Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Rechtsmissbrauch
Leitsatz (amtlich)
Eine vom Betriebsveräußerer nach Übergang des Betriebs auf den Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung geht ins Leere.
Normenkette
BGB § 613a
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 24.01.2006; Aktenzeichen 3 Ca 2122/05) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.01.2006 – Az.: 3 Ca 2122/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im vorliegenden Verfahren wendet sich der Kläger gegen eine ihm gegenüber seitens der Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Beendigungskündigung.
Der 1958 geborene, verheiratete und 2 Kindern unterhaltspflichtige Kläger arbeitete bei der Beklagten seit dem 05.09.1984 zunächst als Pauschalist, dann als Redaktionsvolontär und ab dem 01.09.1987 gemäß Arbeitsvertrag vom 28.08.1987 (Bl. 5 bis 9 d.A.) als Redakteur.
Seit dem 01.01.1991 bis zum Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung war der Kläger als Redakteur für die Ausgabe H der W-Zeitung in der Lokalredaktion V und zuletzt in der Schwerpunktredaktion U tätig. Sein Bruttomonatsverdienst betrug zuletzt 4.343,– EUR.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 27.06.2005 zum 31.12.2005.
Bezüglich der Nutzung der bisherigen Räumlichkeiten, der Büromöbel, der Computer sowie der Archive und sonstiger Hardware wurde zwischen der W GmbH und der Geschäftsführung der Beklagten eine Abmachung getroffen, die eine Nutzung ermöglicht.
Die W GmbH wurde bereits vor dem Jahr 2004 gegründet. Sie beschäftigt ca. 40 bis 50 Mitarbeiter.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen,
die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, da die Beklagte eine fehlerhafte Sozialauswahl vorgenommen habe. Darüber hinaus sei die Kündigung gemäß § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam, da sie wegen eines Teilbetriebsübergangs ausgesprochen worden sei. Die Übertragung der bislang in der Schwerpunktredaktion U/V ausgeführten Arbeiten auf den externen Dienstleister, die W GmbH stellte sich als Teilbetriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB dar. Die Identität der wirtschaftlichen Einheit Lokalredaktion U/V sei weiterhin gewahrt geblieben. Die W GmbH habe sämtliche Betriebsmittel und auch die Räumlichkeiten der Schwerpunktredaktion U/V übernommen. Auch die bisherigen Kommunikationsmittel wie Telefon und Fax-Nummer sowie E-Mail Adressen seien beibehalten worden. Außerdem würden in der Redaktion weiterhin Redakteure aus der ehemaligen Schwerpunktredaktion U/V beschäftigt, so Frau/Herr S, R, Q und P. Die auszuübenden Tätigkeiten hätten sich inhaltlich nicht geändert. Auch eine Unterbrechung der Herausgabe dieser Teilausgabe der Wzeitung sei nicht erfolgt, sondern nahtlos vom 30.04.2005 auf den 01.05.2005 fortgesetzt worden. Selbst die Dienstplaneinteilung habe sich nicht geändert. Die W GmbH nehme weiterhin am internen Postweg und der Hauspost der Beklagten teil. Schließlich sei die Kündigung der Beklagten auch deswegen unwirksam, da die Aufspaltung ihres Betriebes rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Die Beklagte habe Betriebsteile abgetrennt, um Arbeitnehmern den Kündigungsschutz zu nehmen und sich frei von ihnen trennen zu können, um in Zukunft im Wesentlichen unverändert anfallende Arbeiten von anderen, schlechter bezahlten Arbeitnehmern verrichten zu lassen. Die Aufspaltung sei daher kündigungsrechtlich unbeachtlich. Die Sozialauswahl sei deswegen fehlerhaft, da tatsächlich ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen vorliegen würde.
Bezüglich des weiteren Vorbringens des Klägers in der 1. Instanz wird auf seine eingereichten Schriftsätze und auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 24.01.2006 verwiesen.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 27.06.2005, zugegangen am 29.06.2005 nicht aufgelöst worden sei,
- die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 31.12.2005 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu den bisherigen Bedingungen als Redakteur weiter zu beschäftigen,
- ihm ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie Führung Leistung erstrecke.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen,
der Arbeitsplatz des Klägers sei auf Grund ihrer Unternehmerentscheidung, die bislang von der Schwerpunktredaktion U/V durchgeführten Arbeiten nunmehr von einem externen Dienstleister erbringen zu lassen, weggefallen. Ein Betriebsübergang auch ein Teilbetriebsübergang habe nicht stattgefunden, da die W GmbH über eigene Strukturen verfügt habe. Vorhandene Organisationsstrukturen seien von der W GmbH nicht übernommen worden. Ein gemeinsamer Betrieb bestehe ebenfalls nicht, da keine gemeinschaftliche Leitung vorhanden sei. Ein anderweitiger freier Arbeitsplatz bei der Beklagten sei nicht vorhanden.
Bezüglich des Weiteren erstinstanzlichen Vortrags der Beklagten wird auf ihre eingereichten Schriftsätze und den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Das Arbeit...