Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Gewerkschaftlicher Rechtsschutz als vermögenswertes Recht. Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme gewerkschaftlichen Rechtsschutzes. Prozesskostenhilfe für Gewerkschaftsmitglied
Leitsatz (amtlich)
1. Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts kann nicht bewilligt werden, wenn die antragstellende Partei Gewerkschaftsmitglied ist und ihr die Inanspruchnahme gewerkschaftlichen Rechtsschutzes zumutbar ist.
2. Die Vertretung durch einen Rechtssekretär des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes ist nicht schon deshalb unzumutbar, weil ein Mitarbeiter der Fachgewerkschaft bei Entgegennahme des Klageauftrags möglicherweise nicht die gebotene Sorgfalt hat walten lassen.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 30.04.2009; Aktenzeichen 1 Ca 77/09) |
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 20.04.2009; Aktenzeichen 1 Ca 77/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 30.04.2009 – 1 Ca 77/09 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Im Ausgangsverfahren wendet sich die Klägerin gegen eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch ihre Arbeitgeberin. Im Beschwerdeverfahren geht es um die Frage, ob der Klägerin für dieses Kündigungsschutzverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen ist.
Die Klägerin ist Mitglied einer zum Deutschen Gewerkschaftsbund gehörenden Gewerkschaft. Sie ist grundsätzlich berechtigt, den Rechtsschutz durch die DGB Rechtsschutz GmbH in Anspruch zu nehmen.
Am 09.01.2009 erhob die DGB Rechtsschutz GmbH vor dem Arbeitsgericht Lübeck namens und mit Vollmacht der Klägerin Klage gegen die ihr am 19.12.2008 zugegangene arbeitgeberseitige Kündigung. Im dritten Absatz der Klagebegründung ist ausgeführt, dass bei der Klägerin ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt worden ist, sie jedoch einen „Neufeststellungsantrag” gestellt hat, über den noch nicht bestandskräftig entschieden worden ist. Tatsächlich hatte die Klägerin einen Änderungsantrag am 17.11.2008 beim Landesamt für Soziale Dienste Schleswig-Holstein (Außenstelle Lübeck) gestellt (vgl. Bl. 48 ff. d. A.). Einen weiteren Änderungsantrag hat die Klägerin mit Datum 15.01.2009 gestellt (vgl. Bl. 52 ff. d. A.).
Im Gütetermin am 10.02.2009 wurde der Klägerin aufgegeben, zu ihrem Neufeststellungsantrag auf Zuerkennung einer Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von 50 weiter vorzutragen, insbesondere wann der Antrag beim Landesamt für soziale Dienste gestellt ist und ggf. wie er beschieden worden ist.
Mit Schriftsatz vom 12.03.2009 zeigten die die Klägerin nunmehr vertretenden Rechtsanwälte an, dass sie die Vertretung übernommen haben. Der DGB Rechtsschutz legte noch am 19.03.2009 den Bescheid des Landesamtes für Soziale Dienste Schleswig-Holstein vom 09.03.2009 vor, ausweislich dessen zu Gunsten der Klägerin ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt wird. Mit Schriftsatz vom 25.03.2009 teilte die DGB Rechtsschutz GmbH mit, dass sie die Klägerin nicht mehr vertritt.
Mit am 02.04.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt K. zu gewähren.
Diesen Antrag hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 30.04.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es zum einen darauf hingewiesen, dass die Klägerin einen satzungsgemäßen Anspruch auf Vertretung durch die DGB Rechtsschutz GmbH habe. Zum anderen habe die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Gegen den ihr am 07.05.2009 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Klägerin am 15.05.2009 Beschwerde eingelegt. Sie meint, die DGB Rechtsschutz GmbH hätte am Tag der Klageerhebung (08.01.2009) die Arbeitgeberin auf den beim Landesamt für Soziale Dienste gestellten Änderungsantrag hinweisen müssen. Ihr, der Klägerin, sei es nicht zuzumuten, sich von der DGB Rechtsschutz GmbH weiter vertreten zu lassen, die ein derartiges Versäumnis zu verschulden habe und möglicherweise im Wege des Regresses in Anspruch genommen werden müsse. Die Klage habe auch hinreichend Aussicht auf Erfolg, weil die in Rede stehende Frage höchstrichterlich nicht geklärt sei.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO i. V. m. § 78 ArbGG, §§ 567 ff. ZPO statthaft. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und zudem begründet. Auch im Übrigen erweist sie sich als zulässig.
In der Sache hat die sofortige Beschwerde jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Rechtsanwalts zu Recht zurückgewiesen, weil es der Klägerin zumutbar war, vorhandenes Vermögen einzusetzen. Dazu ist sie gemäß § 115 Abs. 2 ZPO verpflichtet.
1. Dem Prozesskostenrecht liegt der Gedanke der Subsidi...