Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert - Zustimmungsersetzung
Leitsatz (redaktionell)
Der Streitwert im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren wegen Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur beabsichtigten Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes ist regelmäßig in der Höhe des Regelgegenstandswertes des § 8 BRAGebO von 8.000,-- DM festzusetzen, es sei denn, es liegt ein überdurchschnittlicher Umfang und eine besondere Bedeutung der Sache vor. Das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 Abs 2 BetrVG kann als nichtvermögensrechtliche Streitigkeit nicht analog nach § 12 Abs 7 ArbGG bewertet werden, denn diese Bewertungsvorschrift ist ausschließlich auf vermögensrechtliche Verfahrensgegenstände zugeschnitten.
Tenor
Im Beschwerdeverfahren wird der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren auf 8.000,00 DM und für den in dem Beschwerdeverfahren abgeschlossenen Vergleich auf 45.888,00 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten haben im Beschlußverfahren über die vom Betriebsrat verweigerte Ersetzung der Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 3. gestritten. Das Beschlußverfahren ist durch den gerichtlichen Vergleich vom 21. Februar 2000 dahin beendet worden: 1. Die Beteiligten sind sich darin einig, daß das Beschäftigungsverhältnis mit dem Beteiligten zu 3 ungekündigt fortbesteht und die in Aussicht genommene Kündigung nicht durchgeführt werden soll. 2. Die Beteiligte zu 1 vergütet den Beteiligten zu 3 mit Wirkung vom 1. März 2000 bei einer zugleich erfolgenden Umsetzung in die Bettenzentrale nach der Lohngruppe 2a bei Zahlung einer Zulage in Höhe des zur Zeit vorhandenen Unterschiedsbetrages zur Lohngruppe 6a. Die tariflichen Lohnerhöhungen werden jeweils mit der Zulage verrechnet (Abschmelzung der Zulage). 3. Der Beteiligte zu 2 stimmt dem Vergleich zu.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 3. stellt Antrag auf Streitwertfestsetzung.
Entscheidungsgründe
Der Streitwert war zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 3. gem. §§ 8, 10 BRAGO festzusetzen.
1. Verfahrenswert: Die Bemessung des Streitwertes richtet sich nach dem Streitgegenstand. Das ist im Verfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes. Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Kündigung betrifft keine vermögensrechtlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, sondern nichtvermögensrechtliche, denn die Mitbestimmungsrechte bezwecken ausschließlich, daß der Arbeitgeber nicht mehr allein, sondern unter angemessener Beteiligung des Betriebsrats als Vertreter der Belegschaft Entscheidungen über das Verbleiben der Betriebsratsmitglieder im Betrieb aufstellt (vgl. LAG Schl.-Holst., Besch. v. 7. Juli 1986 - 4 Ta 93/86 -). Zur Bewertung des Gegenstandswertes darf, entgegen der Annahme vieler, nicht auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Rechte nach § 103 BetrVG abgestellt werden, denn Verfahrensgegenstand ist lediglich die Frage, ob der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung zustimmt. Die Kündigung selbst wird allenfalls vorbereitet. Die Kündigung kann Folgeergebnis der zu treffenden Entscheidung des Arbeitsgerichts sein, sie ist aber nicht Primärzweck der gesetzlichen Ordnung. Nur auf den Primärzweck kommt es dabei an, nämlich, die Kündigung des besonders geschützten Personenkreises des § 103 BetrVG nicht mehr autokratisch zu bestimmen, sondern die Belegschaft, vertreten durch den Betriebsrat, an der Verwirklichung einer Kündigungsabsicht zu beteiligen. Es geht um die Beteiligung des Betriebsrats in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht und nicht um die wirtschaftlichen Auswirkungen des durch die Zustimmung bzw. Zustimmungsersetzung ermöglichten Rechtsakts der Kündigung. Der abweichenden Literaturmeinung kann deshalb nicht gefolgt werden.
Das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG kann damit als nichtvermögensrechtliche Streitigkeit auch nicht analog mit § 12 Abs. 7 ArbGG bewertet werden; diese Bewertungsvorschrift ist ausschließlich auf vermögensrechtliche Verfahrensgegenstände zugeschnitten (ebenso zutreffend LAG Frankfurt, Beschl. v. 24. Oktober 1983 - 6 Ta 249/83 -; LAG Baden-Württemberg v. 15. Juni 1990 in JurBüro 1991, 62 ff.; a. A. Hillach-Rohs in Handbuch des Streitwerts in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, 9. Aufl. 1995, § 93 auf S. 467, der sich insbesondere auf LAG Hamm stützt, das wiederum auf Wenzel in DB 1977, 722-726 fußt). Der Hinweis auf die sogenannte präjudizielle Wirkung für Kündigungsverfahren und die Beteiligungseigenschaft des betreffenden Betriebsratsmitgliedes ändert nichts daran, daß es im Beschlußverfahren nur um die kollektive Mitwirkung des Betriebsrats an einer beabsichtigten Kündigung geht und nicht um den Streit um eine Kündigung. Das wird oft verkannt. Daher ist auch entgegen neuer Literatur wie Meier (Die Höhe des Streitwertes im Arbeitsrecht 1998...