Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsgeld. Festsetzung. Zwangsvollstreckung. Beschlussverfahren. Festsetzung eines Ordnungsgeldes im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach § 23 Abs. 3 BetrVG
Leitsatz (amtlich)
Bei der Festlegung der Höhe des Ordnungsgeldes nach § 23 Abs. 3 BetrVG ist der Grad des Verschuldens des Arbeitgebers, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, ein möglicher wirtschaftlicher Erfolg, den der Arbeitgeber bei erneuter Nichtbeachtung des Mitbestimmungsrechts erzielen könnte und ein etwaiger wiederholter Verstoß gegen den Titel zu beachten. Das Ordnungsgeld muss geeignet sein, den Arbeitgeber zu betriebsverfassungsgemäßem Verhalten anzuhalten.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Beschluss vom 05.10.2011; Aktenzeichen 4 BV 69 b/08) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 13.10.2011 gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 05.10.2011 – 4 BV 69 b/08 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Festsetzung eines Ordnungsgeldes. Die Schuldnerin und Beschwerdeführerin (Arbeitgeberin) betreibt mehrere Kliniken, unter anderem eine Klinik in O.. Gläubiger und Beschwerdegegner ist der für die Klinik in O. gebildete Betriebsrat.
In der Vergangenheit leisteten Mitarbeiter der Klinik in O. Überstunden, ohne dass der Betriebsrat zugestimmt hatte. Ferner wurde eine zusätzliche Schicht eingeführt, ohne dass der Betriebsrat zuvor beteiligt worden war.
Auf Antrag des Betriebsrats untersagte das Arbeitsgericht Lübeck mit Beschluss vom 12.12.2008 der Arbeitgeberin gem. § 23 Abs. 3 BetrVG unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu EUR 10.000,00 für jeden Fall der Zuwiderhandlung,
„[…] – mit Ausnahme von Eil- und Notfällen im Sinne des § 2 der Betriebsvereinbarung über die Anordnung und das Mitbestimmungsrecht von Überstunden vom 16.08.2005 – [….], es anzuordnen oder zu dulden, dass Arbeitnehmer außerhalb von Arbeitszeiten arbeiten, die für sie in solchen Dienstplänen festgelegt sind, welchen der Betriebsrat zugestimmt hat oder hinsichtlich derer die Zustimmung des Betriebsrats durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.”
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Arbeitgeberin wies das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Beschluss vom 13.11.2009 zurück.
Auf Antrag des Betriebsrats verhängte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 21.01.2011 aufgrund von 784 Verstößen gegen die Unterlassungsanordnung aus dem Beschluss vom 12.12.2008 ein Ordnungsgeld in Höhe von insgesamt EUR 19.600,00. Für jeden Einzelfall wurde dabei ein Ordnungsgeld in Höhe von EUR 25,00 festgesetzt. Die Arbeitgeberin griff den Beschluss vom 12.12.2008 nicht an.
Im Monat Mai 2011 beschäftigte die Arbeitgeberin fünf ihrer Ärzte auf der Intensivstation, ohne dass der Betriebsrat dem Dienstplan vorher zugestimmt hatte. Die Beschwerdeführerin hatte die fehlende Zustimmung des Betriebsrates auch nicht durch die Einigungsstelle ersetzen lassen. Aus der Beschäftigung der fünf Ärzte an den jeweiligen Arbeitstagen im Mai ergaben sich insgesamt 50 Fälle.
Mit Beschluss vom 05.10.2011 hat das Arbeitsgericht Lübeck auf Antrag des Betriebsrats aufgrund dieser weiteren 50 Verstöße gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 BetrVG auf ein weiteres Ordnungsgeld in Höhe von insgesamt EUR 15.000,00 erkannt. Für jeden Verstoß hat das Gericht EUR 300,00 festgesetzt.
Gegen diesen ihr am 07.10.2011 zugestellten Beschluss wendet sich die Arbeitgeberin mit ihrer am 14.10.2011 per Fax und am 17.10.2011 im Original beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein eingegangenen sofortigen Beschwerde.
Die Arbeitgeberin meint, das Arbeitsgericht habe das Ordnungsgeld ermessensfehlerhaft festgesetzt. Ein Ordnungsgeld in Höhe von EUR 300,00 für jeden Fall der Zuwiderhandlung sei grob unverhältnismäßig. Unter Berücksichtigung der ersten Ordnungsgeldfestsetzung des Arbeitsgerichts Lübeck und der einschlägigen BAG-Rechtsprechung hätte allenfalls ein Ordnungsgeld von EUR 25,00 bis maximal EUR 102,00 festgesetzt werden dürfen. Das Arbeitsgericht habe insbesondere nicht hinreichend berücksichtigt, dass sie, die Arbeitgeberin, aus Gründen der Patientenfürsorge das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht hätte wahren können. Der Betrieb der Intensivstation könne nicht einfach bis zu einer Einigung mit dem Betriebsrat eingestellt werden. Auch eine Verlagerung des Intensivbetriebs auf eine andere Klinik sei nicht möglich, da sie, die Arbeitgeberin, sonst gegen ihre gegenüber dem Bundesland Schleswig-Holstein bestehende Verpflichtung zur Sicherstellung der Patientenversorgung verstoße. Zudem sei sie von dem allgemein bekannten Ärztemangel in besonderem Maße betroffen. Der Ärztemangel könne auch durch den Einsatz von Honorarärzten nicht ausreichend kompensiert werden. Gerade deswegen habe sie sich intensiv mit dem Betriebsrat um eine einvernehmliche Regelung der Dienstplangestaltung bemüht und bemühe sich weiterhin. Es gehe ihr gerade darum, einerseits eine ...