Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschäftigung. Aufgabenübertragung von Kommune an Landkreis. Übergang eines Arbeitsverhältnisses auf eine andere Gebietskörperschaft wegen kommunalrechtlich zulässiger Aufgabenübertragung
Leitsatz (redaktionell)
Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Aufgabenübertragung” in § 73a GemO Sachsen-Anhalt i.V.m. §§ 128 ff. BRRG ist restriktiv vorzunehmen und im Rahmen der Auslegung ist auch die amtliche Überschrift des Abschnitts III des Beamtenrechtsrahmengesetzes heranzuziehen.
Normenkette
GemO Sachsen-Anhalt § 73a; BRRG §§ 128-129
Verfahrensgang
ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 14.10.2003; Aktenzeichen 5 Ca 2223/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 14.10.2003 – 5 Ca 2223/03 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin zu beschäftigen.
Die 1951 geborene Klägerin ist seit dem 20.05.1985 bei der Stadt H. beschäftigt. Seit 1990 ist sie Leiterin der dortigen Wohngeldstelle. Zusätzlich hat sie ab dem 01.02.1999 eine Tätigkeit als Sachgebietsleiterin Sozialwesen hinzubekommen. Die Klägerin erhielt zuletzt ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 2.900,06 EUR.
Im Jahr 1991 schlossen die Stadt H. und der beklagte Landkreis einen Vertrag über die Heranziehung der Stadt H. zur Durchsetzung der dem Landkreis obliegenden Aufgaben aus dem Bundessozialhilfegesetz. Diesen Vertrag kündigte die Stadt H. am 12.11.2002 zum 31.12.2002.
Am 17.08.2002 lag die Einwohnerzahl der Stadt H. unter 20.000. Ab diesem Zeitpunkt oblag die Durchführung des Wohngeldgesetzes nicht mehr der bis dahin zuständigen Stadt H., sondern nunmehr dem beklagten Landkreis. Die Klägerin übte ab September 2002 lediglich noch Restarbeiten in diesem Bereich aus.
In dem Zeitraum vom 01.02.2003 bis zum 30.06.2003 übertrug die Stadt H. der Klägerin Abwicklungsarbeiten im Sachgebiet Sozialwesen. Diese Abwicklungsarbeiten sind mit Ablauf des 30.06.2003 im Wesentlichen beendet worden.
Nachdem der Klägerin bekannt wurde, dass die Stadt H. eine Beendigungskündigung des Arbeitsverhältnisses vorbereitete, machte sie mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 04.06.2003 gegenüber dem beklagten Landkreis einen Beschäftigungsanspruch geltend. Mit Schreiben vom 12.06.2003 lehnte der beklagte Landkreis das Begehren der Klägerin ab.
Mit der am 04.07.2003 vor dem Arbeitsgericht Halle erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr Arbeitsverhältnis sei gemäß § 73 a GO LSA auf den beklagten Landkreis übergegangen. Mit der Rückübertragung bestimmter Aufgaben der Sozialhilfe und der Durchführung des Wohngeld- bzw. Wohngeldsondergesetzes auf den beklagten Landkreis liege ein Aufgabenübergang im Sinne des § 128 Abs. 4 BRRG in Verbindung mit § 73 a GO LSA vor. Bei der Anwendung des § 73 a GO LSA und des § 128 Abs. 4 BRRG sei von einer weiten Auslegung des Begriffs Aufgabenübergang auszugehen. Der Anspruch auf Beschäftigung bei dem beklagten Landkreis sei im Zeitpunkt der Geltendmachung nicht verwirkt gewesen. Es fehle bereits das Zeitmoment für eine Verwirkung. Unverzüglich nach Bekanntwerden der Kündigungsabsicht der Stadt H. habe sie mit Schriftsatz vom 04.06.2003 ihre Beschäftigungsansprüche gegenüber dem beklagten Landkreis geltend gemacht. Zudem vermöge sich der beklagte Landkreis nicht auf schützenswertes Vertrauen zu berufen, zumal der Personal- und Aufgabenübergang zwischen ihm und der Stadt H. Gegenstand einer kontroversen Korrespondenz beider Körperschaften gewesen sei, welche bis zum Monat Juni 2003 angedauert habe.
Die Klägerin hat beantragt:
- Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien mit Wirkung zum 01.07.2003 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist.
- Der beklagte Landkreis wird verurteilt, die Klägerin als vollbeschäftigte Angestellte nach Maßgabe der Vergütungsgruppe IV b BAT-O zu beschäftigen.
Der beklagte Landkreis hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, § 128 Abs. 4 BRRG in Verbindung mit § 73 a Abs. 2 GO LSA erfasse lediglich den Fall des Aufgabenübergangs bei Umbildung der Körperschaft bzw. im Falle der Verlagerung abstrakter Zuständigkeiten. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt. Er hat sich zudem auf die Verwirkung des Anspruchs der Klägerin berufen. Ihr sei bereits seit längerem bekannt, dass die Aufgaben auf ihn, den beklagten Landkreis, zurückgefallen seien. Sie habe daher mit einer Kündigung der Stadt H. rechnen und schon viel früher eine klagweise Abklärung vornehmen müssen.
Mit Urteil vom 14.10.2003 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es – kurz zusammengefasst – ausgeführt:
Das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Stadt H. sei nicht gem. § 613 a BGB auf den beklagten Landkreis übergegangen. Ein Betriebsübergang setze die Bewahrung der Identität der betreffenden Einheit voraus. Der Begriff „Einheit” beziehe sich auf eine organisierte Ges...