Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes. Wartezeit. Teilbetriebsübergang. Gemeinsamer Betrieb
Leitsatz (redaktionell)
Die Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes auf ein Arbeitsverhältnis nach § 1 Abs. 1 KSchG lassen sich ggf. damit begründen, dass etwa Vorbeschäftigungszeiten bei einem anderen Unternehmen der Beschäftigungszeit von weniger als sechs Monaten hinzuzurechnen sind. Die persönlichen Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 KSchG sind ggf. durch Zusammenrechnen von Beschäftigungszeiten zu erfüllen mit der Annahme, dass ein gemeinschaftlicher Betrieb zweier oder mehrerer Unternehmen vorliegt.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Saarbrücken (Aktenzeichen 1 Ca 915/10) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten vorliegend über die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung und dabei insbesondere über die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes unter den Aspekten (Teil-)Betriebsübergang und gemeinsamer Betrieb sowie in einem zweiten Teil über einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung.
Die am 27.7.1965 geborene Klägerin war in der Zeit vom 1.9.1997 bis 31.10.2009 als Verkaufsstellenverwaltung / Erste Verkäuferin bei der Firma S. in der Filiale mit der Kostenstellen-Nr. 13315 in Ü. beschäftigt. Die Basis dieses Arbeitsverhältnisses bildete der Arbeitsvertrag vom 1.9.1997 (vgl. Bl. 74-77 d. A.). Unter dem 26.10.2009 schloss die Klägerin mit ihrer damaligen Arbeitgeberin, der Firma S., einen Aufhebungsvertrag (vgl. Bl. 73 d. A.) mit Wirkung zum 31.10.2009. In diesem Aufhebungsvertrag ist als letzter Satz aufgenommen:
Resturlaubsanspruch wird mit zu XL genommen
(Rest 1 Tag abgerechnet bis 31.10.2009).
Im Zeitraum vom 2.11.2009 bis 31.1.2010 war die Klägerin als Mitarbeiterin im Verkauf bei der M. GmbH. Basis bildete das Einstellungsschreiben vom 14.10.2009 (vgl. Bl. 66 d. A.) in Verbindung mit dem entsprechenden Arbeitsvertrag vom gleichen Tag (vgl. Bl. 67 – 72 d. A.). Eingesetzt wurde die Klägerin in einer Verkaufsstelle der Beklagten in G..
Im Januar 2010 kam es sodann zu einer Aufhebungsvereinbarung zwischen den M. GmbH und der Klägerin mit Wirkung zum 31.1.2010 (vgl. Bl. 65 d. A.). In der Folge wurde die Klägerin ab dem 1.2.2010 als Verkaufsverantwortliche bei der Beklagten eingestellt auf der Basis des Arbeitsvertrages vom 18.1.2010 (vgl. Bl. 32 – 35 d. A. = Bl. 61 – 64 d. A.). Der Einsatz der Klägerin erfolgte in der Verkaufsstelle in G. mit der Kostenstellen-Nr. 091323. Der Bruttoverdienst der Klägerin lag zuletzt bei 2.500,00 EUR pro Monat.
Mit Schreiben vom 7.7.2010 (vgl. Bl. 5 d. A. = Bl. 14 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich auf zum Ablauf des 31.8.2010.
Die Klägerin hat in erster Instanz die Ansicht vertreten, die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes fänden auf ihr mit der Beklagten begründetes Arbeitsverhältnis Anwendung, da die Betriebszugehörigkeit ab dem Jahr 1997 infolge des Betriebsübergangs mit anzurechnen sei. Die Klägerin geht insofern in ihren Überlegungen von einem Betriebsübergang eines Betriebsteils der Firma S. auf die Beklagte aus. Dies ergebe sich daraus, dass die Verkaufsstelle der Firma S. in der Hauptstraße in Ü., dem letzten Beschäftigungsort der Klägerin für die Firma S., mit Ablauf des 31.10.2009 geschlossen worden sei. Dabei sei dann allerdings zeitgleich gegenüberliegend in der Hauptstraße in dem ehemaligen Ladenlokal der inzwischen geschlossenen Filiale der Firma W. eine Verkaufsstelle der Beklagten eröffnet worden. Die Klägerin wie auch andere Arbeitnehmer aus der Verkaufsstelle der Firma S. hätten bei der Einrichtung des neuen Marktes der Beklagten mitgeholfen und hätten auch am Eröffnungstag der Verkaufsstelle der Beklagten dort gearbeitet. Richtig sei, dass die Klägerin ab dem 2.11.2009 in G. als Arbeitnehmerin der Firma M. GmbH für die Beklagte in der dortigen Verkaufsstelle zum Einsatz gebracht worden sei. Allerdings habe man der Klägerin zugesagt, dass sie langfristig eine Perspektive für eine Rückkehr nach Ü. habe, was sie zum Abschluss des Aufhebungsvertrages mit der Firma S. wie auch zum Abschluss des Arbeitsvertrages mit der Firma M. GmbH veranlasst habe. Auch spreche für die Annahme eines Betriebsüberganges die handschriftliche Aufnahme im Rahmen des Aufhebungsvertrages mit der Firma S., wonach der Resturlaub zu „XL” übergehen solle. Ferner hat die Klägerin bereits in erster Instanz darauf hingewiesen, dass auch die Annahme eines gemeinsamen Betriebes zweier Unternehmen dazu führe, dass das Kündigungsschutzgesetz ihrer Überzeugung nach zur Anwendung gelange. Dies stützte die Klägerin darauf, dass das Sortiment der beiden Unternehmen im Wesentlichen gleich sei, auch wenn bei der Beklagten ein größeres Sortiment vorhanden sei, was sich allerdings ...