Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichsmehrwert bei Festlegung einer Führungs- und Leistungsbeurteilung oder einer bestimmten Zeugnisnote
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Festsetzung eines Bruttomonatsgehalts für einen Zeugnisstreit kommt regelmäßig nur dann in Betracht, wenn die Parteien qualifiziert über den Inhalt des Zeugnisses streiten; das bloße Titulierungsinteresse des Klägers ist deutlich geringer zu bewerten.
2. Hat die Frage des Zeugnisinhalts keine oder nur eine ganz untergeordnete Rolle gespielt, ist dieses bei der Wertfestsetzung für ein Zeugniserteilungsbegehren im Rahmen des § 3 ZPO zu berücksichtigen.
3. Steht hinter dem Antrag vorrangig lediglich ein Titulierungsinteresse, ist die Bewertung dieses Streitgegenstandes mit 200 bis 300 EUR vorzunehmen.
4. Wird eine Führungs- und Leistungsbeurteilung oder eine bestimmte Note festgelegt, über den weiteren Zeugnisinhalt aber nicht gestritten und dieser auch nicht geregelt, ist die Festsetzung eines Betrages von etwa einem halben Bruttomonatsgehalt ausreichend und angemessen.
Normenkette
ZPO § 3; GewO § 109; BGB § 779
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Entscheidung vom 08.07.2014; Aktenzeichen 6 Ca 706/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der den Wert des Streitgegenstands einschließlich des Vergleichsmehrwerts festsetzende Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 08.07.2014 - Az.6 Ca 706/14 - teilweise abgeändert:
Der Mehrwert des Vergleichs wird auf 3.037,50 Euro festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer (die Beklagte und ihre Prozessbevollmächtigten) wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts, konkret gegen die nicht werterhöhende Berücksichtigung der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses in Ziffer 1 und der Zeugnisregelung in Ziffer 4 des Vergleiches vom 24.06.2014.
Die Klägerin war seit dem 01.07.1993 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Ihre Vergütung belief sich zuletzt auf 4.050,00 Euro brutto monatlich. Sie erhielt am 26.02.2014 die fristgemäße Kündigung zum 30.09.2014 und erhob am 11.03.2014 Kündigungsschutzklage. Mit Datum vom 24.06.2014 schlossen die Parteien einen Vergleich gem. § 278 Abs. 6 ZPO, der - soweit hier von Bedeutung - folgenden Inhalt hatte:
1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet aufgrund Kündigung der Beklagten vom 26.02.2014 aus betriebsbedingten Gründen mit Wirkung zum 30. November 2014.
2. Die Klägerin wird ab dem 01. November 2014 von der Erbringung der Arbeitsleistung bei Fortzahlung der Bezüge .....freigestellt.
3. Für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an die Klägerin eine Abfindung ....
4. Der Klägerin wird ein Arbeitszeugnis erteilt mit der Benotung der Leistungen mit "sehr gut".
Im Zuge des Wertfestsetzungsverfahrens beantragten die Beschwerdeführer, den Mehrwert des Vergleiches auf 12.150,00 Euro festzusetzen. Sie veranschlagten für die in Ziffer 1 des Vergleiches geregelte Verlängerung des Arbeitsverhältnisses um 2 Monate zwei Bruttomonatsgehälter und für das in Ziffer 4. geregelte Zeugnis ein Bruttomonatsgehalt von 4.050,00 Euro. Für die in Ziffer 2 geregelte Freistellung brachten sie nichts in Ansatz. Zur vom Gericht im Anhörungsverfahren gestellten Frage, ob das Zeugnis im Streit war, äußerten sich beide Prozessbevollmächtigten nicht.
Mit Beschluss vom 08.07.2014 (Bl. 87 d. A.) setzte das Arbeitsgericht nach Anhörung der Parteien den für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren maßgebenden Mehrwert des Vergleiches im Hinblick auf Ziffer 2 des Vergleiches auf Euro 1.012,50 Euro (1/4 Gehalt) fest. Eine weitergehende Streitwerterhöhung lehnte es ab, da eine "Verlängerung" des Arbeitsverhältnisses bereits im Kündigungsschutzantrag enthalten und über das Zeugnis nicht gestritten worden sei. Gegen den ihnen am 14.07.2014 zugestellten Beschluss haben die Beschwerdeführer am 22.07.2014 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Mehrwert des Vergleiches einschließlich der Freistellung auf insgesamt 13.162,50 Euro festzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 11.08.2014 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die dem Beschwerdewert nach statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden und damit nach § 33 RVG zulässig. Beschwerdeführer sind die Klägervertreter aus eigenem Recht.
Die Beschwerde ist nur teilweise begründet. Der Mehrwert des Vergleiches ist mit insgesamt 3.037,50 Euro zu bewerten, nämlich - wie geschehen - mit 1.012,50 Euro für die Freistellung und mit weiteren 2.025,00 Euro für das titulierte und die Note regelnde Zeugnis. Die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses um zwei Monate in Ziffer 1 des Vergleiches hat keinen zusätzlichen Mehrwert.
1. Der Vergleichswert muss die in Ziffer 2 vereinbarte Freistellung berücksichtigen. Das Arbeitsgericht hat diesen korrekt und von den Beschwerdeführern nicht beanstandet mit 25 % der auf den Freistellungszeitraum entfallenden Vergütung bewertet (siehe u.a. Beschlüsse des L...