Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung. Anspruch auf Entfernung aus der Personalakte. Streitwert

 

Leitsatz (amtlich)

Die Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte eines Arbeitnehmers ist vermögensrechtlicher Natur. Die Beschwerdekammer hält regelmäßig einen Streitwert in Höhe eines halben Monatseinkommens für jede Klageweise angegriffene Abmahnung für angemessen und ausreichend. Für die Bewertung kommt es allein auf das klägerische Interesse an der Entfernung der Abmahnung aus den Personalunterlagen und auf das gegenläufige Interesse des Arbeitgebers an, die Abmahnung als ernstgemeinte arbeitsrechtliche Sanktion und Vorstufe einer Kündigung aufrechterhalten zu wollen. Unerheblich für die Streitwertbemessung ist, ob die Abmahnung – aus Sicht des Gerichtes – überflüssig, rechtsgrundlos oder einfach zu entscheiden war. Ein „Regelsatz” in Höhe einer Monatsvergütung pro Abmahnung kann der Rechtsprechung bislang nicht entnommen werden.

 

Normenkette

ZPO § 3 ff.; GKG § 12 ff.

 

Verfahrensgang

ArbG Husum (Beschluss vom 21.01.1994; Aktenzeichen 2 Ca 736/93)

 

Tenor

wird auf die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten des Klägers der Beschluß des Arbeitsgerichts Husum vom 21. Januar 1994 teilweise abgeändert:

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist seit dem 01.04.1987 als Reisender bei der Beklagten beschäftigt. Seine Vergütung beträgt monatlich 4.276,– DM brutto.

Unter dem 27.08.1993, 02.09.1993 und 04.11.1993 erteilte die Beklagte dem Kläger schriftliche Abmahnungen. Wegen ihres Inhalts wird auf Bl. 6, 9 f. und 38 f. d. A. Bezug genommen.

Mit seiner Klage vom 14.09.1993 und der Klagerweiterung vom 10.01.1994 hat der Kläger die Entfernung der Abmahnungen aus seinen Personalunterlagen beantragt.

Durch gerichtlichen Vergleich vom 13. Januar 1994 haben die Parteien den Rechtsstreit beendet.

Mit Schriftsatz vom 18.01.1994 hat der Beschwerdeführer die Festsetzung des Gebührenstreitwerts in Höhe jeweils eines Monatseinkommens für jede Abmahnung beantragt.

Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat ebenfalls Wertfestsetzung beantragt in Höhe eines halben Monatsgehalts für jede Abmahnung.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluß vom 21. Januar 1994 den Gebührenstreitwert gem. §§ 9 BRAGO, 25 GKG auf 5.000,– DM festgesetzt. Dabei hat es die Abmahnungen vom 27.08.1993 und 04.11.1993 mit jeweils einem halben Monatsgehalt (2.100,– DM) und die Abmahnung vom 02.09.1993 mit einem Wert von 800,– DM veranschlagt. Zur Begründung im einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluß Bezug genommen.

Gegen diesen Beschluß hat der Beschwerdeführer am 9. Februar 1994 aus eigenem Recht Beschwerde eingelegt und diese wie folgt begründet:

Die Abmahnungen seien mit dem deutlich verfolgten Ziel ergangen, daß dem Kläger gekündigt werden solle, sobald es nur gehe. Daran habe die Beklagte durch die Häufung der Abmahnungen und die Erklärungen ihres Prozeßbevollmächtigten in den Verhandlungen keinen Zweifel gelassen. Vor diesem Hintergrund komme es nicht darauf an, ob die Abmahnungen berechtigt seien oder nicht, ob sie einfache oder schwere Rechtsfragen enthielten oder ob sie einzeln oder gehäuft auftraten. Da die Beklagte an die Abmahnungen im übrigen schwere Vorwürfe geknüpft, in der mündlichen Verhandlung sogar von einer Unterschlagung gesprochen habe, und es ausführlicher Gespräche des Beschwerdeführers mit dem Kläger bedurft habe, sei nicht nachzuvollziehen, warum der Streitwert unterhalb des Regelsatzes (ein Monatsgehalt pro Abmahnung) angesetzt werden sollte.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluß vom 21. Februar 1994 der Beschwerde unter Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde des Prozeßbevollmächtigten des Klägers ist nach § 9 Abs. 2 BRAGO i. V. m. § 25 Abs. 2 GKG statthaft. Insbesondere liegt der Wert des Beschwerdegegenstandes über 100,– DM (§ 25 Abs. 2 S. 1 GKG).

Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 25 Abs. 2 S. 3 GKG).

In der Sache hatte die Beschwerde lediglich in Höhe von 1.414,– DM Erfolg; zum überwiegenden Teil war sie zurückzuweisen.

Soweit das Arbeitsgericht den Gebührenstreitwert für die Abmahnungen vom 27.08.1993 und vom 04.11.1993 jeweils mit einer halben Bruttomonatsvergütung veranschlagt hat, ist diese Wertfestsetzung unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Ansprüche auf Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte werden im allgemeinen mit einem halben bzw. einem vollen Monatsgehalt bewertet. Die Beschwerdekammer hält regelmäßig einen Wert in Höhe eines halben Monatsgehaltes für angemessen und ausreichend, wenn nicht besondere Umstände des Falles, die hier nicht ersichtlich sind, eine abweichende Beurteilung nach oben oder unten rechtfertigen (so auch LAG Köln, Urt. v. 19.12.1985 – 3 Sa 810/85 – in BB 1986, 600; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 02.07.1982 – BB 1982, 1799; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 6. Aufl., S. 1000 m. w. Nachw.; ArbG Kiel, Urt. v. 20.09.1991 – 5c Ca 1154/91 ...

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