Entscheidungsstichwort (Thema)

außerordentlicher Kündigung

 

Verfahrensgang

ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 15.05.1996; Aktenzeichen 7 Ca 271/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.02.1999; Aktenzeichen 8 AZR 550/97)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des beklagten Landes wird dasUrteil desArbeitsgerichts Halle vom15. Mai 1996 – 7 Ca 271/96 – abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung, die das beklagte Land unter Berufung auf Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 Ziff. 2 der Anlage I zum Einigungsvertrag (künftig: Abs. 5 Ziff. 2 EV) ausgesprochen hat.

Der am … 1957 geborene Kläger ist Diplomingenieurpädagoge. Er war als Berufsschullehrer seit dem 15. August 1977 an der Betriebsberufsschule des VEB … (VEB …) und seit dem 1. August 1984 an der Betriebsberufsschule des VEB … in F. tätig. Rechtsträger diese Berufsschule ist seit dem 1. Juli 1991 das beklagte Land. Seit dem 1. Juli 1991 ist der Kläger auch bei dem beklagten Land als vollbeschäftigte Lehrkraft im Angestelltenverhältnis auf unbestimmte Zeit beschäftigt. Seine Tätigkeit ist mit Wirkung vom 1. August 1995 in die Vergütungsgruppe IIa BAT-O eingruppiert. Seine monatlichen Bezüge beliefen sich zuletzt auf 6.000,00 DM brutto.

Am 25. September 1991 gab der Kläger im Personalbogen unter Ziffer 16. an, kein Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (künftig: MfS) oder des Amtes für Nationale Sicherheit gewesen zu sein. Ebenfalls am 25. September 1991 unterzeichnete er die Anlage 3 zum Personalbogen, die unter Ziffer 1. als Antwort auf die Frage, „haben Sie jemals offiziell oder informell, hauptamtlich oder in anderer Art und Weise mit dem ehemaligen Ministerium für Staatssicherheit/Nationale Sicherheit zusammengearbeitet, wenn ja, in welcher Weise, wann, wo”, die Antwort des Klägers enthält, „allgemeine Auskünfte über Lehrlinge mit militärischer Laufbahn”.

Am 9. September 1992 verneinte der Kläger im Zusammenhang mit der Anerkennung von Vordienstzeiten ein weiteres Mal schriftlich, in irgendeiner Form für das Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit (einschließlich der Verpflichtung zur informellen/inoffiziellen Mitarbeit) tätig gewesen zu sein.

Mit Schreiben vom 17. Juli 1995, das das beklagte Land im Juli 1995 erhielt, teilte der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Außenstelle Berlin, (nachfolgend: BStU) mit, aus den bisher erschlossenen Unterlagen ergäben sich Hinweise auf eine Tätigkeit des Klägers für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR, und zwar als Gesellschaftlicher Mitarbeiter für Sicherheit (GMS) unter Verwendung des Decknamens „…” im Zeitraum vom 25. März 1980 bis 24. Juni 1981 im Bereich der Betriebsberufsschule des VEB … Die Personal- und Arbeitsakte umfasse 83 Seiten, enthalte 11 Treffberichte der Führungsoffiziere und 12 handschriftliche, mit Decknamen unterzeichnete Berichte des GMS. Der Kläger habe über die ideologische Situation unter den Jugendlichen, Stimmungen und Meinungen zu aktuellen politischen Ereignissen berichtet und Personeneinschätzungen von Lehrerkollegen vorgenommen. Die Kreisdienststelle B. des MfS habe die inoffizielle Mitarbeit mit dem Kläger eingestellt, nachdem der medizinische Dienst der BV H. am 26. Mai 1981 mitgeteilt gehabt habe, daß der Kandidat aus gesundheitlichen Gründen nicht als operativer Mitarbeiter eingestellt werden könne. Ziel der inoffiziellen Mitarbeit sei es gewesen, die Eignung des Klägers zu prüfen und ihm zugleich Kenntnisse für die spätere Tätigkeit im MfS zu vermitteln.

Dem Einzelbericht sind unter anderem Fotokopien verschiedener, mit dem Namen „…” unterzeichneter handschriftlich verfaßter Berichte, einer Quittung über den Erhalt von 50,00 M für gute Auftragserfüllung sowie über 95,00 DM zwecks Erstattung der bei der Auftragserfüllung entstandener Unkosten und der handschriftlichen Verpflichtungserklärung des Klägers vom 25. März 1980 beigefügt. Letztere hat folgenden Wortlaut (Bl. 49 d. A): „Verpflichtung

Ich, B. H. geb. am … 1953, verpflichte mich, das Ministerium für Staatssicherheit im Kampf zur Gewährleistung der Sicherheit unseres soz. Staates u. zur Erhaltung des Friedens zu unterstützen. Ich bin mir bewußt, daß ich damit eine verantwortungsvolle Aufgabe übernehme u. werde die mir übertragenen Aufgaben zuverlässig, ehrlich u. unter Einsatz aller meiner Möglichkeiten realisieren. Ich wurde belehrt, daß ich über die Zusammenarbeit mit dem MfS sowie über alle Fakten u. Zusammenhänge, von denen ich in der Zusammenarbeit Kenntnis erhalte, strengstes Stillschweigen gegenüber jedermann zu wahren habe. In Wahrung der Konspiration u. zu meiner eigenen Sicherheit wähle ich mir den Decknamen B. H..

Am 12. Oktober 1995 wurde der Kläger vor dem zuständigen Personalausschuß für Lehrerpersonalien zu seiner für das MfS geleisteten Tät...

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