Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlerhaft abgegebene Drittschuldnererklärung. Schadenersatzanspruch
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO haftet der Drittschuldner dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung entstehenden Schaden.
2. Ein erstattungsfähiger Schadenersatzanspruch ist ausgeschlossen, wenn in dem betroffenen Arbeitsverhältnis im streitgegenständlichen Zeitraum keine pfändbaren Vergütungsanteile angefallen sind.
Normenkette
ZPO § 840 Abs. 2 S. 2; BGB § 254
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen 9 Ca 2871/07) |
Tenor
1. Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungs- und der Berufungsbegründungsfrist gewährt.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 28.10.2008 – 9 Ca 2871/07 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadenersatz im Zusammenhang mit gepfändeten Vergütungsansprüchen.
Dem minderjährigen Kläger steht gegenüber seinem Vater R. B., der wiederum bei der Beklagten als Arbeitnehmer mit einem monatlichen Einkommen von 400,00 EUR netto („Minijob”) tätig ist, ein titulierter (Kindes-)Unterhaltsanspruch in Höhe des monatlichen Regelsatzes zu. Die aus diesem Arbeitsverhältnis resultierenden Vergütungsansprüche … pfändete der Kläger mit Beschluss des Amtsgerichts H. vom 09.10.2006 (Bl. 4 d.A.), der Beklagten am 03.11.2006 zugestellt. Mit weiterem Beschluss vom 09.10.2006 (Bl. 60 d.A.) ordnete das Amtsgericht H. an, dass die Arbeitseinkommen des Herrn R. B. – dieser steht auch in einem Arbeitsverhältnis zur J. F. GmbH (im Folgenden …) – zusammenzurechnen sind. Dabei soll der gemäß § 850 d ZPO unpfändbare Teil der Arbeitsvergütung von monatlich 780,00 EUR in erster Linie aus dem bei der … bezogenen Arbeitseinkommen entnommen werden. Ob dieser Beschluss der Beklagten zugestellt worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hatte zunächst keine Drittschuldnererklärung abgegeben. Erst im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits teilte sie mit Schreiben vom 14.12.2007 (Bl. 35 d.A.) mit, Herr R. B. beziehe aus dem mit ihr bestehenden Arbeitsverhältnis kein pfändbares Einkommen, da er weniger als 780,00 EUR netto pro Monat erhalte.
In einem im Jahr 2006 von Herrn R. B. betriebenen Unterhaltsabänderungsverfahren ließ dieser über seine Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 08.08.2006 (Bl. 118 d.A.) vortragen, er erziele insgesamt ein Einkommen von 953,19 EUR netto monatlich, nämlich 553,19 EUR bei der … sowie weitere 400,00 EUR netto bei der Beklagten. Dieses Verfahren endete mit einem Vergleich, wonach Herr R. B. sich verpflichtete, an den Kläger sowie dessen damals noch unterhaltsberechtigte Schwester beginnend im September 2006 als Unterhalt monatlich einen Betrag von … EUR zu zahlen. Nach Wegfall der Unterhaltsberechtigung der Schwester des Klägers bezog dieser von Herrn R. B. seit April 2008 monatliche Unterhaltsleistungen von … EUR. Seit September 2008 zahlt Herr R. B. den vollen, dem Kläger zustehenden Regelunterhalt von … EUR monatlich an diesen aus.
Der Kläger, der mit Klageerhebung Herrn R. B. gemäß § 841 ZPO den Streit verkündet hatte, hat erstinstanzlich zuletzt insgesamt … EUR rückständigen Unterhalt für den Zeitraum 01.07.2006 bis 31.08.2008, nämlich den ihm für diesen Zeitraum zustehenden Regelunterhalt abzüglich der von seinem Vater aus dem familiengerichtlichen Vergleich tatsächlich gezahlten Beträge, klageweise geltend gemacht. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen Rechenwerkes wird auf Bl. 116 d.A. (Schriftsatz des Klägers vom 09.09.2008) verwiesen.
Nach Auffassung des Klägers stehe ihm dieser Betrag als Schadenersatz gegenüber der Beklagten zu. Diese sei ihrer Pflicht zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung aus § 840 ZPO nicht ausreichend nachgekommen. Aufgrund dieses Versäumnisses sei er nicht in der Lage gewesen, die monatlich anfallenden pfändbaren Vergütungsanteile des Herrn R. B. einzuziehen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger gemäß den sich aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts H., Az: … ergebenden Betrag in Höhe von … EUR an rückständigem Unterhalt für die Zeit vom 01.07.2006 bis 31.08.2008 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe kein Schadenersatzanspruch zu. Die von ihr abgegebene Drittschuldnererklärung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Im Übrigen sei sie grundsätzlich bereit, bei ihr anfallendes pfändbares Einkommen des Herrn R. B. an den Kläger im Rahmen der vorliegenden Pfändung abzuführen. Dies setze jedoch voraus, dass der Kläger die Höhe des von Herrn R. B. bei der bezogenen Einkommens monatlich mitteile. Nur so sei sie in der Lage, den sich jeweils ergebenden pfändbaren Betrag zu ermitteln. Die von dem Kläger hierzu vorgelegte Auskunft der … vom 11.05.2007 (Bl. ...