Entscheidungsstichwort (Thema)
Erforderlichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine Lohnklage. Sofortige Beschwerde. Prozesskostenhilfe. Erfolgsaussicht. Rechtsanwaltsbeiordnung. Erforderlichkeit. Lohnklage. einfach gelagerter Fall
Leitsatz (amtlich)
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Sinne von § 121 Abs. 2 ZPO dann nicht erforderlich, wenn der Kläger abgerechnete oder einfach zu berechnende Vergütungsansprüche klagweise geltend macht.
Etwas anderes gilt indessen dann, wenn die Parameter von noch nicht abgerechneten Zahlungsansprüchen zwischen den Parteien streitig sind, beispielsweise die Höhe des Tariflohnes oder die Anzahl der geleisteten Überstunden.
Normenkette
ZPO §§ 114, 121 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Beschluss vom 12.01.2011; Aktenzeichen 4 Ca 1430 b/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der zurückweisende Prozesshilfekostenbeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 12.01.2011 abgeändert und dem Kläger für seine erstinstanzlichen Anträge aus der Klagschrift vom 25.11.2010 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. S. beigeordnet.
Eine Ratenzahlung findet derzeit nicht statt.
Tatbestand
I.
Der Kläger hat im Hauptsacheverfahren folgende Anträge gestellt:
- die Beklagte zu verurteilen an den Kläger Lohn für September 2010 in Höhe von 1.401,84 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2010 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Lohn für Oktober in Höhe von 838,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2010 zu zahlen
und zugleich betragt, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessvertreters zu bewilligen. Mit der Ladungsverfügung hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass bei einfach zu berechnenden Zahlungsansprüchen – wie vorliegend – weder die Bewilligung von Prozesskostenhilfe noch eine Rechtsanwaltsbeiordnung in Betracht komme. Der Kläger hat sodann darauf hingewiesen, dass bereits außergerichtlich die Höhe des zugrunde zu legenden Stundenlohnes bzw. Tariflohnes (Gesellen- oder Helferlohn) streitig gewesen sei.
Das Hauptsacheverfahren wurde durch einen Prozessvergleich vom 10.01.2011 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO beendet. Hierin verpflichtete sich die Beklagte an den Kläger für September EUR 1.366,40 brutto und für Oktober EUR 667,88 brutto zu zahlen.
Mit Beschluss vom 12.01.2011 wies das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers zurück.
Gegen diesen ihm am 19.01.2011 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 27.01.2011 beim Arbeitsgericht sofortige Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 28.01.2011 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese zur Entscheidung dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO an sich statthaft, fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässig.
Auch in der Sache selbst hat die sofortige Beschwerde Erfolg.
1. Ausweislich der zum PKH-Heft gereichten und vollständig ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst entsprechenden Belegen ist der Kläger nicht in der Lage, die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens auch nur ratenweise zu tragen.
2. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war dem Kläger unter Zugrundelegung des Vortrags in der Klagschrift für die Lohnklage Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 114 ZPO kommt es nicht auf die Erforderlichkeit, sondern auf die Erfolgsaussichten der Klage an. Gemäß § 114 Satz 1 ZPO ist der bedürftigen Partei Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Die Beklagte hatte nach dem Vortrag den Lohn für September und Oktober 2010 Ende November 2010 noch nicht gezahlt. Die Klage war auch nicht mutwillig. Der mit der Ladungsverfügung vom 30.11.2010 erteilte Hinweis und die dort zitierten Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein betreffen nicht die Frage der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO, sondern der Rechtsanwaltsbeiordnung nach § 121 Abs. 2 ZPO.
3. Es lagen auch die Voraussetzungen für eine Beiordnung nach § 121 Abs. 2 ZPO vor. Nach dieser Vorschrift wird der Partei ein bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Zwar hat das Arbeitsgericht Recht, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts die Beiordnung eines Anwalts nicht im Sinne von § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich ist, wenn ein Kläger abgerechnete oder einfach zu berechnende Vergütungsansprüche geltend macht. Es ist einem Kläger in diesen Fällen grundsätzlich zuzumuten, die Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts in Anspruch zu nehmen und den Gütetermin abzu...