Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Prozesskostenhilfe im Nachprüfungsverfahren bei grob nachlässig unterlassener Mitteilung einer Anschriftänderung
Leitsatz (amtlich)
Eine Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 4 ZPO i. V. m. § 120 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 ZPO wegen unterlassener Mitteilung der Änderung der Anschrift kommt nur dann in Betracht, wenn die Partei den Wohnortwechsel dem Gericht absichtlich oder aufgrund grober Nachlässigkeit gerade nicht "unverzüglich" angezeigt hat. Teilt der Arbeitnehmer die Adressenänderung aber weder dem Gericht noch seinem Prozessbevollmächtigten zu irgendeinem Zeitpunkt mit, sodass im Rahmen der Aufforderung zum Beginn der Ratenzahlungen die neue Anschrift der Partei erst durch ein behördliches Auskunftsersuchen 11 Monate nach dem erfolgten Umzug ermittelt werden muss, hat die Partei grob nachlässig ihre Mitteilungspflichten verletzt.
Normenkette
ZPO § 124 Abs. 1 Nr. 4, § 120a Abs. 2 S. 1 Alt. 1
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 22.06.2015; Aktenzeichen 2 Ca 276/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 22.06.2015, Az. 2 Ca 276/14, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung im Nachprüfungsverfahren.
Im Hauptsacheverfahren stritten die Parteien im Wesentlichen über die Rechtswirksamkeit einer Änderungskündigung. Das Hauptsacheverfahren wurde durch Prozessvergleich vom 25.03.2014 erledigt, der zum 12.04.2014 rechtswirksam wurde. Mit Beschluss vom 07.04.2014 bewilligte das Arbeitsgericht dem Kläger auf dessen Antrag hin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten unter einer Ratenzahlungsanordnung von monatlich 65,00 €. In der vom Kläger am 01.04.2014 ausgefüllten, unterschriebenen und zum PKH-Heft gereichten amtlichen Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde der Kläger unter lit K über die Rechtsfolgen einer nicht unverzüglich erfolgten Mitteilung einer Anschriftenänderung belehrt. Mit an den Kläger persönlich gerichteter Verfügung vom 30.03.2015 forderte das Arbeitsgericht den Kläger zur ratenweisen Begleichung der Prozesskosten in Höhe von insgesamt 2.040,22 € auf und setzte den Beginn der monatlichen Ratenzahlungen auf den 01.05.2015 fest. Diese Aufforderung kam mit dem postalischen Vermerk "Empfänger verzogen. Einwilligung zur Weitergabe der neuen Anschrift liegt nicht vor" zurück. Mit gerichtlichen Verfügungen vom 10.04.2015 und 04.05.2015 hat das Arbeitsgericht den Klägervertreter um Mitteilung der aktuellen Anschrift des Klägers gebeten. Mit Schriftsatz vom 18.05.2015 teilte dieser mit, dass ihm keine aktuelle Anschrift des Klägers vorliege und das Mandat auch nicht mehr bestehe.
Der Kläger wohnte bei Klagerhebung und bis zum 31.05.2014 in der O... Straße 48, 4... N.-V.... Ausweislich der vom Arbeitsgericht eingeholten Behördenauskunft der Gemeinde N.-V... vom 11.05.2015 ist der Kläger seit dem 01.06.2014 wohnhaft in K...weg 12, 4... D... . Diesen Umzug zeigte der Kläger dem Arbeitsgericht nicht an.
Mit Verfügung vom 21.05.2015 teilte das Arbeitsgericht dem Kläger mit, dass die Bewilligung der Prozesskostenhilfe wegen Verletzung der Mitteilungspflichten gemäß § 120a Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 ZPO aufgehoben werden könne und gewährte ihm zugleich eine Frist zur Stellungnahme bis zum 12.06.2015. Der Kläger hat diese Frist ungenutzt verstreichen lassen. Mit Beschluss vom 22.06.2015 hat das Arbeitsgericht die mit Beschluss vom 07.04.2014 erfolgte Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben, da der Kläger Entschuldigungsgründe für die unterlassene unverzügliche Mitteilung der Änderung seiner Anschrift nicht vorgebracht habe.
Gegen diesen ihm am 25.06.2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 03.07.2015 sofortige Beschwerde - ohne Begründung - beim Arbeitsgericht eingelegt. Der gerichtlichen Aufforderung vom 08.07.2015, die Beschwerde binnen drei Wochen zu begründen, ist der Kläger nicht nachgekommen. Mit Beschluss vom 10.08.2015 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
In einem vorangegangenen Beschwerdeverfahren hatte sich der Kläger bereits gegen die Ratenzahlungsanordnung zur Wehr gesetzt. Mit Beschluss vom 18.06.2014, Az. 5 Ta 72/14, wies das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde als unbegründet zurück. Mit Beschluss vom 15.09.2014 hatte das Arbeitsgericht seinen Antrag auf Abänderung der Ratenzahlungsanordnung gemäß § 120a Abs. 1 ZPO zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde wies das Beschwerdegericht mit Beschluss vom 08.12.2014 ebenfalls zurück. In diesen beiden vorangegangenen Beschwerdeverfahren teilte der Kläger zu keinem Zeitpunkt seine neue Anschrift mit.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat den die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss des Arbeitsgerichts vom 07.03.2014 z...