Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Vertragsklausel. Bezugnahmeklausel. Verweisung auf den BAT. Ablösung des BAT durch TV-L. Auslegung einer Verweisungsklausel

 

Leitsatz (redaktionell)

Haben nicht tarifgebundene Arbeitsvertragsparteien vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem „jeweils geltenden Bundesangestelltentarifvertrag” bestimmt, so kann diese Vereinbarung dahin zu verstehen sein, dass von der Verweisung auch ein den Bundesangestelltentarifvertrag ersetzender Tarifvertrag erfasst wird.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 611; BAT; TV-L

 

Verfahrensgang

ArbG Neunkirchen (Urteil vom 26.08.2008; Aktenzeichen 4 Ca 809/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.08.2011; Aktenzeichen 4 AZR 683/09)

 

Tenor

1.Die Berufung der Beklagten gegen das am 26. August 2008 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Neunkirchen (4 Ca 809/08) wird zurückgewiesen.

2.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3.Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit August 1997 bei der Beklagten als Erzieherin beschäftigt. Bei der Beklagten handelt es sich um eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die sich mit der Hilfe für Menschen mit geistiger Behinderung befasst. In § 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages vom 10. Oktober 1997 (Blatt 5 der Akten) heißt es:

„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem jeweils geltenden Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) Bund/Land. Außerdem finden die für Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge (z.B. ZuwendungsTV, UrlaubsgeldTV) Anwendung. Ausdrücklich ausgeschlossen wird die Anwendung der Beihilfevorschriften.”

In Hinblick darauf, dass mit Wirkung zum 1. November 2006 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) in Kraft getreten war, schloss die Beklagte mit ihrem Betriebsrat am 26. Juli 2007 eine Betriebsvereinbarung (Blatt 6 und 7 der Akten). Diese Betriebsvereinbarung hat folgenden Wortlaut:

„Betriebsvereinbarung01/2007

Die gemeinnützige GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Herrn J. M., und der Betriebsrat, vertreten durch die Vorsitzende, Frau B. K., schließen zur Überleitung der Beschäftigungsverhältnisse bei der gGmbH in Anlehnung an die Regelungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) folgende Betriebsvereinbarung:

Vorbemerkung

Die gegenwärtigen Beschäftigungsverhältnisse mit der gGmbH gründen, was die Gestaltung im Einzelnen betrifft, je nach Art der durchzuführenden Tätigkeiten sowie in Teilen oder im Ganzen auf den tariflichen Regelungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT-Bund/Länder) oder des Manteltarifvertrages für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb). Diese Tarifwerke sind für den öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung vom 01. Oktober 2005 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Bund und die Kommunen und mit Wirkung vom 01. November 2006 durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) ersetzt. Die Betriebsvereinbarung zur Überleitung der Beschäftigungsverhältnisse bei der gGmbH in Anlehnung an die Regelungen des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) dient der Wiederherstellung rechtssicherer Beschäftigungsverhältnisse für alle Beschäftigten der Gesellschaft.

§ 1

Geltungsbereich

1. Die nachstehenden Regelungen gelten für alle Beschäftigten, auf deren Beschäftigungsverhältnis bisher eine Anlehnung an die tariflichen Regelungen des BAT (Bund/Länder) bzw. des MTArb zutreffen.

2. Die Betriebsvereinbarung gilt nicht für die bei der gGmbH beschäftigten Beamtinnen und Beamten.

§ 2

Überleitung bestehender Beschäftigungsverhältnisse

1. Die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieser Betriebsvereinbarung bestehenden Beschäftigungsverhältnisse werden nach den Regelungen des TVÜ-Länder in neue Beschäftigungsverhältnisse in Anlehnung an die tariflichen Bestimmung des TV-L überführt.

2. Die Anwendung der Regelungen des TVÜ-Länder für die Überleitung der bestehenden Vertragsverhältnisse in neue Vertragsverhältnisse sichert den Besitzstand jedes/jeder einzelnen Beschäftigten und verhindert dessen/deren Schlechterstellung.

3. Alle Beschäftigten, auf die diese Betriebsvereinbarung zutrifft, erhalten nach Überleitung einen neuen Arbeitsvertrag, der

  • die regelmäßige Arbeitszeit,
  • die zutreffende Entgeltgruppe und die Entgeltstufe nach TVÜ-Länder
  • den Anspruch auf Erholungsurlaub

festlegt. Weitere und/oder besondere vertragliche Vereinbarungen können zwischen der Gesellschaft und der/dem Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin im Rahmen des Abschlusses des Arbeitsvertrages getroffen werden.

§ 3

Anwendung der Vorschriften des TV-L

1. Auf die einzelvertraglich vereinbarten Beschäftigungsverhältnisse finden alle Vorschriften

des Abschnittes I

(Allgemeine Vorschriften),

des Abschnittes II

(Arbeitszeit),

des Abschnittes III

(Eingruppierung, Entgelt und sonstige Leistungen)

des Abschnittes IV

(Urlaub und Arbeitsbefreiung),

des Abschnittes V

(Befristung und Beendigung des Arbeitsverhältnisses),

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