Entscheidungsstichwort (Thema)

Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung bei Nichtbestehen einer Schwerbehindertenvertretung. Unbegründete Entschädigungsklage des abgelehnten Stellenbewerbers bei unzureichender Darlegung von Indiztatsachen

 

Leitsatz (amtlich)

Das Nichtbestehen einer Schwerbehindertenvertretung stellt kein Indiz i. S. v. § 22 AGG dar, das eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung vermuten lässt.

 

Normenkette

AGG §§ 22, 15 Abs. 2; SGB IX § 81 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 17.08.2016; Aktenzeichen 11 Ca 313/16)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 17.08.2016 (Az.: 11 Ca 313/16) wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen einer von ihm behaupteten Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung bei einer Bewerbung.

Der am ... geborene Kläger ist mit einem Grad von 50 schwerbehindert. Hinsichtlich des beruflichen Lebenslaufes des Klägers wird auf die Ausführungen im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Der Kläger bewarb sich seit mindestens 2006 mehrfach, allein im Jahr 2011 fünfmal, erfolglos auf Stellenausschreibungen der Beklagten. Der Kläger führte daraufhin mehrere arbeitsgerichtliche Prozesse gegen die Beklagte, in denen er von dieser wegen angeblicher Benachteiligung aufgrund seiner Schwerbehinderung die Zahlung von Entschädigung verlangte. Lediglich in einem Fall hatte der Kläger Erfolg und erhielt eine Entschädigung in Höhe von eineinhalb Bruttomonatsentgelten. Maßgebend in diesem Fall war die Nichteinladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch (Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13.08.2014, 5 Sa 83/13).

Bei der Beklagten besteht keine Schwerbehindertenvertretung.

Am 04.11.2015 informierte die Beklagte die Bundesanstalt für Arbeit schriftlich über eine befristet zu besetzende Stelle als Schulhausmeister. Die Stellenbeschreibung, die die Beklagte auch im Internet veröffentlichte, hat folgenden Wortlaut:

"Schulhausmeister

Die Stadt H... sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine Krankheitsvertretung für die Stelle eines Hausmeisters in einer Grundschule.

Die Stelle wird nach EG 5 TVöD vergütet und umfasst 40 Wochenstunden.

Wir erwarten eine abgeschlossene handwerkliche Ausbildung sowie technisches Verständnis.

Aufgabenbeschreibung

- technische Verwaltung der Gebäude (einschließlich Turnhalle) sowie des gesamten Schulgeländes

- Durchführung von Handwerks- Dienstleistungs- sowie Reinigungs- und Wartungsarbeiten

- Schnee- und Eisbeseitigung

-wöchentliche Nachweisführung der Zählerstände (Energie, Heizung, Wasser)

- Verschönerungs- und Pflegearbeiten im Gebäude und an den Außenanlagen

- Vorbereitung von Veranstaltungen

Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt, sofern nicht in der Person einer/s Mitbewerberin/Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen.

Ihre Bewerbung mit aussagefähigen Unterlagen richten Sie bitte bis zum 12.11.2015 an die

Stadtverwaltung H...

Abteilung Verwaltungs-, Personalservice und Informationstechnologie

Markt 20 - 22

... H...

..."

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 11.11.2015 auf die Stelle. Die Beklagte lud den Kläger für den 26.11.2015 zu einem Vorstellungsgespräch ein, das der Kläger auch wahrnahm. In diesem Vorstellungsgespräch wurde der Kläger durch die Abteilungsleiterin Frau N..., die mit dem Kläger das Gespräch führte, gefragt, ob er auf Grund seiner Behinderung in der Lage sei, u.a. Schnee zu räumen und körperliche Tätigkeiten zu verrichten. Frau N... fragte ihn auch, ob er gewillt sei, seine damals unbefristete Stelle gegen eine lediglich befristete Stelle aufzugeben.

Mit E-Mail vom 08.12.2015 erhielt der Kläger eine Absage von der Beklagten. Wegen des Inhaltes des Schreibens der Beklagten vom 08.12.2015 wird auf Blatt 38 der Akte Bezug genommen.

Mit seiner am 08.12.2016 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger eine Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern nach der Entgeltgruppe 5 TVöD gerichtlich geltend gemacht.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er sei bei seiner Bewerbung wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Er ist der Ansicht, die Frage, ob er überhaupt körperlich in der Lage sei, die Arbeiten, die mit der ausgeschriebenen Stelle anfallen, zu erledigen, sei diskriminierend. Auch aus dem Auswahlverfahren werde eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung deutlich.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 6.287,01 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, bei der Auswahlentscheidung habe die Schwerbehinderung des Klägers keine Rolle gespielt. Allein der Umstand, dass bei ihr keine Schwerbehindertenvertretung gebildet ist, stelle kein Indiz für eine Benachteil...

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