Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordentliche Kündigung während der Wartezeit zur Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes. Unbegründete Kündigungsschutzklage bei unerheblichen Darlegungen des Arbeitnehmers zur Erfüllung der Wartezeit infolge eines Betriebsübergangs nach Ausspruch der arbeitgeberseitigen Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zur Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes muss die in § 1 Abs. 1 KSchG bestimmte Wartezeit erfüllt sein und das Arbeitsverhältnis demgemäß länger als sechs Monate in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung bestanden haben.

2. § 613a Abs.1 BGB bestimmt nur, dass der Erwerber mit Vollziehung des rechtsgeschäftlichen Übergangs in das Arbeitsverhältnis eintritt; dieses Eintreten beschränkt sich auf die Rechte und Pflichten aus dem zu diesem Zeitpunkt bestehenden Arbeitsverhältnis.

3. Ist das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits gekündigt, tritt die Erwerberin nur in die Rechte und Pflichten ein, die noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu beachten sind.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 1, § 613a Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Neunkirchen (Entscheidung vom 16.07.2015; Aktenzeichen 3 Ca 1735/13)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neunkirchen vom 16.7.2015 - 3 Ca 1735/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger und Berufungskläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten vorliegend über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitig ausgesprochenen ordentlichen Kündigung. Dabei sind insbesondere Fragen der Anrechnung von Beschäftigungszeiten bei einem anderen Unternehmen unter dem Aspekt der Gedanken des Betriebsübergangs sowie möglicher Treuwidrigkeit der Berufung des Beklagten auf die Nichtanwendbarkeit der Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes von Bedeutung.

Der Kläger war in der Zeit vom 07.06.2001 bis 10.05.2013 als technischer Mitarbeiter bei einer Firma I. Grundstücksvermittlungs- und Beratungsgesellschaft mbH [im Weiteren: I. GmbH] auf der Basis des Arbeitsvertrages vom 28.12.2001/30.12.2001 (vgl. Bl. 5/5R d.A.) beschäftigt. Entsprechend Ziffer 1 dieses Arbeitsvertrages war der Kläger ab dem 01.01.2002 für die Erledigung aller anfallenden Aufräumungs-, Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten auf dem Betriebsgelände im Gewerbepark an der A1 in B. zuständig. Daneben war dem Kläger die Position des Hausmeisters mit allen anfallenden Reinigungs- und Winterräumarbeiten (Schneeräumen, Streuen) übertragen. Der Kläger war im Rahmen einer 40-Stunden-Woche eingestellt. Sein Arbeitsverhältnis unterfiel hinsichtlich der Möglichkeit der Kündigung den gesetzlichen Regelungen.

Mit Schreiben vom 25.01.2013 kündigte die I. GmbH das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31.05.2013 auf unter Hinweis darauf, dass die Gesellschaft zum Ablauf des 30.04.2013 ihre gewerbliche Tätigkeit beenden werde (vgl. Bl. 64 d.A.). Gegen diese Kündigung setzte sich der Kläger nicht gerichtlich zur Wehr. Er erhielt vielmehr ein unter dem Datum 14.05.2013 erstelltes qualifiziertes Arbeitszeugnis (vgl. Bl. 6 d.A.). In diesem Zeugnis wurde festgehalten, dass das Arbeitsverhältnis nach dem Verkauf des Gewerbeparks zum Ablauf des 10.05.2013 habe beendet werden müssen.

Mit Arbeitsvertrag vom 13.05.2013 stellte der Beklagte den Kläger in der von ihm betriebenen Einzelunternehmung H. H. Lackierungen mit Wirkung zum 11.05.2013 als technischen Mitarbeiter ein (vgl. Bl. 7/7 R d.A.). Nach Ziffer 1 des Arbeitsvertrags zwischen den Parteien umfasste das Tätigkeitsgebiet des Klägers die Instandsetzungs-, Wartungs- und Renovierungsarbeiten einschließlich der Winterräumarbeiten. Daneben war dem Kläger auch die Position des Hausmeisters mit eingeschränkten Verwaltungstätigkeiten zugewiesen. Ausweislich der Ziffer 5 des Arbeitsvertrages wurde das Gehalt des Klägers auf 3.000,00 € brutto pro Monat festgelegt. Nach Ziffer 7 des Arbeitsvertrages wurde die reguläre Kündigungsfrist beiderseits mit vier Wochen (§ 622 BGB) vereinbart, sofern dem Kläger nicht gesetzlich eine längere Kündigungsfrist zusteht. Der Beklagte beschäftigt in seinem Betrieb in S. regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer im Sinne von § 23 KSchG. Den Kläger beschäftigte der Beklagte weiterhin ab dem 11.05.2013 im Bereich des Gewerbeparks an der A1 in B.

Mit Schreiben vom 31.10.2013 kündigte der Beklagte als Inhaber der H. H. Lackierung das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum Ablauf des 30.11.2013, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin auf (vgl. Bl. 8 d.A.).

Hintergrund des Rechtsstreits sind folgende, im Wesentlichen zwischen den Parteien unstreitige Tatsachen und Vorgänge. Der Kläger war auf dem Gelände des Gewerbeparks in B. der einzige Arbeitnehmer der I. GmbH. Diese verkaufte den Gewerbepark am 27.12.2012 im Wege notarieller Beurkundung des Verkaufs von Gebäuden und Grundstücken an Herrn U. H. (= Sohn des Beklagten) und Herrn H. H. Eine vollständige Übernahme der I. GmbH fand nicht statt, weil diese Gesellschaft als Grundstücksvermittlungs- und Beratun...

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