Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Personenschäden bei Wegeunfall
Leitsatz (redaktionell)
Bei einem Versicherungsfall, den ein Arbeitnehmer auf der Fahrt vom Betriebssitz zu einem außerhalb des Betriebssitzes gelegenen Einsatzort erleidet, handelt es sich um eine versicherte Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII.
Normenkette
SGB VII § 104 Abs. 1, § 8 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Dessau (Aktenzeichen 10 Ca 239/01) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagten dem Grunde nach verpflichtet sind, dem Kläger Schadensersatz für alle immateriellen Schäden zu leisten, die ihm aus dem Verkehrsunfall vom 07.08.2000 auf der BAB 9 in Höhe Autobahnausfahrt Weißenfels/Naumburg gegen ca. 8.00 Uhr noch anstehen werden, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen.
Im Übrigen wird die Berufung als unzulässig verworfen.
2. Die Parteien haben jeweils die Hälfte der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagten dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch für materielle und immaterielle Schäden aus einem Verkehrsunfall vom 07.08.2000 zusteht.
Der am 30.06.1977 geborene Kläger ist seit dem 01.05.1999 bei der Beklagten als Gas- und Wasserinstallateur beschäftigt. Grundlage der Tätigkeit des Klägers für die Beklagte zu 1. ist der Arbeitsvertrag vom 01.01.1998 nebst Zusatz vom 01.05.1999 nebst Zusatz 3 (Betriebsanweisung vom 01.01.1998) (Bl. 110–121 d.A.). Nach dem Arbeitsvertrag ist Erfüllungsort für die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer neben der Betriebsstätte die jeweilige Baustelle, an welcher der Betrieb vertraglich zur Arbeitsausführung gebunden ist. Weiter sind nach dem Arbeitsvertrag Arbeitnehmer zur Fernmontage verpflichtet.
Im Rahmen des Arbeitsvertrages wurde dem Kläger unter anderem als verantwortlicher Fahrzeugführer das Fahrzeug der Beklagten zu 1., ein VW-Transporter mit dem amtlichen Kennzeichen BTF-SH 120 mit Fahrzeugübergabeprotokoll vom 07.04.2000 (Bl. 7 d.A.) übergeben. Das Fahrzeug war bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversichert.
Am 07.08.2000 führen der Kläger und der Arbeitnehmer M. K. mit diesem Fahrzeug zunächst von ihren Wohnorten zur Betriebsstätte der Beklagten zu 1. Danach machten sie sich mit diesem Firmenfahrzeug auf den Weg zu einer Baustelle der Beklagten zu 1. in Erfurt. Auf dem Wege nach Erfurt kam es gegen 8.00 Uhr auf der BAB 9 in Richtung München in Höhe der Autobahnabfahrt Weißenfels/Naumburg zu einem Verkehrsunfall. Das Fahrzeug wurde von dem Arbeitskollegen K. des Klägers gesteuert, der Kläger war Beifahrer. Das Fahrzeug kam nach Beendigung eines Überholvorgangs kurz nach dem Wiedereinordnen von der Fahrspur ab, rammte die Fahrbahnbegrenzung und in der Folge einen Baum und überschlug sich. Das Fahrzeug kam auf dem Dach zu liegen. Bei diesem Unfall verunglückte der Fahrer des Fahrzeuges K. tödlich. Der Kläger erlitt bei diesem Unfall erhebliche Verletzungen. Es handelte sich um eine komplizierte Gesichtsfraktur mit Nasenfraktur und Fraktur des Oberkiefers sowie erhebliche Schnittwunden im gesamten linken Körperbereich, einschließlich der Hände und der Füße. Am Oberkiefer des Klägers wurde eine Platte operativ eingesetzt.
Aus der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte (STA Halle Az. 211 UJs 210109/00) ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden, insbesondere gab es keinen Anstoßkontakt eines unbekannten fremden Fahrzeuges. In einem Gutachten der DEKRA AG vom 09.08.2000 wurde festgestellt, dass das seitliche Abkommen bei dem Verkehrsunfall von der Fahrbahn nach rechts und der nachfolgende gewaltsame Baumaufprall sowie die Umsturzbewegung des Fahrzeuges nicht aufgrund technischer Mängel am Pkw resultierten. Nach den Feststellungen dieses Gutachtens ergaben sich keine Hinweise für einen Anstoßkontakt eines unbekannten Fremdfahrzeuges oder sonstiger äußerer Gewalteinwirkung. Wegen des Gutachtens wird auf Bl. 11–28 d.A. Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 17.11.2000 hat der Kläger gegenüber der Beklagten zu 2. aufgrund dieses Unfalls für den Kläger Schadensersatz dem Grunde nach geltend gemacht (Bl. 29 u. 30 d.A.). Die Beklagte zu 2. hat mit Schreiben vom 07.12.2000 erklärt, dass sie sich mit den Schadensersatzansprüchen nicht zu befassen habe, da ein Haftungsausschluss nach § 104 SGB VII vorliege, weil der Kläger und der Fahrer des Fahrzeuges sich auf dem Weg von der Betriebsstätte zur Baustelle befunden hätten (Bl. 31 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 16.07.2001, beim Arbeitsgericht Dessau eingegangen am 17.07.2001, hat der Kläger gegen die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. Klage erhoben und die Feststellung begehrt, dass die Beklagten dem Grunde nach verpflichtet sind, dem Kläger Schadensersatz für alle materiellen und immateriellen Schäden zu leisten, die ihm aus dem Verkehrsunfall vom 07.08.2000 auf der...