REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN NEIN

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

PKH-Gebühren auch für außergerichtlichen Vergleich

 

Leitsatz (amtlich)

Der im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt erhält für seine Mitwirkung an einem außergerichtlichen, den Rechtsstreit beendenden Vergleich die Vergleichsgebühr aus der Staatskasse erstattet, sofern bereits rechtshängige Ansprüche (mit PKH-Gewährung) verglichen werden (im Anschluß an LAG Berlin, Beschluß von 20.10.1993 – 2 Ta 7/93 – – Kost –).

 

Normenkette

BRAGO § 23 I, § 37 Nr. 2, §§ 121, 128; ZPO § 119

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 06.10.1993; Aktenzeichen 1 Ca 970/93)

 

Tenor

wird auf die als Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers der Kostenfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Lübeck vom 6. Oktober 1993 teilweise abgeändert und der Rechtspfleger des Arbeitgerichts Lübeck angewiesen, die Vergleichsgebühr ebenfalls mit festzusetzen.

 

Tatbestand

I.

Der im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnete Prozeßbevollmächtigte des Klägers begehrt die Festsetzung einer Gebühr aus der Landeskasse für die Mitwirkung bei dem Zustandekommen eines außergerichtlichen Vergleiches. Der Rechtspfleger hat im Vergütungsfestsetzungsverfahren insoweit die im Festsetzungsantrag geltend gemachte Vergleichsgebühr nicht anerkannt. Der hiergegen von dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers eingelegten Erinnerung hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 128 Abs. 4 S. 1 BRAGO zulässig, der Beschwerdewert übersteigt 100,– DM.

Die Beschwerde ist auch begründet. Die Vergleichsgebühr gemäß § 23 BRAGO ist ebenfalls mit festzusetzen.

Die Frage, ob dem im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt für die Mitwirkung bei dem Zustandekommen eines außergerichtlichen Vergleichs die Gebühr des § 23 Abs. 1 BRAGO aus der Staatskasse zu vergüten ist, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Gegen eine Erstattungsfähigkeit wird vor allem eingewandt, § 121 BRAGO bestimme, daß nur solche Tätigkeiten erstattungsfähige Gebühren auslösen könnten, die „in Verfahren vor Gerichten” erfolgten. Dies sei aber bei der Mitwirkung bei dem Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs nicht der Fall. Es könne nicht der Rechtsmacht der Parteien unterliegen, ohne Mitwirkung des Gerichts Ansprüche gegen die Staatskasse zu begründen. Eine Einflußnahmemöglichkeit des Gerichts auf Grund und Höhe derartiger Ansprüche müsse bestehen. Nur dadurch werde sichergestellt, daß ohne weitere Nachprüfung festgestellt werden könne, welchen Umfang die Tätigkeit des Rechtsanwalts gehabt habe und ob sie sich im Rahmen des § 122 BRAGO gehalten hätte (vergl. dazu etwa: LAG Berlin v. 06.10.1988 – 1 Ta 85/88 –; OLG Frankfurt, Rechtspfleger 1987, 433; Schneider, Rechtspfleger 1988, 84; LAG Rheinland-Pfalz v. 08.07.1987 – 1 Ta 150/87 –).

Anders lautende Entscheidungen sind der Auffassung, § 121 BRAGO lege lediglich fest, daß die gesetzliche Vergütung zu zahlen sei, hierzu gehöre nach § 23 Abs. 1 BRAGO auch die Gebühr für die Mitwirkung bei dem Abschluß eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs. Damit würde auch dem Gebot der Waffengleichheit Rechnung getragen. Im übrigen sei der außergerichtliche Vergleich häufig kostengünstiger und zweckmäßiger (vergl. dazu: LAG Berlin v. 20.10.1993 – 2 Ta 7/93 –; Zöller/Philippi, ZPO, 18. Auflage § 119 Rd-Nr. 25 jeweils mit weiteren Nachweisen).

Der letzteren Auffassung ist der Vorzug zu geben. Das Gebührenrecht ist tatbestandsmäßig genau erfaßtes Gesetzesrecht. Gebühren können nur entstehen, wenn der Tatbestand einer Gebührenvorschrift erfüllt ist. In gleicher Weise muß sich ihr Ausschluß ebenfalls eindeutig aus dem Gesetz ergeben. § 121 BRAGO regelt weder das Entstehen noch den Ausschluß von einzelnen Gebührentatbeständen. Die Bestimmung betrifft nur die Frage, welche Kasse die Gebühren des beigeordneten Rechtsanwalts zu erstatten hat. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes. Der Begriff „in Verfahren vor Gerichten” ist nicht isoliert zu betrachten, sondern muß mit den folgenden Worten „des Bundes” bzw. „eines Landes” zusammen gesehen werden. Das Gesetz regelt nicht, daß Gebühren nur für Tätigkeiten erstattet werden sollen, die vor einem Gericht, also in einem unmittelbaren gerichtlichen Verfahren entstanden sind, erstattet werden sollen, sondern legt lediglich den jeweiligen Kostenschuldner fest. Dies ergibt sich auch aus der amtlichen Überschrift zu der Bestimmung.

§ 121 BRAGO enthält damit keinen eigenständigen gebührenrechtlichen Tatbestand, vielmehr sind die allgemeinen gebührenrechtlichen Bestimmungen, die das Entstehen einer Gebühr regeln, auch im Rahmen des Prozeßkostenhilfeverfahrens anwendbar. Dem entspricht es auch, daß das Prozeßkostenhilferecht den beigeordneten Rechtsanwalt in jeder Hinsicht mit dem Rechtsanwalt, der nicht im Rahmen der Prozeßkostenhilfe beigeordnet ist, gleichste...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?