Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Übung. Doppelte Schriftformklausel
Leitsatz (redaktionell)
1. Enthält ein Arbeitsvertrag eine Schriftformklausel, wonach Ergänzungen und Änderungen des Arbeitsvertrages der Schriftform bedürfen und eine mündliche Änderung der Schriftformklausel nichtig ist, so schließt diese einen Anspruch auf eine üblich gewordene Leistung aus (Anschluss an BAG, Urteil v. 24.06.2003 – 9 AZR 302/02).
2. Eine doppelte Schriftformklausel in einem Formulararbeitsvertrag stellt weder eine Überraschungsklausel dar noch verstößt sie gegen das Transparenzgebot.
Normenkette
BGB §§ 242, 305 ff.
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Urteil vom 11.05.2005; Aktenzeichen 11 Ca 544/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des ArbG Magdeburg vom11.05.2005 – 11 Ca 544/05 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung einer Sonderzuwendung für das Jahr 2004.
Der Kläger ist seit dem 09.03.1998 – zunächst befristet – als technischer Angestellter bei der Beklagten beschäftigt. Die Parteien sind nicht tarifgebunden. Gemäß § 1 des ersten Arbeitsvertrages vom 06.03.1998 (Bl. 7 – 9 d. A.) regelte sich das Arbeitsverhältnis „sofern nichts anderes vereinbart ist”) nach dem Rahmentarifvertrag für Angestellte, Auszubildende und Praktikanten in Ingenieur-, Architektur- und Planungsbüros (im Folgenden: RTV). Drei weitere befristete Arbeitsverträge nahmen auf die Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 06.03.1998 Bezug. Gemäß § 8 RTV erhalten solche Angestellte eine Sondervergütung, deren Beschäftigungsverhältnis zum 30.11. des laufenden Kalenderjahres mindestens 11 Monate ununterbrochen bestanden hat. Die Sondervergütung wird mit dem Gehalt des Monats November gezahlt und entspricht der Höhe nach dem Gehalt des Vormonats.
Unter dem 01.12.1999 schlossen die Parteien einen weiteren, unbefristeten Vertrag (Bl. 13 – 15 d. A.). Dieser enthält weder eine Bezugnahme auf die vorausgegangenen Verträge noch auf den RTV. In § 5 des Vertrages heißt es:
„…
2. Soweit ein Weihnachtsgeld an die anderen Mitarbeiter gezahlt wird, erhält der Arbeitnehmer dieses entsprechend.
3. Gratifikationen, zusätzliche Urlaubs- und Weihnachtsgelder oder sonstige Sondervergütungen sind – auch wenn sie wiederholt gezahlt werden – jederzeit widerrufliche freiwillige Leistungen der Arbeitgeberin. …”
§ 10 des Vertrages vom 01.12.1999 bestimmt, dass mündliche Abreden nicht bestehen und Nebenabreden sowie Änderungen des Vertrages der Schriftform bedürfen, was auch für die Aufhebung des Schriftformerfordernisses gelte.
In den sechs Jahren von 1998 bis 2003 zahlte die Beklagte an den Kläger und – so der Kläger – an alle übrigen Arbeitnehmer jeweils im November als „Weihnachtsgeld” eine Sondervergütung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts. Auf einer Betriebsversammlung im Mai 2004 kündigte der Geschäftsführer der Beklagten N. an, dass im Jahre 2004 kein Weihnachtsgeld gezahlt werde. In der Folge zahlte die Beklagte für das Jahr 2004 an ihre Mitarbeiter kein Weihnachtsgeld. Mit Schreiben vom 20.12.2004 verlangte der Kläger vergeblich dessen Zahlung.
Mit der Klage hat er geltend gemacht, dass der Anspruch aus § 8 RTV folge. Der Tarifvertrag gelte kraft vertraglicher Abrede, jedenfalls finde er kraft betrieblicher Übung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, da die Beklagte ihn fortlaufend allgemein angewendet habe. Zumindest sei der Anspruch auf Zahlung der Sonderzuwendung aber aus betrieblicher Übung erwachsen. § 5 Nr. 3 des Arbeitsvertrages vom 01.12.1999 stelle keinen eindeutigen Vorbehalt der Freiwilligkeit im Sinne der Rechtsprechung dar, zumal sich der Formularvertrag an den § 305 ff. BGB messen lassen müsse.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11.05.2005, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, abgewiesen, da eine Anspruchsgrundlage nicht bestehe.
Gegen das am 25.05.2005 zugestellte Urteil wendet sich die am 23.06.2005 eingelegte und am 25.07.2005 begründete Berufung des Klägers. Darin wiederholt und vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere macht er geltend, dass die Freiwilligkeitsklausel in § 5 Nr. 3 des Arbeitsvertrages vom 01.12.1999 nicht nur widersprüchlich, sondern auch wegen des voraussetzungslosen Widerrufrechts gemäß 308 Nr. 4 BGB unwirksam sei. Zum Beleg für die Geltung des RTV kraft betrieblicher Übung legt der Kläger die Betriebsvereinbarung zwischen der Beklagten und dem bei ihr bestehenden Betriebsrat vom 27.06.2001 vor (Bl. 107 d. A.), wonach für alle unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer auf ein Jahr befristet keine Tariferhöhungen erfolgen sollten.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Magdeburg, verkündet am 11.05.2005 zur Geschäftsnummer 11 Ca 544/05, die Beklagte zu verurteilen, an ihn für das Jahr 2004 Weihnachtsgeld in Höhe von 2.796,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 31.12.20...