Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen widersprüchlichen Verhaltens des Arbeitgebers

 

Leitsatz (redaktionell)

Verlangt der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer nach einer ordentlichen Änderungkündigung die geänderten Arbeitsbedingungen vor Ablauf der Kündigungsfrist sofort zu befolgen, verhält er sich widersprüchlich. Auf die Nichtbefolgung dieser Anweisung kann eine außerordentliche Kündigung nicht gestützt werden.

 

Normenkette

BGB § 626; KSchG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Dessau (Urteil vom 25.03.2004; Aktenzeichen 9 Ca 365/03)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 14.03.2005; Aktenzeichen 1 AZN 1002/04)

 

Tenor

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau vom 25.03.04 – Az. 9 Ca 365/03 – wird abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 08.08.03 noch vom 03.09.03 beendet worden ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung vom 08.08.2003 sowie um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 03.09.2003.

Der Kläger war bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer ohne Auszubildende beschäftigt, seit 01.08.1990 zunächst als Helfer für Heizungsinstallationsarbeiten nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 01.08.1990 beschäftigt. Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 32–34 d.A. Bezug genommen. In § 4 des Arbeitsvertrages war die Arbeitszeit geregelt. Danach richtet sich die Arbeitszeit nach den üblicherweise im Betrieb festgelegten Zeiten, von 6.00–15.30 Uhr.

Am 13.11.2001 hat die Beklagte dem Kläger bestätigt, dass er in der Firma der Beklagten alle anfallenden Arbeiten im Heizungsbau sowie der Gas-Wasser-Installation ausführt und nach Abschluss der Facharbeiterausbildung seit 24.02.1998 als Geselle für Gas-Wasser-Installation tätig ist (Bl. 8 d.A.). Im Anschluss daran hat der Kläger eine Meisterausbildung begonnen.

Die Beklagte ist ein Montagebetrieb auf dem Gebiet der Gas-, Wasser- und Heizungsinstallation. Die arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten des Klägers wurden regelmäßig nicht am Betriebssitz der Beklagten in G. sondern auf auswärtigen Baustellen durchgeführt.

Am 08.08.2003 erhielt der Kläger eine Änderungskündigung zum 31.01.2004 betreffend die Regelung der Arbeitszeit in Ziffer 4. des Arbeitsvertrages. Diese Bestimmung sollte mit der Änderungskündigung dahingehend geändert werden, dass die Arbeitszeit beginnt und endet am Ort der Baustelle, die Arbeitszeit ohne Pausen 8 Stunden beträgt und Arbeitsbeginn 7.00 Uhr ist. Wegen des Inhalts der Änderungskündigung wird auf Bl. 54 u. 55 d.A. Bezug genommen. Mit Datum vom selben Tag erhielt der Kläger die Anweisung, die Arbeitstätigkeit auf den zugewiesenen Baustellen um 7.00 Uhr zu beginnen, so dass die Arbeitszeit nicht mehr beim Erscheinen am Sitz des Unternehmens beginnt. Die Anweisung war zeitlich befristet bis 31.01.2004 (Bl. 56 d.A.).

Am 12.08.2003 ist der Kläger entgegen der Anweisung nicht auf der Baustelle um 7.00 Uhr erschienen, sondern um 6.55 Uhr am Sitz der Beklagten. Wegen Nichteinhaltung der Anweisung des Geschäftsführers vom 08.08.2003 erhielt der Kläger eine Ermahnung (Bl. 57 d.A.). Am 02.09.2003 erhielt der Kläger eine Abmahnung. Die Abmahnung hat folgenden Wortlaut:

Sehr geehrter Herr D.,

aufgrund betriebsbedingter Notwendigkeiten zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit und Wirtschaftlichkeit unseres Unternehmens als reiner Montagebetrieb und letztlich zum Erhalt aller vorhandenen Arbeitsplätze habe ich die unternehmerische Entscheidung getroffen, dass die Arbeitszeit für alle Arbeitnehmer auf den auswärtigen Baustellen des Unternehmens beginnt.

Dieser Änderung des Arbeitsvertrages haben alle Arbeitnehmer, bis auf Sie, einvernehmlich zugestimmt. Da Sie einer Änderung des Arbeitsvertrages nicht zustimmten, habe ich Ihnen am 8.8.2003 eine Änderungskündigung wegen der Änderung des Arbeitszeitbeginns auf den Baustellen ausgesprochen. Gleichzeitig habe ich Sie am 8.8.2003 schriftlich, im Rahmen meines Direktionsrechtes, angewiesen, ab sofort um 7.00 Uhr Ihre Arbeitstätigkeit auf unseren auswärtigen Baustellen zu beginnen.

Am 12.8.2003 erschienen Sie entgegen der Weisung um 6.58 Uhr im Betriebssitz und waren nicht auf der Baustelle in M. erschienen. Sie haben sich dann im Laufe des Tages 12.08.2003 arbeitsunfähig krankschreiben lassen. Für diese Negierung meiner Dienstanweisung vom 08.08.2003 erhielten Sie am 12.08.2003 eine schriftliche Ermahnung.

Sie haben am 29.8.2003 gegen 14.45 Uhr Herrn K. telefonisch mitgeteilt, dass Sie am 1.9.2003 wieder zur Arbeit erscheinen werden. Herr K. hat Ihnen daraufhin mitgeteilt, dass Sie am 1.9.2003 um 5.00 Uhr im Betrieb erscheinen sollen, da ein Betriebsfahrzeug Sie mit auf die Baustelle Ga. Straße Nr. 22 (Reko 30 WE) nach M. mitnimmt oder Sie am 1.9.2003 um 7.00 Uhr selbst auf der Baustelle zu erscheinen haben. Sie haben daraufhin angekündigt, entgegen der Weisung,...

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