Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert für Beschlussverfahren um Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung mehrerer Betriebsratsmitglieder
Leitsatz (amtlich)
1. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit in Beschlussverfahren betreffend den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist wegen seiner präjudiziellen Wirkung für das Kündigungsschutzverfahren streitwertmäßig in Anlehnung an § 42 Abs. 4 S. 1 GKG wie der Kündigungsschutzprozess zu behandeln. Er ist daher regelmäßig auf drei Bruttomonatsgehälter festzusetzen (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung).
2. Auch bei der Festsetzung des Gegenstandswertes eines auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mehrerer Betriebsratsmitglieder gerichteten Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG ist für jedes betroffene Betriebsratsmitglied in Anlehnung an § 42 Abs. 2 S. 1 BetrVG jeweils ohne Abschläge ein Streitwert wie in einem Kündigungsschutzverfahren in Ansatz zu bringen.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 2 S. 1; RVG § 23 Abs. 3 S. 2; BetrVG § 103 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Entscheidung vom 18.12.2013; Aktenzeichen 4 BV 35 a/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 18.12.2013 - Az.4 BV 35 a/13- wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Arbeitgeberin begehrte im vorliegenden, am 14. Juni 2013 eingeleiteten Beschlussverfahren die Ersetzung der Zustimmung zur fristlosen Kündigung aller - nach ihren Angaben - neun Betriebsratsmitglieder (Bl. 3 d. A.) und gleichzeitig deren Ausschluss aus dem Betriebsrat bzw. die Betriebsratsauflösung gem. § 23 Abs. 1 BetrVG (Bl. 29 d. A.). Die dortigen Beteiligten zu 8. (U... L...) und zu 9. (T... M...) hatten ihr Betriebsratsamt schon bereits vor Antragstellung niedergelegt (Bl. 76 d. A.). Nach Durchführung des Anhörungstermins vor der Kammer am 22.08.2013 nahm die Arbeitgeberin am 29.08.2013 ihren Antrag insgesamt zurück. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 23.10.2013 eingestellt.
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Die Beteiligte zu 3. bezog monatlich 2.777,00 Euro.
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Die Beteiligte zu 4. bezog monatlich 2.400,00 Euro.
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Die Beteiligte zu 5. bezog monatlich 2.000,00 Euro.
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Der Beteiligte zu 6. bezog monatlich 2.850,00 Euro.
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Der Beteiligte zu 7. bezog monatlich 2.717,00 Euro.
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Der Beteiligte zu 8. bezog monatlich 4.398,00 Euro.
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Der Beteiligte zu 9. bezog monatlich 3.500,00 Euro.
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Der Beteiligte zu 10. bezog monatlich 2.170,00 Euro.
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Die Beteiligte zu 11. bezog monatlich 2.400,00 Euro.
Nach Anhörung der Beteiligten setzte das Gericht mit Beschluss vom 18.12.2013 den Wert des Streitgegenstandes auf 69.000,00 Euro fest. Dabei ist es von Zustimmungsersetzungsanträgen für sieben Personen ausgegangen und hat unter Hinweis auf präjudizielle Auswirkungen des Zustimmungsersetzungsverfahrens auf ein späteres Kündigungsschutzverfahren pro Person das dreifache einer monatlichen Bruttovergütung à 3.000,00 Euro in Ansatz gebracht. Den gleichzeitigen Antrag auf Ausschluss aus dem Betriebsrat / Betriebsratsauflösung hat es unter Hinweis auf § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG mit 4.000,00 Euro bewertet.
Gegen diesen der Beteiligten zu 1 am 06.01.2014 zugestellten Beschluss hat sie am 20.01.2014 Beschwerde eingelegt. Die Beteiligte zu 1 meint, der Streitwert sei auf insgesamt 4.000,00 Euro herabzusetzen. Da keine Entscheidung ergangen sei, fehle eine präjudizielle Wirkung. Auch habe hier zu keiner Zeit eine materiell-rechtliche Auseinandersetzung mit den Kündigungsgründen stattgefunden. Da der Sachverhalt bezüglich aller Beteiligten gleich sei, sei er auch nur als einmaliger Gegenstandswert zu berücksichtigen. Dabei sei - auch nach dem Streitwertkatalog - bei personellen Einzelmaßnahmen der Regelgegenstandswert von 4.000,00 Euro gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG angemessen.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 06.02.2014 zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die dem Beschwerdewert nach gem. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden und damit zulässig.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit in Beschlussverfahren betreffend den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist wegen seiner präjudiziellen Wirkung für das Kündigungsschutzverfahren streitwertmäßig in Anlehnung an § 42 Abs. 4 S. 1 GKG wie der Kündigungsschutzprozess zu behandeln. Er ist daher regelmäßig auf drei Bruttomonatsgehälter festzusetzen.
Die anderslautende Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein wird hiermit von allen Kammern des Landesarbeitsgerichts aufgegeben.
Im Einzelnen:
1) Zu bewerten ist im Entscheidungsfall zunächst der Antrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 Abs. 2 BetrVG zur beabsichtigten außerordentlichen Kündi...