Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Altersteilzeit. Rentenbezugsmöglichkeit. Schwerbehinderte
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 9 Abs. 2 des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeit endet das Arbeitsverhältnis automatisch, wenn der Arbeitnehmer eine Rente wegen Alters ohne Inkaufnahme von Abschlägen in Anspruch nehmen könnte. Dies gilt auch für Schwerbehinderte.
Normenkette
Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit § 9 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Magdeburg (Urteil vom 20.03.2002; Aktenzeichen 12 Ca 4759/01) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 20.03.02 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses nach Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung.
Die am 23.11.1944 geborene Klägerin ist seit 04.06.1968 als Erzieherin im Jugendamt der Stadtverwaltung der Beklagten tätig. Nach dem dem Gericht vorgelegten Schwerbehindertenausweis ist die Klägerin ab 23.11.1999 mit einem Grad der Behinderung von 50 % als Schwerbehinderte anerkannt. Der Ausweis ist gültig bis einschließlich Februar 2005.
Am 16.07.1999 unterzeichneten die Parteien einen Vertrag über Altersteilzeit als Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 04.06.1968, der mit Vertrag vom 28.12.1999 und mit Vertrag vom 06.04.2000 geändert bzw. ergänzt wurde. Wegen des Inhalts des Vertrages vom 16.07.1999 wird auf Bl. 13 u. 14 d.A., wegen des Inhalts des Vertrages vom 28.12.1999 wird auf Bl. 15–19 d.A. und wegen des Nachtrages zum Vertrag für Altersteilzeit vom 11.04.2000 wird auf Bl. 18 d.A. Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 20.03.2001 (Bl. 19 d.A.) hat die Beklagte die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie bereits ab 01.12.2004 eine ungekürzte Rente als Schwerbehinderte beanspruchen könne und dass damit das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.11.2004 ende. Die Klägerin hat hierauf mit Schreiben vom 05.05.2001 (Bl. 20 d.A.) darauf erwidert und eine Korrektur des abgeschlossenen Vertrages bezüglich des Endzeitpunktes abgelehnt. Mit Schreiben vom 08.10.2001 (Bl. 21 u. 22 d.A.) hat die Beklagte unter Hinweis auf § 9 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit (im Folgenden: TV ATZ) mitgeteilt, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 30.11.2004 ausscheide.
Die Klägerin beruft sich darauf, dass ihr als schwerbehinderter Mensch das Wahlrecht zustehe, frühzeitig Altersrente zu beziehen, dass sie hierzu aber nicht verpflichtet sei.
Mit Klageschriftsatz vom 23.10.2001, beim Arbeitsgericht Magdeburg am selben Tage eingegangen, hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 31.10.2009 fortbesteht.
Die Beklagte trägt vor:
Kraft beiderseitiger Tarifbindung seien nicht nur die Vorschriften des BAT-O. sondern auch die des TV ATZ, insbesondere § 9 TV ATZ, anzuwenden.
Darüber hinaus hatten die Parteien in § 5 der streitgegenständlichen Verträge ausdrücklich auf die Regelung des § 9 Abs. 2 TV ATZ verwiesen.
Die Klägerin könne aufgrund der durch Artikel 1, § 2 Nr. 3 des Gesetzes zur Korrektur in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 mit Wirkung vom 1. Januar 2001 erfolgte Neufassung des § 236 a SGB VI ab 1. Dezember 2004 die Altersrente ohne Rentenabschlag für Schwerbehinderte erhalten. Verlagere sich somit bei Arbeitnehmern aufgrund des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte der frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem eine abschlagsfreie Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige in Anspruch genommen werden könne, nach vorne, so verlagere sich auch der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 9 Abs. 2 a TV TAZ ebenfalls vor. Für eine im Blockmodell vereinbarte Altersteilzeitarbeit bedeute dies, dass die Vereinbarung über die Lage der Arbeitsphase und der Freistellungsphase der neuen gesetzlichen Situation angepasst werden müsse. Ein Wahlrecht der Klägerin bestehe daher nicht.
Mit Urteil vom 20.03.2002, der Klägerin am 28.03.2002 zugestellt, hat das Arbeitsgericht Magdeburg die Klage abgewiesen, der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Wert des Streitgegenstandes auf 6.505,17 EUR festgesetzt.
Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts richtet sich die am Montag, dem 29.04.2002 eingelegte und am 28.06.2002 begründete Berufung der Klägerin, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.06.2002 verlängert wurde.
Im Wesentlichen beruft sich die Klägerin darauf, dass die tarifliche Regelung des § 9 Abs. 2 TV ATZ die individuelle Vereinbarung über den Beendigungszeitpunkt nicht verändern könne. Im Übrigen werde die Bestimmung des § 236 a SGB VI (Altersrente für Schwerbeschädigte) nicht durch § 9 Abs. 2 TV ATZ erfasst, da die tarifliche Regelung nur eine konstitutive und damit s...