Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts. Bindung an einen Verweisungsbeschluss
Leitsatz (redaktionell)
1. Gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO wird das zuständige Gericht durch das im Rechtszug nächsthöhere Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklären.
2. Grundsätzlich ist das Gericht, an das ein Rechtsstreit verwiesen wird, an diesen Beschluss gebunden. Dies gilt auch für fehlerhafte Beschlüsse. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Verweisungsbeschluss offensichtlich gesetzwidrig ist, d.h. eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich ist, es sich um eine Willkürentscheidung handelt, die Begründung fehlt oder kein rechtliches Gehör gewährt wurde.
Normenkette
ZPO §§ 12-13, 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2; GVG § 17a Abs. 2; ArbGG § 48 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Aktenzeichen 14 Ca 210/17) |
Tenor
Als örtlich zuständiges Gericht wird das Arbeitsgericht Neumünster bestimmt.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen behaupteter wettbewerbswidriger Handlungen in Anspruch.
Die Klägerin konstruiert unter anderem Aufzüge für Schiffe der Marine. Bei der vormaligen Beklagten zu 1. handelt es sich um ein Aufzugsunternehmen. Der vormalige Beklagte zu 2. und jetzige Beklagte ist ehemaliger Arbeitnehmer der Klägerin und seit Sommer 2012 bei der vormaligen Beklagten zu 1. beschäftigt.
Die Klägerin hat gegen beide Beklagte eine Klage auf Beseitigung, Unterlassung und Auskunft sowie die Feststellung zur Verpflichtung zum Schadensersatz vor dem Landgericht Lübeck erhoben. Nach einem Hinweis des Landgerichts auf die fehlende Zulässigkeit des Rechtswegs gegenüber dem vormaligen Beklagten zu 2. hat die Klägerin vor dem Landgericht einen Antrag auf Verweisung an das zuständige Arbeitsgericht gestellt und ausgeführt, sie meine, das Arbeitsgericht in Hamburg sei zuständig, da der Beklagte zu 2. dort bei der Klägerin beschäftigt gewesen sei.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 17.11.2016 hinsichtlich des Beklagten die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten verneint und den Rechtsstreit an das "zuständige Arbeitsgericht Kiel" verwiesen. Insoweit hat es zur Begründung ausgeführt, dass es sich um das nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG ausschließlich zuständige Arbeitsgericht Kiel handele.
Mit Verfügung vom 27.12.2016 hat das Arbeitsgericht Kiel darauf hingewiesen, dass für die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Kiel nichts ersichtlich sei. Nach dem Wohnsitz des Beklagten sei das Arbeitsgericht Neumünster zuständig. Hierauf hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 02.01.2017 mitgeteilt, sie habe keine Einwendungen gegen eine Verweisung der Sache an das Arbeitsgericht Neumünster. Der Beklagte hat zu der Verfügung keine Stellung genommen.
Mit Beschluss vom 09.01.2017 hat das Arbeitsgericht Kiel sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Arbeitsgericht Neumünster verwiesen.
Im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Neumünster am 18.04.2017 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, die Klägerin halte an dem vor dem Landgericht gestellten Verweisungsantrag an das Arbeitsgericht Hamburg fest.
Mit Beschluss vom 18.04.2017 hat das Arbeitsgericht Neumünster den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das "gemäß § 48 Abs. 1 a ArbGG zuständige" Arbeitsgericht Hamburg weiterverwiesen.
Mit Beschluss vom 02.05.2017 hat das Arbeitsgericht Hamburg die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt und die Akten dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Akte verwiesen.
II.
Auf die zulässige Vorlage des Arbeitsgerichts Hamburg ist das Arbeitsgericht Neumünster als örtlich zuständiges Arbeitsgericht zu bestimmen. Das Arbeitsgericht Hamburg ist an den Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster nicht gebunden. Dieses ist seinerseits an den Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Kiel gebunden. Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Die Vorlage des Arbeitsgerichts Hamburg ist gemäß den §§ 36 Abs. 1 Nr. 6 , Abs. 2 ZPO , 46 Abs. 2 ArbGG zulässig.
Gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO wird das zuständige Gericht durch das im Rechtszug nächst höhere Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
a) Hier haben sich das Arbeitsgericht Kiel durch Beschluss vom 09.01.2017, das Arbeitsgericht Neumünster durch Beschluss vom 18.04.2017 und das Arbeitsgericht Hamburg durch Beschluss vom 02.05.2017 für örtlich unzuständig erklärt. Die Nichtannahme des verwiesenen Rechtsstreits durch ein Gericht, wie dies das Arbeitsgericht Hamburg am 02.05.2017 beschlossen hat, ist als rechtskräftige Erklärung der eigenen Unzuständigkeit im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO anzusehen (Schwab/Weth, ArbGG, 4. Aufl., 2015, § 48, Rn 157).
b) Von diesen drei Arbeitsgerichten sind jedenfalls zwei örtlich für die Entscheidun...