Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfeverfahren. Unterbrechung bei Insolvenzeröffnung
Leitsatz (amtlich)
Das Verfahren auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe wird unterbrochen, wenn über das Vermögen derjenigen Partei, die die Prozesskostenhilfe beantragt, nach Eintritt der Rechtshängigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet wird.
Normenkette
ZPO § 240
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Entscheidung vom 13.07.2006; Aktenzeichen 3 Ca 765 a/05) |
Tenor
Die als Gegenvorstellung zu behandelnde sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Verfügung des Beschwerdegerichts vom 13.07.2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Die gegen die Verfügung des Beschwerdegerichts vom 13.07.2006 eingelegte sofortige Beschwerde ist unzulässig, da gegen Verfügungen und Beschlüsse des Landesarbeitsgerichts – abgesehen vom Fall der Zulassung der Rechtsbeschwerde – kein Rechtmittel gegeben ist (§§ 78, 72 Abs. 2 ArbGG).
2. Die sofortige Beschwerde ist – wie sich aus dem Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 04.08.2006 ergibt – in eine Gegenvorstellung umzudeuten. Diese ist jedoch unbegründet. Das Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist unterbrochen.
a) Die Frage, ob ein Prozesskostenhilfeverfahren durch den Eintritt der Insolvenz unterbrochen wird, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (bejahend: Zöller/Philippi, ZPO, § 118 Rdnr. 15; OLG Köln, MDR 2003, 526; verneinend: Zöller/Greger, ZPO, vor § 239 Rdnr. 8; OLG Köln, NJW-RR 2004, 276; Fischer, MDR 2004, 252; jeweils mit weiteren Nachweisen), wobei die Frage zumeist in der Konstellation erörtert wird, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gegners der Prozesskostenhilfepartei eröffnet wird, und eine Anwendbarkeit der Unterbrechungsvorschriften oft mit dem Argument verneint wird, es liege noch keine Rechtshängigkeit vor (z.B. OLG Köln, NJW-RR 2004, 276).
b) Ist jedoch Rechtshängigkeit bereits gegeben und die beklagte Partei, die Prozesskostenhilfe beantragt hat, selbst vom Insolvenzverfahren betroffen, ist das Prozesskostenhilfeverfahren von der Unterbrechungswirkung des § 240 ZPO erfasst. Denn die bisher verklagte Partei ist persönlich nicht mehr prozessführungsbefugt (§ 80 Abs. 1 InsO) und auch die Insolvenzmasse ist bis zur eventuellen Aufnahme des Verfahrens nach § 180 Abs. 2 InsO nicht wirksam vertreten.
Außer dem Insolvenzverwalter, der in den Fällen des § 180 Abs. 2 InsO in das Verfahren eintritt, kann allerdings auch der Beklagte die Prozessführungsbefugnis wiedererlangen, nämlich wenn das Insolvenzverfahren wegen Wegfall des Eröffnungsgrundes eingestellt wird (§ 212 InsO). Daraus folgt eine grundsätzliche Abhängigkeit des Anspruchs auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe von der weiteren Entwicklung des Insolvenzverfahrens. Diese Abhängigkeit führt zu einer Unterbrechung des Prozesskostenhilfeverfahrens nach § 240 ZPO, denn es entspricht genau dem Zweck dieser Vorschrift, gerichtliche Maßnahmen erst dann zu treffen, wenn die Auswirkungen des unterbrechenden Ereignisses auf das weitere Verfahren feststehen und den dann prozessführungsbefugten Personen rechtliches Gehör dazu gewährt werden kann (siehe hierzu OLG Hamm, Beschluss vom 16.03.2006 – 27 W 11/06 –).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen eine Entscheidung über eine Gegenvorstellung kam nicht in Betracht.
Fundstellen
Haufe-Index 1622074 |
www.judicialis.de 2006 |