Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifgeltung im Verkehrsgewerbe des Saarlandes nach zweimaligem Betriebsübergang und nachfolgendem Verbandsaustritt der Arbeitgeberin. Unbegründete Zahlungsklage des Arbeitnehmers auf Differenzvergütung bei unverändertem Altvertrag mit dynamischer Verweisung auf Tarifverträge
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist der Arbeitnehmer seit dem 01.10.1994 als Staplerfahrer zunächst bei Rechtsvorgängerinnen und dann bei der jetzigen Arbeitgeberin beschäftigt und hat die Arbeitgeberin ihre Mitgliedschaft im Landesverbandverkehrsgewerbe Saarland e.V. zum Ablauf des 31.12.2007 gekündigt, kann der Arbeitnehmer Differenzbeträge zwischen der tatsächlich gezahlten Vergütung für den Zeitraum von Juni 2012 bis Mai 2013 und der nach § 3 des Lohntarifvertrages Nummer 4 für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Verkehrsgewerbe des Saarlandes vom August 2012 (gültig ab 01.06.2012) in der Lohngruppe A 3 festgeschriebenen Vergütung weder aus dem Tarifvertrag selbst noch aus seinem auf die jeweils gültigen Tarifverträge Bezug nehmenden Arbeitsvertrag in Verbindung mit Lohntarifvertrag Nummer 4 mit Erfolg geltend machen, wenn der Wortlaut des Arbeitsvertrages vom 30.11.1994 mit der Bezugnahmeklausel auf jeweils gültige Tarifverträge trotz mehrerer Betriebsübergänge unverändert geblieben ist; da bei einem Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB nur die Arbeitgeberin wechselt und der Arbeitsvertragstext selbst unverändert bleibt, ist eine dynamische Bezugnahme in einem unveränderten Altvertrag, der am 30.11.1994 und damit vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsmodernisierung am 01.01.2002 abgeschlossen worden ist, als Gleichstellungsabrede zu bewerten.
2. Bei der Verwendung dynamischer Bezugnahmeklauseln in Altverträgen, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsmodernisierung am 01.01.2002 abgeschlossen worden sind, entfaltet der einschlägige Tarifvertrag kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Arbeitsvertragsparteien nur so lange unmittelbare und zwingende Wirkung, als die Arbeitgeberin selbst tarifgebundenen ist; nach Beendigung der Mitgliedschaft der Arbeitgeberin im Arbeitgeberverband und erfolgter Beendigung der Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG wirken die vormals unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifverträge nur noch nach § 4 Abs. 5 TVG nach und haben damit für dieses Arbeitsverhältnis keine zwingende Wirkung mehr.
3. Fehlt mangels Mitgliedschaft der Arbeitgeberin im tarifschließenden Verband die Voraussetzung der beiderseitigen Tarifgebundenheit, ist einer Gleichstellungsabrede in einem vor 01.01.2002 geschlossenen Altvertrag kein ersetzender Regelungsinhalt beizumessen.
Normenkette
BGB § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 Abs. 1 S. 2, § 611 Abs. 1, § 613a Abs. 1 S. 1; TVG § 3 Abs. 1-3, § 4 Abs. 5; LTV Nr. 4 Verkehrsgewerbe Saarland § 5
Verfahrensgang
ArbG Neunkirchen (Entscheidung vom 12.09.2013; Aktenzeichen 3 Ca 98/13) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neunkirchen vom 12.09.2013 im Verfahren 3 Ca 98/13 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger und Berufungskläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten vorliegend über die Tarifgeltung nach zweimaligem Betriebsübergang und nachfolgendem Verbandsaustritt der Beklagten.
Konkret geht der Streit um die Eingruppierung des Klägers in die Lohngruppe A 3 (Fachkraft für Lagerlogistik) des Lohntarifvertrages Nummer 4 für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Verkehrsgewerbe des Saarlandes zwischen dem Landesverband Verkehrsgewerbe Saarland (LVS) e.V. und ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaftslandesbezirk Saar - vom August 2012 gültig ab 01.06.2012 bei zum Ablauf des 31.12.2007 erklärten Verbandsaustritt der Beklagten und am 01.02.2006 zuletzt erfolgten Be-triebsübergang.
Der am ..1972 geborene Kläger ist seit 01.10.1994 als Monteur/Staplerfahrer bei Rechtsvorgängern der Beklagten und später bei der Beklagten beschäftigt. Grundlage bildete der Arbeitsvertrag vom 30.11.1994 mit der T. GmbH (vgl. Bl. 12 - 17 d.A.). Dort ist zur Vergütung in § 3 folgende Regelung enthalten:
§ 3 Vergütung
Als Vergütung für Ihre Tätigkeit erhalten Sie einen Bruttowochenlohn, der sich wie folgt zusammensetzt:
a) Tarifwochenlohn brutto ...
b) tarifliche Zulage / Betriebszugehörigkeit ...
c) außertarifliche Zulage ...
d) Funktionszulage "Staplerfahrer" ...
Wochenlohn gesamt ....
Die außertariflichen Zulagen sind jederzeit frei widerruflich und können auf Tariferhöhungen oder sonstige Erhöhungen ganz oder teilweise angerechnet werden.
Die Auszahlung des Lohnes erfolgt durch Überweisung auf ein dem Arbeitgeber bekanntzugebendes Konto. Erfolgte Überzahlungen seitens des Arbeitgebers sind vom Arbeitnehmer unverzüglich zurückzugewähren.
Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Anstellungsverhältnis müssen innerhalb von 3 Monaten nach Ablauf des Lohnrahmenzeitraums, für den sie hätten abgerechnet werden müssen, geltend gemacht werden - ansonsten verfallen sie.
Weiter fi...