Verfahrensgang
ArbG Dessau (Urteil vom 21.01.1994; Aktenzeichen 9 Ca 357/93) |
ArbG Dessau (Urteil vom 17.12.1993; Aktenzeichen 9 Ca 159/93) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden die Urteile des Arbeitsgerichts Dessau vom 17.12.1993 – 9 Ca 159/93 – und vom 21.01.1994 – 9 Ca 357/93 – in ihren Ziffern 1) und 2) abgeändert.
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch die Kündigung der Beklagten Ziffer 1) vom 31.03.1993 aufgelöst worden ist.
Es wird festgestellt, daß zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziffer 2) ein Arbeitsverhältnis besteht.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
Von den Kosten beider Rechtszüge hat die Klägerin 1/4 zu tragen, die restlichen Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.
Die Revision wird für die Beklagten zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von der Beklagten zu 1) ausgesprochenen Kündigung, über die Feststellung, daß zwischen der Klägerin und der Beklagten Ziffer 2) ein Arbeitsverhältnis besteht, sowie darüber, daß die Beklagte Ziffer 2) verpflichtet ist, die Klägerin arbeitsvertragsgemäß als voll beschäftigte Angestellte zu beschäftigen.
Die am 27.05.1945 geborene, verheiratete Klägerin ist seit dem 01.06.1987 bei der Beklagten zu 1), zuletzt als Sachbearbeiterin in der Kämmerei, beschäftigt.
Die arbeitsvertraglichen Beziehungen der Klägerin und der Beklagten zu 1) richten sich nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 16.04.1991 (Bl. 6/7 d.A.).
Der Bruttomonatsverdienst der Klägerin betrug zuletzt 2.672,07 DM.
Im Januar 1993 vereinbarten die Beklagte zu 1) und weitere 10 Gemeinden (auf der Grundlage des Gesetzes zur Neuordnung der kommunalen Gemeinschaftsarbeit und zur Anpassung der Bauordnung vom 09.10.1992) die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft in Form eines gemeinsamen Verwaltungsamtes (Verwaltungsgemeinschaft …
Der Sitz des Verwaltungsamtes befindet sich in der Gemeinde…
Wegen des Inhalts der Gemeinschaftsvereinbarung wird auf Bl. 33–39 der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsgemeinschaft nahm am 01.04.1993 ihre Tätigkeit auf.
Die 24 im Verwaltungsamt der Verwaltungsgemeinschaft vorgesehenen Planstellen wurden aufgrund von internen Stellenausschreibungen mit ehemaligem Verwaltungspersonal der Trägergemeinden besetzt. Die Auswahl bezüglich der zu besetzenden Planstellen traf der Verwaltungsgemeinschaftsausschuß, in welchem jede Trägergemeinde der Verwaltungsgemeinschaft mit 2 Mitgliedern und jeweils einer Stimme vertreten ist.
Im Zuge der sich abzeichnenden Bildung der Verwaltungsgemeinschaft schloß die Beklagte zu 1) ihre gesamte Verwaltung und kündigte dem gesamten Verwaltungspersonal.
Mit Schreiben vom 31.03.1993 (Bl. 4 d.A.), der Klägerin am 01.04.1993 zugegangen, kündigte die Beklagte Ziffer 1) das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.05.1993.
Ein Personalrat existierte bei der Beklagten zu 1) nicht.
Mit ihrer beim Arbeitsgericht Dessau am 14.04.1993 eingegangenen Klage wandte sich die Klägerin gegen die von der Beklagten zu 1) ausgesprochene Kündigung. Mit Schriftsatz vom 20.07.1993 erweiterte die Klägerin die Klage gegen die Beklagte Ziffer 2).
Die Klägerin ist der Auffassung, daß die ausgesprochene Kündigung unwirksam sei.
Die Klägerin trägt im wesentlichen folgendes vor:
Es bestünden Bedenken, ob die Zulässigkeit der streitbefangenen Kündigung nach Maßgabe der Anlage I Kap. XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 zum Einigungsvertrag gegeben sei.
Denn nach Ziffer 3 dieser Vorschrift sei die Kündigung in diesen Fällen nur dann zulässig, wenn die bisherige Dienststelle ersatzlos aufgelöst werde und bei Verschmelzung, Eingliederung oder wesentlicher Änderung des Aufbaus der Beschäftigungsstelle die bisherige oder eine andere Verwendung nicht mehr möglich sei. Diese Tatbestände seien bei der Verlagerung öffentlicher Aufgaben auf einen anderen Rechtsträger nicht erfüllt.
Selbst wenn die Gemeinde keine eigene Verwaltung mehr unterhalte, sondern die Selbstverwaltungsaufgaben ehrenamtlich erledige oder ebenfalls auf die Verwaltungsgemeinschaft übertrage, so sei keine ersatzlose Auflösung der Verwaltung gegeben. Diese Aufgaben würden an anderer Stelle fortgeführt. Es handle sich somit hier um einen Fall der Eingliederung der bisherigen Verwaltungen in eine neue Verwaltungsorganisation, wo die bisherige Tätigkeit entweder weiterhin anfalle oder zumindest eine anderweitige Verwendung unter veränderten organisatorischen Bedingungen in Betracht komme. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 KSchG sei die Kündigung unzulässig, wenn ein Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweiges an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebietes weiterbeschäftigt werden könne.
Zwar sei der Schutz dieser Vorschrift grundsätzlich auf die Reichweite des Verwaltungszweiges, also des bisherigen öffentlichen Arbeitgebers beschränkt, wie auch im privaten Bereich anerkannt sei, daß der allg...