Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
Die Weigerung des Arbeitnehmers einer Vermittlungsgesellschaft, entgegen einer arbeits- oder tarifvertraglichen Bestimmung ein zumutbares Vermittlungsangebot anzunehmen kann zur verhaltensbedingten Kündigung berechtigen.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 25.06.2004; Aktenzeichen 7 Ca 3514/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Halle vom25. 06. 2004 – 7 Ca 3514/03 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer verhaltensbedingten Kündigung der Beklagten vom 29. 09. 2003 zum 30. 04. 2004 (Bl. 11 d. A.).
Die am. 08. 1950 geborene, geschiedene Klägerin war bei der Beklagten seit 01. 10. 2002 als Mitarbeiterin zur beruflichen Neuorientierung tätig. Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmten sich nach einem undatierten schriftlichen Arbeitsvertrag, wegen dessen weiteren Inhalts auf Blatt 7 – 10 der Akte verwiesen wird. Darüber hinaus fand der TV für die Arbeitnehmer der D. V. GmbH (D. V. TV) auf die Rechtsbeziehungen der Parteien Anwendung.
Gegenstand des Arbeitsverhältnisses war die Vermittlung der Klägerin auf einen Dauerarbeitsplatz im Bereich des D. Konzerns. In diesem Rahmen absolvierte die Klägerin vom 01. 05. – 31. 07. 2003 ein berufsvorbereitendes Praktikum für eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin Faktura/Angebote bei der D. Services Südost GmbH in F. Nach Abschluss des Praktikums bot die D. Services Südost GmbH über die Beklagte der Klägerin den Abschluss eines Arbeitsvertrages betreffend die von ihr bereits im Rahmen des Praktikums ausgeübte Tätigkeit an. Die Klägerin lehnte dieses Angebot, obwohl sie von der Beklagten auf ihre Verpflichtung zur Annahme und auf mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen in Form einer Kündigung hingewiesen worden war, ab. Die Beklagte führte mit der Klägerin daraufhin am 09. 09. 2003 ein Personalgespräch, in dem sie das vorstehend genannte Arbeitsplatzangebot wiederholte. Gleichzeitig erteilte sie der Klägerin mit Schreiben vom 09. 09. 2003 (Bl. 52 – 53 d. A.) eine schriftliche Abmahnung wegen der bisher geäußerten Ablehnung des angebotenen Arbeitsplatzes und gab der Klägerin bis 15. 09. 2003 Gelegenheit, das bereits unterbreitete Angebot anzunehmen. Am 15. 09. 2003 lehnte die Klägerin erneut das ihr unterbreitete Arbeitsplatzangebot wegen eines mit der Annahme des Arbeitsplatzes verbundenen Wohnortwechsels ab.
Die Beklagte leitete daraufhin mit Schreiben vom 18. 09. 2003 (Bl. 54, 55 d. A.) das Anhörungsverfahren gemäß § 102 BetrVG zu einer beabsichtigten ordentlichen, hilfsweise außerordentlichen Kündigung bei dem in ihrem Betrieb bestehenden Betriebsrat ein. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 22. 09. 2003 (Bl. 12, 13 d. A.) der beabsichtigten ordentlichen Kündigung und erhob Bedenken gegen die hilfsweise beabsichtigte außerordentliche Kündigung. Er stützte seinen Widerspruch auf einen Verstoß gegen die Auswahlrichtlinien über die personelle Auswahl bei der Besetzung des angebotenen Arbeitsplatzes. Die Beklagte hätte prüfen müssen, ob bundesweit geeignete Arbeitnehmer zur Verfügung gestanden hätten, bei denen die Annahme des Arbeitsplatzangebotes in F. nicht zu einem Wohnortwechsel führen würde.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die streitbefangene Kündigung sei rechtsunwirksam. Die Ablehnung des angebotenen Arbeitsplatzes in F. stelle keine Verletzung ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten (§ 22 Abs. 2 D. V. TV) dar. Die Annahme des Arbeitsplatzes in F. sei ihr aufgrund des dann notwendig werdenden Wohnortwechsels nicht zumutbar i. S. d. § 23 Abs. 2 D. V. TV. Sie verfüge – unstreitig – in A. über ein Einfamilienhaus. Eine doppelte Haushaltsführung in Form der zusätzlichen Anmietung einer Wohnung in F. sei finanziell nicht tragbar. Die Belastungen mit Kreditverpflichtungen aus dem Einfamilienhaus sowie die dort weiter laufenden Fixkosten und die zusätzlich zu entrichtenden Kosten für eine Mietwohnung in F. übersteigen nach Auslaufen des von der Beklagten für 8 Monate zu gewährenden Mietzuschusses bei weitem ihre finanziellen Möglichkeiten ungeachtet der Tatsache, dass der Arbeitsplatz in F. ein um rund 140,– EUR höheres monatliches Nettoeinkommen mit sich bringen würde. Eine Veräußerung ihres Einfamilienhauses sei ihr nicht zumutbar. Ein adäquater Preis sei zur Zeit auf dem Immobilienmarkt im Großraum H. nicht zu erzielen. Auch eine Vermietung des Einfamilienhauses komme für sie nicht in Betracht, da dieses von ihren beiden erwachsenen, in den alten Bundesländern beruflich tätigen Söhnen an den Wochenenden unentgeltlich noch zu Wohnzwecken genutzt werde.
Ungeachtet der im konkreten Fall gegebenen Unzumutbarkeit verstoße die Kündigung aber auch gegen § 26 Abs. 2 D. V. TV. Diese Bestimmung sei s...