Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung

 

Verfahrensgang

ArbG Stendal (Urteil vom 26.11.1997; Aktenzeichen 7 Ca 355/97)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Stendal vom26. November 1997 – 7 Ca 355/97 – wird

zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der mit Schreiben der Standortverwaltung B. der Beklagten vom 1. Oktober 1997 erklärten Anfechtung des Arbeitsvertrages sowie über die Wirksamkeit des zwischen ihnen am 13. Mai 1997 abgeschlossenen Auflösungsvertrages.

Der am … 1951 geborene Kläger ist verheiratet und hat ein unterhaltsberechtigtes Kind. Er wurde von der Beklagten ab 1. Mai 1996 als vollbeschäftigter Arbeiter mit einer durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden eingestellt (Arbeitsvertrag vom 22. April 1996, Bl. 6/7 d. A.). Seine Beschäftigung erfolgte in der … schlosser.

Die monatlichen Bezüge des Klägers beliefen sich auf 2.868,48 DM brutto.

Der Einstellung waren am 9. Januar 1996 ein Vorstellungsgespräch in der späteren Beschäftigungsstelle des Klägers und ein Einstellungsgespräch vorausgegangen. In dem Gespräch am 9. Januar 1996 wurde durch die Vertreter der Standortverwaltung (künftig: STOV) B. klar gestellt, dass Bewerber, die für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) tätig geworden seien, nicht mit einer Einstellung rechnen könnten. Es ist streitig ob der Kläger am 9. Januar 1996 seine frühere Tätigkeit für das MfS offenbart hat. Nach dem 9. Januar 1996 ging dem Kläger vor der Einstellung ein Personalbogen mit der Bitte, diesen vollständig und wahrheitsgemäß auszufüllen, zu. Der Personalbogen enthält unter Nr. 5 die Frage: „Waren Sie in der früheren DDR Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit oder beim Amt für nationale Sicherheit?” Diese Frage verneinte der Kläger. Zugleich versicherte er am 12. Februar 1996 mit seiner Unterschrift, dass die vorstehend gemachten Angaben vollständig seien und der Wahrheit entsprächen, dass ihm bewusst sei, dass unvollständige oder wahrheitswidrige Angaben disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen oder die sofortige Auflösung des Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses zur Folge haben könnten (Bl. 43 d. A.).

Mit dem Einzelbericht vom 10. April 1997, bei der W.g VII am 24. April 1997 eingegangen, teilte der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (künftig: BStU) mit: Aus den bisher erschlossenen Unterlagen ergäben sich Hinweise auf eine inoffizielle Tätigkeit des Klägers für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, und zwar sei der Kläger als inoffizieller Mitarbeiter für Sicherheit (IMS) unter Verwendung des Decknamen „Peter Schmidt”, auch „P. in der Zeit vom 16. Juni 1973 bis zum 31. März 1976 tätig gewesen. Die Personalakte umfasse 46 und die Arbeitsakte 63 Blatt. Nach der Darstellung des Staatssicherheitsdienstes sei das Ziel der Werbung des Klägers dessen Einbeziehung in die „Bearbeitung” einer in einer operativen Personenkontrolle erfassten Person und die Erarbeitung von Informationen über Personen gewesen. An Zuwendungen, Prämien habe der Kläger 20,00 Mark erhalten. Dem Einzelbericht sind in Fotokopie die handschriftliche Verpflichtungserklärung des Klägers, der Bericht über die Werbung des Klägers vom 16. Juni 1973, eine Quittung vom 20. September 1974, zwei Tonbandabschriften des MfS (mündliche Berichte des IMS „P.”), fünf handschriftlich verfasste und mit dem Decknamen „P.” unterzeichnete Berichte sowie die Einschätzungen des IMS „P.” durch das MfS vom 11. März 1975 und; 30. Januar 1976 beigefügt.

Der Kläger hatte vom 21. April bis zum 9. Mai 1997 Urlaub. Für den 12. Mai 1997 wurde er durch die personalbearbeitende Dienststelle, die S.B. zu einem Personalgespräch geladen. In diesem Gespräch wurde der Kläger über den Einzelbericht des BStU informiert. Der Kläger bestätigte die Richtigkeit der ihm vorgelegten Unterlagen. Der Sachgebietsleiter II der S. B. wies den Kläger darauf hin, dass wegen der Tätigkeit für das MfS und der darüber im Personalbogen gemachten Falschangabe eine Weiterbeschäftigung unmöglich sei. Er zeigte dem Kläger als Möglichkeiten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die außerordentliche Kündigung oder die einvernehmliche Beendigung mit Ablauf des 31. Juli 1997 auf. Dem Kläger wurde bis zum 13. Mai 1997 Bedenkzeit eingeräumt. Am 13. Mai 1997 erschien der Kläger in der S. B. und unterschrieb den ihm angebotenen Auflösungsvertrag (Bl. 8 d. A.). Die Beklagte stellte ihn mit sofortiger Wirkung unter Fortzahlung der Bezüge von jeglicher Arbeitsleistung frei

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 28. August 1997 erklärte der Kläger gegenüber der die Beklagte vertretenden S. B. die Anfechtung des Auflösungsvertrages.

Die Beklagte erklärte mit Schreiben der S. B. vom 1. Oktober 1997 gegenüber dem Kläger die Anfecht...

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