Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe bei außergerichtlichem Vergleich
Leitsatz (amtlich)
Der im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt erhält für seine Mitwirkung an einem außergerichtlichen, den Rechtsstreit beendenden Vergleich die Vergleichsgebühr aus der Staatskasse erstattet.
Normenkette
BRAGO §§ 121, 37 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Beschluss vom 24.08.1993; Aktenzeichen 46 AR 17/93) |
Tenor
Die Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Berlin vom 24. August 1993 – 46 AR 17/93 – wird zurückgewiesen.
Gründe
Der im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordnete Prozeßbevollmächtigte des Klägers begehrt die Festsetzung einer Gebühr aus der Landeskasse für die Mitwirkung bei dem Zustandekommen eines außergerichtlichen Vergleiches. Die Rechtspflegerin hat im Vergütungsfestsetzungsverfahren insoweit die im Festsetzungsantrag geltend gemachte Vergleichsgebühr nicht anerkannt. Auf die hiergegen von dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers eingelegte Erinnerung hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluß die aus der Landeskasse zu erstattenden Gebühren auf weitere 467,40 DM festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landesarbeitsgericht Berlin, mit der die Abänderung der Entscheidung der Kostenkammer und die Wiederherstellung der Entscheidung der Rechtspflegerin beantragt wird.
Die Beschwerde ist gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 BRAGO zulässig, der Beschwerdewert übersteigt 100,– DM.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Die Frage, ob dem im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordneten Anwalt für die Mitwirkung bei dem Zustandekommen eines außergerichtlichen Vergleichs die Gebühr des § 23 Abs. 1 BRAGO aus der Staatskasse zu vergüten ist, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Gegen eine Erstattungsfähigkeit wird hauptsächlich eingewandt, daß § 121 BRAGO bestimme, daß nur solche Tätigkeiten erstattungsfähige Gebühren auslösen könnten, die „in Verfahren vor Gerichten” erfolgten. Dies sei aber bei der Mitwirkung bei dem Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs nicht der Fall. Es könne nicht der Rechtsmacht der Parteien unterliegen, ohne Mitwirkung des Gerichts Ansprüche gegen die Staatskasse zu begründen. Eine Einflußnahmemöglichkeit des Gerichts auf Grund und Höhe derartiger Ansprüche müsse bestehen. Nur dadurch werde sichergestellt, daß ohne weitere Nachprüfung festgestellt werden könne, welchen Umfang die Tätigkeit des Anwalts gehabt habe und ob sie sich im Rahmen des § 122 BRAGO gehalten hätte (vgl. dazu im einzelnen: LAG Berlin vom 6.10.1988 – 1 Ta 85/88 (Kost) –; OLG München, JurBüro 1991, 945 f.; OLG Bamberg, JurBüro 1991, 820; OLG Frankfurt, Rechtspfleger 1987, 433; LG Marburg, JurBüro 1993, 230 f.; Mümmler, JurBüro 1993, 231; 1990, 1629; 1988, 29; Schneider, Rechtspfleger 1988, 84 jeweils m.w.N.).
Die Gebühr für den außergerichtlichen Vergleich wird demgegenüber für erstattungsfähig gehalten, § 121 BRAGO lege lediglich fest, daß die gesetzliche Vergütung zu zahlen sei, hierzu gehöre nach § 23 Abs. 1 BRAGO auch die Gebühr für die Mitwirkung bei dem Abschluß eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleiches. Damit würde auch dem Gebot der Waffengleichheit Rechnung getragen. Im übrigen sei der außergerichtliche Vergleich nicht selten kostengünstiger und zweckmäßiger (dazu näher: BGH LM Nr. 1 zu § 121 BRAGebO; LAG Düsseldorf, JurBüro 1991, 1501 f.; OLG Hamburg, JurBüro 1991, 377; Zöller/Philippi, ZPO, 18. Auflage § 119 Rz. 25 jeweils m.w.N.).
Das Gebührenrecht ist tatbestandsmäßig genau erfaßtes Gesetzesrecht. Gebühren können nur entstehen, wenn der Tatbestand einer Gebührenvorschrift erfüllt ist. In gleicher Weise muß sich ihr Ausschluß ebenfalls eindeutig aus dem Gesetz ergeben. § 121 BRAGO regelt weder das Entstehen noch den Ausschluß von einzelnen Gebührentatbeständen. Die Bestimmung betrifft nur die Frage, welche Kasse die Gebühren des beigeordneten Rechtsanwaltes zu erstatten hat. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Gesetzes. Der Begriff „in Verfahren vor Gerichten” ist nicht isoliert zu betrachten, sondern muß mit den folgenden Worten „des Bundes” bzw. „eines Landes” zusammen gesehen werden. Das Gesetz regelt nicht, daß Gebühren nur für Tätigkeiten erstattet werden sollen, die vor einem Gericht, also in einem unmittelbaren gerichtlichen Verfahren entstanden sind, erstattet werden sollen, sondern legt lediglich den Kostenschuldner fest. Dies ergibt sich auch aus der amtlichen Überschrift zu der Bestimmung. Auch danach betrifft die Bestimmung des § 121 BRAGO nur die Frage der „Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse”. § 121 BRAGO enthält damit keinen eigenständigen gebührenrechtlichen Tatbestand, vielmehr sind die allgemeinen gebührenrechtlichen Bestimmungen, die das Entstehen einer Gebühr regeln, auch im Rahmen des Prozeßkostenhilfeverfahrens anwendbar. Dem entspricht es auch, daß das Prozeßkostenhilferecht den beigeordneten Rechtsanwalt in jeder Hinsicht mit dem Rechtsanwalt, der nicht im Rahmen der Pr...