Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsanspruch. Vertrauensvolle Zusammenarbeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Arbeitgeber kann sich im Rahmen eines deliktischen Unterlassungsanspruchs gegen den Betriebsrat nicht auf Persönlichkeitsrechte seiner Arbeitnehmer berufen. Individualrechte Dritter können im Beschlussverfahren vom Arbeitgeber nicht stellvertretend geltend gemacht werden.
2. Ein sachlich abgefasster Aushang des Betriebsrats, in dem dieser darauf hinweist, dass der Arbeitgeber mitbestimmungswidrig den Verkauf von zollfreien Kantinenwaren eingeschränkt hat und dies durch ein arbeitsgerichtliches Verfahren geklärt und abgewehrt wurde, ist kein Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit gem. § 2 Abs. 1, § 74 Abs. 2 BetrVG und zwar selbst dann, wenn die für den Arbeitgeber handelnde Personalleitung namentlich genannt wird.
Normenkette
BetrVG § 2 Abs. 1, § 74 Abs. 2; BGB §§ 1004, 823; GG Art. 5 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 11.12.2008; Aktenzeichen See 3 BV Ga 137 c/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 11.12.2008 – See 3 BVGa 137 c/08 – abgeändert:
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten aus Anlass eines Betriebsrats-Infos um das Bestehen eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruches der Arbeitgeberin.
Die Antragstellerin ist eine Reederei. Sie unterhält an Bord ihrer Fährschiffe – der MS N. und der MS R. – Crew-Kantinen, in denen die Besatzungsmitglieder unter anderem Tabakwaren, alkoholische Getränke und Süßwaren zollfrei zum eigenen Verzehr kaufen können.
Antragsgegner ist der bei ihr gebildete Betriebsrat.
Ende September/Anfang Oktober 2008 stellte die Zollfahndung beim langjährigen Besatzungs- und Betriebsratsmitglied M. bei der Durchsuchung seines PKW und anschließender Hausdurchsuchung 60 Stangen zollfreie Zigaretten und diverse Flaschen hochprozentigen Alkohol sicher. Daraufhin hat die Antragstellerin durch ihre Personalleiterin, Frau S., ohne Beteiligung des Betriebsrats die Abgabe von zollfreien Zigaretten reduziert und den Verkauf von Starkalkohol abgeschafft. Hierauf reagierte der Betriebsrat mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 28.10.2008 zur Regelung und Sicherung seiner diesbezüglichen Mitbestimmungsrechte. Die Betriebsparteien haben sich insoweit im Rahmen eines Vergleiches vom 06.11.2008 unter anderem darauf verständigt, alsbald in Verhandlungen zur Regelung des Kantinenverkaufs an Besatzungsmitglieder einzutreten.
Mit Datum vom 17.11.2008 hat die Antragstellerin beim Antragsgegner die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitgliedes M. erbeten. Die Zustimmung wurde am 20.11.2008 verweigert. Am 22.11.2008 hat die Antragstellerin das Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet. Es ist unter dem Aktenzeichen 3 BV 116 c/08 beim Arbeitsgericht Lübeck anhängig.
Am 25.11.20008 setzte der Betriebsrat das streitbefangene Betriebsratsinfo auf. Es hat folgenden Wortlaut:
„Die unendliche Geschichte
Die Reederei plant erneut einen Angriff auf die Vergünstigungen der Beschäftigten zum zollfreien Einkauf in der Kantine.
Dazu sollte man wissen, das bei der …-Line der Verkauf von Kantinenwaren 1984 erstreikt worden ist. Seit diesem Zeitpunkt wird von der Reederei in regelmäßigen Abständen immer wieder versucht dieses Streikergebnis rückgängig zu machen und die Kantine zu schließen. Der erneute Versuch von Frau S. den Verkauf von Kantinenwaren einzuschränken ist vorerst abgewehrt worden.
Die Betriebsparteien haben sich in einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht verpflichtet in Gesprächen nach einer einvernehmlichen Regelung zu suchen.
Sollte dieses nicht gelingen wird ein Einigungsstellenverfahren durchgeführt.
Wenn es in dieser Einigungsstelle zu keinem akzeptablen Ergebnis für die Beschäftigten kommt, wird sich der Betriebsrat an die Tarifvertragspartei ver.di wenden, mit dem Ziel, den Verkauf von Kantinenwaren in einem firmenbezogenen Verbandstarifvertrag erneut zu regeln.
Kündigung eines Betriebsratsmitglieds.
Frau S. will das langjährige Betriebsratsmitglied St. M. fristlos kündigen. Dieser hat als Betriebsratsmitglied einen besonderen Kündigungsschutz, der es nicht zulässt, ohne Zustimmung des Betriebsrats, eine fristlose Kündigung auszusprechen.
Der Betriebsrat hat dieser fristlosen Kündigung nicht zugestimmt. Grund des Widerspruchs des Betriebsrats ist nicht ein Zollvergehen zu beschönigen, sondern, dass dieses Zollvergehen nicht mit einer Verletzung von arbeitsvertraglichen Verpflichtungen im Zusammenhang steht. Nur bei einer groben Verletzung von arbeitsvertraglichen Verpflichtungen ist eine fristlose Kündigung möglich.
Frau S. will jetzt den Widerspruch des Betriebsrats mit einer Klage beim Arbeitsgericht ersetzen lassen.
Der Betriebsrat hat den Eindruck, dass es hier nur darum geht ein langjähriges aktives Betriebsratsmitglied los zu werden.”
(Anlage AST 3 – Bl. 19 d. A.)
Am 26.11.2008 fanden erst...