Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufung, Unterschrift, Paraphe, unleserlich, Verwerfung, Unzulässigkeit, Wiedereinsetzung, Vertrauensschutz
Leitsatz (amtlich)
Die Berufung ist nicht ordnungsgemäß erhoben und demgemäß nach § 519 b ZPO zu verwerfen, wenn die Berufungsschrift lediglich mit einem parapheähnlichen Schriftgebilde unterzeichnet ist, das weder lesbar ist noch irgendeinen Bezug zum Namen des Unterzeichnenden der Berufung aufweist.
Normenkette
ArbGG § 64; ZPO §§ 233, 295, 519b
Beteiligte
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Entscheidung vom 08.07.1998; Aktenzeichen 3 Ca 313 b/98) |
Tenor
wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 08. Juli 1998 – 3 Ca 313b/98 – auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht geklagt mit dem Antrag,
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung seitens der Beklagten vom 28. Januar 1998 fristgemäß oder fristlos beendet wurde, sondern unverändert bis zum 26. März 1998 fortbestand.
Hierauf hat das Arbeitsgericht durch Urteil vom 08. Juli 1998 für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Der Streitwert wird auf DM 13.500,– festgesetzt.
Gegen dieses ihm am 10. September 1998 zugestellte Urteil hat der Kläger mit dem am 12. Oktober 1998 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt.
Die Berufungsschrift trägt im Briefkopf u. a. die Angabe
P.A. F. RECHTSANWALT UND NOTAR
M.H. RECHTSANWALT
E.S.
bis 1985
und unter der handschriftlichen Unterzeichnung die maschinenschriftliche Angabe (H.) „Rechtsanwalt”. Die Berufungsschrift, ist mit einem unleserlichen Schriftzug unterzeichnet. Dieses Strichgebilde, das eine entfernte Ähnlichkeit mit einem. „K” ausweisen könnte, sieht so aus:
(H.)
Rechtsanwalt
Unter dem 10. Mai 1999 wurden die Prozeßbevollmächtigten des Klägers auf die Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hingewiesen: „Die Berufungsschrift trägt keine Unterschrift, allenfalls ein paraphenähnliches Buchstabengebilde.” Sie meinen, daß es sich um einen die Identität des unterzeichnenden Rechtsanwalt Hartig ausreichend kennzeichnenden Schriftzug handele, entsprechende charakteristische Merkmale aufweise und sich als Unterschrift unter einem Namen darstelle:
„Die Unterschrift beginne stets mit einem langen senkrechten oder leicht geneigten Strich, in dem das „H” mit dem „a” am Ende zu sehen sei. Die Schriftführung steige dann für das „r” und „t” endend mit der „t-Spitze”, wieder an und falle über das „i” und das „g” endend etwa in Höhe des Tiefpunktes des „H”, je nach Neigung des Schriftzuges wieder ab. Diese durchgängige Zeichnung finde sich auch in der Berufungsschrift, wobei zu konzidieren sei, daß das Schriftbild teilweise mehr, teilweise weniger auseinandergezogen sei, so daß die nach oben gezogene Linie zur „t-Spitze” sich teilweise auf der Grundlinie des „H” befinde, teilweise aber auch seitlich rechts versetzt sei.
Lediglich höchst vorsorglich werde für den Fall, daß die Wirksamkeit der Unterschrift weiterhin in Zweifel gezogen werde,
hiermit die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand
beantragt und die Einlegung der Berufung wiederholt.”
Die gleichartige Unterschrift des Unterzeichners sei unbeanstandet geblieben. Dies gelte auch für Verfahren vor der erkennenden Kammer des Landesarbeitsgerichts.
Der Beklagte hingegen meint:
Ein wirksames Rechtsmittel sei nicht eingelegt, da der Schriftsatz der Gegenseite lediglich mit einer Paraphe unterzeichnet worden sei, welche nicht als Namen erkennbar sei. Entgegen seinen Ausführungen auf Seite 1 unten des Schriftsatzes vom 25.05.1999 sei kein einziger Buchstabe erkennbar. Somit habe der Kläger nicht ordnungsgemäß Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Arbeitsgerichts Kiel eingelegt.
Auch der gegnerische Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand sei zurückzuweisen. Ohne Zweifel obliege es nämlich dem Prozeßbevollmächtigten insbesondere fristgebundene Schriftsätze wie eine Berufungsschrift in einer Art und Weise zu unterzeichnen, wie die Rechtsprechung dies verlange. Diese Rechtsprechung muß auch als bekannt vorausgesetzt werden, so daß sich der Kläger nicht erfolgreich darauf berufen könne, daß die Unterschrift von Rechtsanwalt H. stets unleserlich sei bzw. – und hierauf kommt es an – nicht den vorgenannten Erfordernissen entspreche. Aus dem Wiedereinsetzungsantrag sowie der eidesstattlichen Versicherung der Bürovorsteherin F. geht hervor, daß Schriftsätze darauf kontrolliert werden, ob diese unterzeichnet sind, nicht aber eine Kontrolle dahingehend stattfinde, ob die Schriftsätze ordnungsgemäß in vorstehendem Sinne unterschrieben seien. Hierauf habe im übrigen bei Leistung und Unterschrift der Anwalt selbst zu achten. Der Kläger könne sich nicht auf das in seinem Schriftsatz angeführte Urteil des Bundesverfassungsgerichts berufen, da die Voraussetzungen des dort gewährten Vertrauensschutzes im vorliegenden Fall nicht gegeben seien. Das Bundesverfassung...