Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorstandsmitglied einer Genossenschaft. Kündigungsschutzklage. Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Klage eines Vorstandsmitglieds einer Genossenschaft gegen eine Kündigung des seiner Organstellung als Vorstandsmitglied zugrunde liegenden Anstellungsverhältnisses, ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht eröffnet. Das gilt auch, wenn die Bestellung zum Vorstandsmitglied bei Zugang der Kündigung noch nicht rechtswirksam erfolgt oder das Vorstandsmitglied bereits abberufen war.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 5 Abs. 1; BGB § 623

 

Verfahrensgang

ArbG Naumburg (Beschluss vom 24.03.2004; Aktenzeichen 1 Ca 66/04)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen denBeschluss desArbeitsgerichts Naumburg vom 24.03.2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Streitwert: 2.000,00 EUR.

 

Tatbestand

I.

Mit seiner beim Arbeitsgericht erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die ordentliche Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2004. Vorab ist im Beschwerdeverfahren über den Rechtsweg zu entscheiden, da die Beklagte geltend macht, dass der Kläger als hauptamtliches Vorstandsmitglied der beklagten Genossenschaft Organvertreter war, der nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer gilt.

Der Kläger wurde mit Wirkung zum 01.10.2002 auf der Grundlage des Dienstvertrages vom 25.09.2002 (Bl. 13 – 19 d. A.) „gemäß Satzung als Geschäftsführer bestellt”. Auf Seiten der beklagten Genossenschaft wurde der Vertrag vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats unterzeichnet. Am 02.05.2003 erklärte der Kläger seinen Beitritt zur Genossenschaft. In seiner Sitzung vom 24.07.2003 beschloss der Aufsichtsrat der Beklagten, den Kläger mit Wirkung zum 01.08.2003 als hauptamtliches Vorstandsmitglied zu bestellen. Unter dem 01.08.2003 unterzeichneten der Kläger und der Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten eine entsprechende Änderung des Dienstvertrages (Bl. 116 d. A.). Am 02.12.2003 wurde der Kläger in das beim Amtsgericht Halle-Saalkreis geführte Genossenschaftsregister als Vorstandsmitglied eingetragen.

Am 09.12.2003 beschloss der Aufsichtsrat der Beklagten in einer gemeinsamen Aufsichtsrats- und Vorstandssitzung, die Zusammenarbeit mit dem hauptamtlichen Vorstandsmitglied zu beenden und das Anstellungsverhältnis zu kündigen (Bl. 111 d. A.). Mit Schreiben vom 19.12.2003, dem Kläger am gleichen Tage zugegangen, kündigte die Beklagte – vertreten durch den Vorsitzenden des Aufsichtsrates – den Dienstvertrag des Klägers als geschäftsführendes Vorstandsmitglied zum 31.03.2004.

Mit seiner am 09.01.2004 beim Arbeitsgericht eingegangen Klage beantragt der Kläger

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 19.12.2003 nicht aufgelöst wurde.

Er hält den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für eröffnet, da er Arbeitnehmer und nicht Organmitglied der Beklagten gewesen sei. Die Bestellung zum geschäftsführenden Vorstandsmitglied ab 01.08.2003 sei unwirksam, da sie gegen das Genossenschaftsgesetz, die Satzung und die Geschäftsordnung des Vorstandes verstoßen habe. Die mit Schreiben vom 25.07.2003 erklärte Aufnahme als Mitglied der Genossenschaft, die zwingende Voraussetzung für die Berufung in den Vorstand sei, sei ihm nicht zugegangen. Sein bis zum 31.07.2003 bestehendes Arbeitsverhältnis sei nicht aufgehoben worden. Auch inhaltlich sei er in der Folgezeit weiterhin weisungsgebunden tätig geworden. Schließlich sei er bereits mit Aufsichtsratsbeschluss vom 09.12.2003 aus einer etwaigen Organstellung abberufen worden, so dass er bei Zugang der Kündigung nicht mehr Organmitglied im Sinne von § 5 Absatz 1 Satz 3 ArbGG gewesen sei.

Demgegenüber vertritt die Beklagte die Auffassung, dass für den Rechtsstreit das Landgericht Halle zuständig sei.

Mit dem angegriffenen Beschluss hatte das Arbeitsgericht den Rechtsweg zum Arbeitsgericht für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Halle verwiesen. Gegen den am 29.03.2004 seinem Prozessbevollmächtigten zugestellten Beschluss hat der Kläger am 13.04.2004 (Osterdienstag) sofortige Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nach Maßgabe seines Beschlusses vom 28.04.2004 nicht abgeholfen hat.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG i. V. m. § 5 Abs. 1 ArbGG eröffnet. Der Rechtsstreit betrifft das Anstellungsverhältnis des Klägers als hauptamtliches Vorstandsmitglied der Beklagten, so dass er gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer im Sinne der vorgenannten Bestimmungen gilt. Gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 GVG ist somit ausschließlich das Landgericht, hier das örtlich zuständige Landgericht Halle, zuständig.

1.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten unter anderem in Betrieben einer juristischen Person solche Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als M...

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