Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlung beim Abschluss von Altersteilzeitverträgen. Klage einer Lehrerin auf Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell bei Überschreiten der Überlastquote und sachwidriger Gruppenbildung
Leitsatz (amtlich)
1. Schließt der Arbeitgeber mit Arbeitnehmern Altersteilzeitarbeitsverträge, obwohl er wegen Überschreitens der in § 3 Abs 1 Nr 3 Alt 1 AltTZG geregelten Überlastquote hierzu nicht verpflichtet ist, erbringt er eine freiwillige Leistung und hat deshalb bei der Entscheidung über den Antrag eines Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrags den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.
2. Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muss diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen. Dabei kommt es darauf an, ob sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe Leistungen vorzuenthalten, die der anderen Gruppe eingeräumt worden sind. Eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer ist dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn die Unterscheidung gerade nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist.
3. Eine mögliche Gruppenbildung mit dem Ziel, nur noch mit Mitarbeitern Altersteilzeitarbeitsverträge abzuschließen, deren Arbeitsplatz endgültig wegfällt, widerspricht den Vorgaben des AltTZG sowie des TV ATZ LSA.
Normenkette
ATG 1996 § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1; GG Art. 3 Abs. 1; ATG § 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1; BGB §§ 242, 315, 611 Abs. 1; TV-ATZ-LSA § 2 Abs. 1; TV-ATZ-LSA § 2 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Entscheidung vom 15.07.2015; Aktenzeichen 5 Ca 2718/14) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 15.07.2015 - 5 Ca 2718/14, teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, mit der Klägerin eine Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell vom 01.08.2014 bis 31.07.2020 zu vereinbaren, wobei die Arbeitsphase vom 01.08.2014 bis 31.07.2017 und die Freistellungsphase vom 01.08.2017 bis 31.07.2020 dauern soll.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages.
Die am 27.12.1956 geborene Klägerin ist bei dem beklagte Land bzw. dessen Rechtsvorgänger seit dem 01.08.1979 als Lehrerin für Deutsch, Russisch und Englisch beschäftigt, zuletzt am P-Gymnasium in H. Seit ca. 10 Jahren arbeitet die Klägerin verkürzt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 16 Stunden. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt der Klägerin betrug zuletzt 3.204,38 € brutto.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit im Bereich der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt vom 24. Januar 2012 (TV ATZ LSA) Anwendung. Dieser enthält u. a. folgende Regelungen:
"Präambel
Ausgehend von der Tarifeinigung In den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der Länder vom 10. März 2011 ist im Rahmen der Vorgaben des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) vom 23. Juli 1996 in der jeweils geltenden Fassung die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis möglich.
§ 1
Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt für die Beschäftigten der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TV-L) fallen.
§ 2
Voraussetzungen der Altersteilzeitarbeit
(1) Der Arbeitgeber kann mit Beschäftigten, die
a) das 55. Lebensjahr vollendet und
b) innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben,
die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.
(2) Beschäftigte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die Voraussetzung nach Abs. 1 Buchst. b) erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren, von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.
(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeltarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.
(4) Das Arbeitsteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2017 beginnen. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss sich auf die Zeit erstrecken, bis eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann.
§ 3
Reduzierung und Verteilung der Arbeitszeit
(1) Die durchschnittliche wöche...