Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswertfestsetzung. Freistellungsklausel im Vergleich
Leitsatz (redaktionell)
Die von Parteien in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Freistellung unter Fortzahlung der Bezüge stellt bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung in der Regel lediglich eine kompensatorische Gegenleistung des Arbeitgebers im Rahmen der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Es handelt sich um eine Abwicklungsmodalität im unmittelbaren Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Beschluss vom 20.10.2004; Aktenzeichen 4 Ca 2820/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Rechtsanwalts M. gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Magdeburg vom20.10.2004 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 29.10.2004 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert beträgt 254,62 EUR.
Tatbestand
I.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen die arbeitsgerichtliche Festsetzung des Gegenstandswerts gemäß § 33 RVG für eine so genannte Freistellungsvereinbarung in einem gerichtlichen Vergleich.
Der im Gütetermin am 27.09.2004 geschlossene Vergleich erledigte einen Kündigungsrechtsstreit über eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 09.08.2004 in der Weise, dass das Arbeitsverhältnis fristgerecht am 31.10.2004 enden werde und die Beklage den Kläger – neben Zahlung einer Abfindung – bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung von Urlaubs- und sonstigen Freistellungsansprüchen von der Arbeitsleistung freistellte.
Das Arbeitsgericht hat bei dem Vergleichswert für die Erledigung des Kündigungsschutzprozesses gemäß § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG a. F. = § 42 Abs. 4 Satz 1 n. F. GKG ¼ Jahresgehalt (3 × 2.400,00 EUR = 7.200,00 EUR) berücksichtigt und für die Freistellungsabrede zusätzlich 1.360,00 EUR angesetzt, nämlich 50 % der Vergütung für den Zeitraum vom Vergleichsabschluss (27.09.2004) bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (31.10.2004).
Demgegenüber meint der Beschwerdeführer, dass die Freistellungsabrede des Vergleichs vom 27.09.2004 auch die zurückliegende Zeit seit Zugang der Kündigung (17.08.2004) und damit insgesamt mindestens zwei Monate betreffe und außerdem mit der vollen Vergütung (also 4.800,00 EUR) zu bewerten sei, zumal die Abrede auch ohne ausdrückliche Regelung eine Anrechnung von etwa erzieltem Zwischenverdienst nach § 615 Satz 2 BGB ausschließe.
Entscheidungsgründe
II.
Die statthafte sowie frist- und formgerecht gemäß § 33 Abs. 3 RVG eingelegte Beschwerde ist bei einem Beschwerdewert in Höhe von 254,62 EUR zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Freistellung im gerichtlichen Vergleich vom 27.09.2004 hat keinen höheren als den vom Arbeitsgericht festgesetzten Gegenstandswert (1.360,00 EUR). Wegen des Verbots der Verschlechterung durch die Beschwerde war diese mit der Folge zurückzuweisen, dass es bei dem festgesetzten Wert verbleibt.
1.
Die vereinbarte Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung führt nicht zu einem Vergleichsmehrwert. Der Wert des Vergleichs verbleibt bei dem Wert des durch den Vergleich erledigten Kündigungsschutzrechtsstreits.
Nach allgemeiner Meinung richtet sich der Wert des Vergleichsgegenstandes allein danach, worüber sich die Parteien verglichen haben, und nicht danach, worauf sie sich schließlich geeinigt haben. Das gilt auch, wenn der Wert des Gegenstands, über den gestritten wird, wie hier aufgrund gesetzlicher Regelung der Höhe nach begrenzt ist (§ 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG a. F.= § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG n. F.). Vergleichsgegenstand ist damit nie die vereinbarte Leistung (vgl. Stein/Jonas/Roth § 3 ZPO Rz. 62 m. w. N.). Werden hingegen in dem Vergleich weitere über den Streitgegenstand hinausgehende Regelungen getroffen, so ist der Vergleichswert auf den Gesamtbetrag der Ansprüche festzusetzen, die in dem Vergleich erledigt worden sind (BGH NJW 1964, 1123; Stein/Jonas/Roth a. a. O. m. w. N.). Entscheidend ist somit, ob die im Vergleich getroffenen Regelungen weitere zwischen den Parteien streitige Ansprüche betreffen oder lediglich Kompensationen im Rahmen der vergleichsweisen Regelung über den streitigen rechtshängigen Anspruch darstellen. Für den letzteren Fall regelt dies ausdrücklich und insoweit nur klarstellend der jeweilige zweite Halbsatz von § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG a. F. = § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG n. F., wonach eine Abfindung dem Wert der Bestandsstreitigkeit nicht hinzuzurechnen ist. Was für den Abfindungsbetrag (in beliebiger Höhe!) gilt, gilt somit nach allgemeinen Regeln auch für die Freistellungsabrede als kompensatorische Leistung im Rahmen der Erledigung der Bestandsstreitigkeit. Für die Annahme einer kompensatorischen Leistung in diesem Sinne kommt es auch nicht darauf an, dass die Freistellung – wie hier – für die Zeit nach dem streitigen Beendigungsdatum (09.08.2004) vereinbart wurde (so aber LAG Düsseldorf vom 07.08.1998 – 7 Ta 174/98). Die zeitliche Lage der vereinbarten F...