen des Lebensmittel-Supermarktes, da auf einer Verkaufsfläche von über 400 qm Nahrungs- und Genussmittel einschließlich Frischwaren und ergänzend Waren des täglichen und des kurzfristigen Bedarfs anderer Branchen vorwiegend in Selbstbedienung ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge