Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung von Beschäftigungszeiten
Verfahrensgang
ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 20.01.1995; Aktenzeichen 10 Ca 3653/94) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halle v. 20.01.95 – 10 Ca 3653/94 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang der anzuerkennenden tarifvertraglichen Beschäftigungszeiten gem. § 19 BAT-O.
Die Klägerin ist bei dem beklagten Land als Erzieherin beschäftigt.
Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien findet der BAT-O Anwendung.
Die Klägerin absolvierte am Institut für Lehrerbildung in Quedlinburg von 1977 bis 1981 eine Ausbildung als Lehrer für untere Klassen in den Fächern Deutsch, Mathematik und Schulgarten. Sie nahm am 01.08.1981 eine Tätigkeit als Freundschaftspionierleiter in der Heinrich-Heine-Oberschule Sangerhausen auf. Zunächst war von der damaligen Schulbehörde ihr Einsatz als Lehrerin in der vorgenannten Schule geplant. Aus Kontingentgründen konnte ein derartiger Einsatz nicht realisiert werden. Nach mehreren Eingaben wurde sie schließlich von der Schulbehörde davon in Kenntnis gesetzt, daß sie als Pionierleiter an der … S. arbeiten solle, man sich jedoch darum bemühen werde, ihr eine Lehrerstelle zuzuweisen. Die Klägerin übte die Tätigkeit als Freundschaftspionierleiter bis zum 31.03.1990 aus. Im Rahmen dieser Tätigkeit erteilte sie auch Unterricht in den unteren Klassen, vorwiegend im Fach Schulgarten. Die der Klägerin unter dem Datum 08.06.1990 erteilte Abschlußbeurteilung des Direktors der POS … (Blatt 9 d. A.) weist als Haupttätigkeit der Klägerin „FPL” aus.
Die Klägerin schloß mit dem Rat des Kreises S. – Abteilung Volksbildung – am 20.07.1981 einen Arbeitsvertrag (Bl. 46 f d. A.) als Pionierleiter ab. Darüberhinaus wurde sie von der FDJ-Kreisleitung als Pionierleiter förmlich berufen.
Das beklagte Land erkannte mit Bescheid vom 01.03.1993 (Bl. 96 d. A.) als Beschäftigungszeit die Tätigkeit als Freundschaftspionierleiter im Zeitraum 01.08.1981 bis 31.03.1990 nicht an. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 15.03.1993 (Bl. 10 f d. A.) „Widerspruch” ein, der vom beklagten Land am 26.03.1993 abschlägig beschieden wurde. Mit der vorliegenden – wie die Klägerin im Termin am 11.04.1996 klargestellt hat – Leistungsklage hat die Klägerin die Anerkennung ihrer Beschäftigungszeit nach Maßgabe der Übergangsvorschriften zum § 19 BAT-O weiterverfolgt. Dieser Vorschrift kommt unter anderem der folgende Wortlaut zu:
Übergangsvorschriften für Zeiten vor dem 01.01.1991:
1. Als Übernahme im Sinne des Absatzes 2 gilt auch die Überführung von Einrichtungen nach Artikel 13 des Einigungsvertrages.
2. Ist infolge des Beitritts der DDR der frühere Arbeitgeber weggefallen, ohne daß eine Überführung nach Artikel 13 des Einigungsvertrages erfolgt ist, gelten als Beschäftigungszeit nach Maßgabe des Absatzes 1
…
b) für Angestellt der Länder
Zeiten der Tätigkeit bei zentralen oder örtlichen Staatsorganen und ihren nachgeordneten Einrichtungen oder sonstigen Einrichtungen oder Betrieben, soweit das Land deren Aufgaben bzw. Aufgabenbereiche derselben ganz oder überwiegend übernommen hat,
…
4. Von der Berücksichtigung als Beschäftigungszeit sind ausgenommen
…
c) Zeiten einer Tätigkeit, die aufgrund einer besonderen persönlichen Systemnähe übertragen worden war.
Die Übertragung der Tätigkeit aufgrund einer besonderen persönlichen Systemnähe wird insbesondere vermutet, wenn der Angestellte
aa) vor oder bei Übertragung der Tätigkeit eine hauptamtliche oder hervorgehobene ehrenamtliche Funktion in der SED, dem FDGB, der FDJ oder einer vergleichbar systemunterstützenden Partei oder Organisation innehatte,
…
Der Angestellte kann die Vermutung widerlegen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die von ihr ausgeübte Tätigkeit als FPL sei dem von dem beklagten Land übernommenen innerschulischen Bereich zuzuordnen. Auch sei ihr die Tätigkeit als FPL nicht aufgrund einer Systemnähe übertragen worden.
Die Klägerin hat beantragt
die Tätigkeit der Klägerin vom 01.08.1981 bis 31.03.1990 als Beschäftigungszeit im Sinne des § 19 BAT-Ost anzuerkennen.
Das beklagte Land hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeit als FPL sei nicht dem von ihm übernommenen innerschulischen Bereich zuzuordnen. Die Tätigkeit als FPL stelle vielmehr eine hauptamtliche Funktionärstätigkeit für die FDJ dar. Dies ergebe sich aus den Richtlinien für den Einsatz und die Tätigkeit der hauptberuflich tätigen Freundschaftspionierleiter. Jedenfalls müsse eine Anerkennung der Beschäftigungszeiten daran scheitern, daß die Tätigkeit als FPL aufgrund einer besonderen persönlichen Systemnähe übertragen worden sei.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.01.1995 das beklagte Land verpflichtet, die Tätigkeit der Klägerin vom 01.08.1981 bis 31.03.1990 als Beschäfti...