Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzugslohnklage bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitgeberin zur fehlenden Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß § 297 BGB liegt kein Annahmeverzug vor, wenn der Arbeitnehmer bezogen auf seine vertragliche Arbeitsleistung nicht leistungsfähig oder leistungswillig ist; dazu hat die Arbeitgeberin darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außerstande oder subjektiv nicht zur Leistung bereit war.

2. Der Leistungswille ist eine innere Tatsache; dass eine Partei eine innere Tatsache zu beweisen hat und die Führung dieses Beweises Schwierigkeiten bereitet, führt nicht zur Beweislastumkehr sondern zu einer Veränderung der Darlegungslast.

3. Wendet die Arbeitgeberin fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, reicht es aus, dass sie Indizien vorträgt, aus denen hierauf geschlossen werden kann; in Betracht kommt insbesondere die Nichtaufnahme der Arbeit nach erfolgreichem Betreiben der Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungstitel.

4. Hat die Arbeitgeberin solche Indizien vorgetragen oder sind sie unstreitig, ist es Sache des Arbeitnehmers, diese Indizwirkung zu erschüttern; trägt er dazu nichts vor, gilt die Behauptung der Arbeitgeberin, dass der Arbeitnehmer während des Verzugszeitraums leistungsunwillig gewesen ist, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden.

 

Normenkette

BGB § 615; KSchG § 11; BGB § 297; ZPO § 138 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Halle (Saale) (Entscheidung vom 30.05.2013; Aktenzeichen 2 Ca 2078/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 30.05.2013 - 2 Ca 2078/12 - werden zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Verzugslohn.

Der Kläger ist seit 01.08.2001 bei der Beklagten zunächst als Eventberater und seit Januar 2005 als Teamleiter beschäftigt gewesen. Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmten sich nach dem Arbeitsvertrag vom 13.07.2001 (Bl. 6 - 10 d.A.), dem Änderungsvertrag vom 18.01.2005 (Bl.11 d.A.) sowie einem weiteren Änderungsvertrag vom 31.01.2006 (Bl. 12 d.A.). Der Kläger erhielt für seine Dienste ein monatliches Fixum von 1.800,00 EUR brutto sowie darüber hinausgehend eine erfolgsabhängige Vergütung basierend auf jährlich neu geschlossenen Provisionsvereinbarungen, wobei die Parteien für das Jahr 2008 keine Einigkeit über eine Folgeregelung erzielen konnten und die Beklagte daraufhin die Provisionszahlungen einstellte. Weiter hatten die Parteien die Privatnutzung des dem Kläger überlassenen Dienstfahrzeuges vereinbart.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien erstmals mit Schreiben vom 28.03.2008 zum 30.06.2008 betriebsbedingt und stellte den Kläger unwiderruflich unter Fortzahlung der Bezüge von der Arbeitsleistung frei. Im Anschluss kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien erneut mit Schreiben vom 02.04.2008 zum 30.09.2008 ebenfalls aus betriebsbedingten Gründen. Es folgte eine außerordentliche Kündigung vom 23.09.2008, hilfsweise ordentlich zum 31.12.2008, gestützt auf eine dem Kläger vorgeworfene unerlaubte Konkurrenztätigkeit. Der Kläger hat diese Kündigungen erfolgreich mittels Kündigungsschutzklage angegriffen. Nunmehr steht rechtskräftig fest, dass zwischen den Parteien jedenfalls bis zum 31.12.2008 ein Arbeitsverhältnis als Teamleiter bestanden hat.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger Verzugslohn für den Zeitraum 01.04. bis 31.12.2008. Im Einzelnen hat der Kläger - monatsbezogen - folgende Positionen geltend gemacht:

1.800,00 EUR

Fixum

1.419,58 EUR

Teamleiter-Provision

3.398,40 EUR

sonstige Provisionen

447,39 EUR

Provisionen aus Kompensationsgeschäften

50,00 EUR

Provisionen für Neukundenakquise 2007

100,00 EUR

Erfüllung Forecast 2007

560,76 EUR

Provision nach § 6 des Arbeitsvertrages (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall).

7.776,13 EUR

brutto.

Weiter begehrt der Kläger einen monatlichen Betrag von 316,50 EUR brutto als Ersatz für die ihm seitens der Beklagten nach Ausspruch der ersten Kündigung - am 04.04.2008 - entzogene Nutzung des Dienstwagens in Höhe von 1 % des Bruttolistenpreises.

Nach Ausspruch der Kündigung vom 28.03.2008 gründete der Kläger zusammen mit einer weiteren Person die GmbH (im Folgenden: CA). Der Abschluss des Gesellschaftsvertrages erfolgte am 29.04.2008. Danach war der Kläger zu 50 % Mitgesellschafter dieses Unternehmens. Die Eintragung in das Handelsregister fand am 22.07.2008 statt. Am 02.10.2008 schließlich wurde der Kläger als Geschäftsführer dieser GmbH eingetragen. Ob der Kläger bereits vor dem 30.09.2008 für diese Gesellschaft aktiv tätig geworden ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger erhielt von der Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum 08.10.2008 bis 07.07.2009 einen monatlichen Gründungszuschuss gem. § 57 SGB III a.F. in Höhe von 1.638,90 EUR (Bescheid der Bu...

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