Verfahrensgang
ArbG Saarbrücken (Urteil vom 17.11.1997; Aktenzeichen 4 A Ca 2130/96) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Saarbrücken vom 17.11.1997 – 4 A Ca 2130/96 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Zeit vom 24.6.1996 bis zum 15.7.1996 Entgeltfortzahlung zu leisten, während derer der Kläger an einer Kur in Frankreich teilgenommen hat.
Der 1956 geborene Kläger, ein Franzose mit Wohnsitz in Frankreich, der bei der AOK Saarland versichert ist, ist seit 1979 als Offsetdrucker gegen einen durchschnittlichen Monatslohn von 4.000,– DM bis 4.500,– DM brutto bei der Beklagten beschäftigt, die eine Druckerei betreibt.
Nach seinen Angaben hatte sich der Kläger während seines Wehrdienstes in Frankreich als Fallschirmspringer bei einem Unfall im Jahre 1975 das Handgelenk gebrochen und Rückenverletzungen zugezogen. Durch das zuständige französische Ministerium für Kriegsopferversorgung wird der Kläger jährlich zu einer Kur geschickt. Die Kosten der Kur werden von dem Ministerium übernommen (Bl. 43 d. A.).
Im Jahre 1996 nahm der Kläger in der Zeit vom 24.6.1996 bis zum 15.7.1996 an einer ambulanten Kur in dem Thermalbad Gréoux les Bains in der Provence in Frankreich teil.
Die Beklagte, die bereits 1995 für einen Kuraufenthalt des Klägers Entgeltfortzahlung geleistet hatte, gewährte dem Kläger für die Zeit vom 24.6.1996 bis zum 15.7.1996 zunächst Entgeltfortzahlung, verrechnete den aufgewendeten Betrag von 3.049,36 DM aber später mit dem Lohn des Klägers, nachdem der Medizinische Dienst der AOK Saarland mit Schreiben vom 26.8.1996 (Bl. 6 d. A.) nach Vorlage der Kurunterlagen eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers für die Dauer der Kur verneint hatte.
Am 20.6.1996 hatte der Hausarzt des Klägers in Frankreich für die Zeit vom 24.6. bis zum 12.7.1996 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Erstbescheinigung ausgestellt, wobei als Diagnose „Kur in Gréoux les Bains” angegeben war (vgl. Bl. 54 d. A.).
Am 20. und 21.6.1996 arbeitete der Kläger unstreitig noch bei der Beklagten.
Am 29.8.1996 stellte der Hausarzt des Klägers dem Kläger ein ärztliches Attest aus (vgl. Bl. 5 d. A.).
Mit seiner am 31.10.1996 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst die Verurteilung der Beklagten zur Leistung von Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 24.6. bis zum 15.7.1996 begehrt. Die Klage ist später mit Schriftsatz vom 21.11.1996 (Bl. 19 d. A.) auf einen Feststellungsantrag umgestellt und zuletzt wiederum als Leistungsantrag mit 3.049,36 DM beziffert worden (vgl. Bl. 31 d. A.).
Der Kläger hat im ersten Rechtszug unter Bezugnahme auf EU-Recht geltend gemacht, aufgrund der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines französischen Arztes stehe fest, daß er arbeitsunfähig gewesen sei. Eine Thermalkur in Frankreich mit freier Unterbringung stehe einer Kur in Deutschland gleich.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohnfortzahlung in Höhe von 3.049,36 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bestritten und eingewandt, eine reine Badekur mit freier Unterbringung verpflichte sie nicht zur Entgeltfortzahlung. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 20.6.1996, die eine Arbeitsunfähigkeit erst ab dem 24.6.1996, also dem Beginn der Kur, bescheinige, sei allein wegen der Kur ausgestellt worden.
Durch Urteil vom 17.11.1997 (Bl. 61 d. A.) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung ergebe sich weder aus § 9 Abs. 1 noch aus § 3 EFZG. Der Kläger habe keine stationäre Kur, sondern eine Thermalkur mit freier Unterbringung durchgeführt. Ambulante Bäderkuren, auch wenn sie in Deutschland durchgeführt würden, seien nach § 9 EFZG nicht mit einem Anspruch auf Entgeltfortzahlung verbunden. Der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht auf Artikel 19 der EWG-Verordnung 1408/71 stützen. Gemeinschaftsrecht diene nicht dazu, dem ausländischen Arbeitnehmer unabhängig von den nationalen Anspruchsgrundlagen Ansprüche zu verschaffen und diesen im Vergleich zu den nationalen Arbeitnehmern besserzustellen. Vielmehr solle lediglich eine Schlechterstellung vermieden werden. Die von dem Kläger durchgeführte Kur sei aber nicht mit den in § 9 EFZG genannten Kurmaßnahmen vergleichbar.
Für den Zeitraum des Kuraufenthalts habe auch keine Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 3 EFZG bestanden. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 20.6.1996 sei im Hinblick auf die durchzuführende Kur ausgestellt worden, ohne daß eine Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 3 EFZG zugrunde gelegen hätte. Dafür spreche nicht nur die Tatsache, daß der Medizinische Dienst der AOK eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers für den fraglichen Zeit...