Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bei sog. sic-non-Fällen
Leitsatz (redaktionell)
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist schon eröffnet, wenn es sich bei den Tatsachen, die im Zusammenhang mit der Frage der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers entscheidungserheblich sind, um sogenannte doppelrelevante Tatsachen handelt.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b; GVG § 17a Abs. 3-4
Verfahrensgang
ArbG Flensburg (Entscheidung vom 01.12.2011; Aktenzeichen 3 Ca 1057/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Flensburg vom 01.12.2011 - 3 Ca 1057/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug über die Zulässigkeit des Rechtswegs.
Der Kläger erhob am 20.09.2011 beim Arbeitsgericht Klage mit folgenden Anträgen:
1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bis zum 30.06.2012 fortbesteht.
3. Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger als Fußballtrainer seiner ersten Herrenmannschaft zu beschäftigen.
Der Beklagte meint, zwischen den Parteien bestehe kein Arbeitsverhältnis. Der Kläger sei auf der Grundlage eines Honorarvertrags als Fußballtrainer tätig gewesen.
Aufgrund der Rechtswegrüge des Beklagten hat das Arbeitsgericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 01.12.2011 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt.
Gegen diesen ihm am 12.12.2011 zugestellten Beschluss hat der Beklagte am 14.12.2011 sofortige Beschwerde eingelegt und sich zur Begründung auf seinen bisherigen Vortrag berufen.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Nichtabhilfebeschluss vom 12.01.2012, Bl. 41 f. d. A.) und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. 1. Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthaft. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt worden, § 78 ArbGG, §§ 567, 569 ZPO.
2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist für die Klage gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 3 ArbGG eröffnet. Es handelt sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis. Insbesondere ist der Beklagte als Arbeitgeber und der Kläger als Arbeitnehmer anzusehen. Die entsprechende Rechtsbehauptung des Klägers, Arbeitnehmer des Beklagten zu sein, reicht im vorliegenden Fall ausnahmsweise für die Bejahung der Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen aus.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist bereits deswegen eröffnet, weil es sich bei den Tatsachen, die im Zusammenhang mit der Frage der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers entscheidungserheblich sind, um sogenannte doppelrelevante Tatsachen handelt. Das Arbeitsgericht ist zutreffend von einem sogenannten sic-non-Fall ausgegangen. Die Klage kann mit allen drei Anträgen nur dann Erfolg haben, wenn zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Kläger begehrt im erstinstanzlichen Erkenntnisverfahren Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht sowie dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bis zum 30.06.2012 fortbesteht. Wenn der Arbeitnehmer die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses begehrt, liegt stets ein sic-non-Fall vor (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 06.10.2008 - 10 Ta 163/08). Sowohl die Entscheidung über den Rechtsweg als auch die Begründetheit der Klage hängt von der Frage der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers ab. Mit diesen beiden Anträgen kann der Kläger nur dann Erfolg haben, wenn er in einem Arbeitsverhältnis zum Beklagten steht. Nichts anderes gilt für den mit dem Antrag zu 3. verfolgten Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung. Ein derartiger Beschäftigungsanspruch ist nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses anerkannt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 15.11.2010 - 3 Ta 225/10 -; LAG Köln 16.06.2010 - 5 Ta 164/10 -).
In Fällen der Doppelrelevanz ist von der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auszugehen. Die Frage, ob der Kläger tatsächlich Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter ist, ist im Erkenntnisverfahren vor dem Arbeitsgericht im Rahmen der Sachentscheidung zu prüfen und zu entscheiden.
3. Der Beklagte hat die Kosten seiner erfolglosen sofortigen Beschwerde zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Gegen diesen Beschluss ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben.
Fundstellen