Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert für Beschlussverfahren um Freistellung von Betriebsratsmitgliedern zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Gegenstandswert eines Beschlussverfahrens, das auf die Freistellung eines Betriebsratsmitglieds für eine Fortbildungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG gerichtet ist, ist in aller Regel mit dem Auffangwert nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG (bis 31.07.2013: 4,000,00 €) zu bemessen. Es handelt sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit, für dessen Wert die Seminarkosten einschließlich der Kosten der Entgeltfortzahlung keine ausreichende Schätzungsgrundlage bieten.
2. Für jedes weitere BR-Mitglied, das an demselben Seminar teilnehmen soll, ist der Wert um 25 % (1.000,00 €) zu erhöhen (Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des LAG Schleswig-Holstein im Beschluss vom 21.08.2002 - 4 Ta 112/02).
3. Wird neben der Freistellung für das Seminar auch die Zahlung eines Kostenvorschusses für die Schulung beantragt, erhöht das den Gegenstandswert in aller Regel nicht (Ausnahme: Titulierungsinteresse).
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3 S. 2; BetrVG § 37 Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 05.07.2013; Aktenzeichen 1 BV 13 c/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 05.07.2013 1 - BV 13 c/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Wertfestsetzung in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren.
Der Betriebsrat für den Betrieb der Beschwerde führenden Arbeitgeberin hat beim Arbeitsgericht Neumünster ein Beschlussverfahren mit folgenden Anträgen eingeleitet:
1. der Beteiligten zu 2. aufzugeben, die Teilnahme der Betriebsratsmitglieder C... C..., R... S... und C... K... an der Schulungsveranstaltung "Betriebsverfassung: Soziale Angelegenheiten (BR III) "Agieren statt reagieren!" in der Zeit vom 22.04.2013 bis zum 26.04.2013 in U... zu dulden und die Betriebsratsmitglieder C... C..., R... S... und C... K... für die Dauer der Teilnahme an der Schulung freizustellen,
2. der Beteiligten zu 2. aufzugeben, an die Betriebsratsmitglieder C... C..., R... S... und C... K... zur Teilnahme an der im Antrag zu Ziffer 1. bezeichneten Schulungsveranstaltung einen Kostenvorschuss in Höhe von jeweils 1.268,88 EUR zu zahlen.
Das Verfahren endete durch gerichtlichen Vergleich. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 05.07.2013 den Gegenstandswert für das Verfahren auf 6.000,00 EUR festgesetzt, wovon 3.806,64 EUR auf den Antrag zu 2. entfallen.
Gegen diesen ihr am 11.07.2013 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 17.07.2013 Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung führt die Arbeitgeberin aus, angemessen sei ein Streitwert von 3.806,64 EUR, da dieses die Kosten der Schulungsmaßnahme für die drei Betriebsratsmitglieder seien. Sofern das Gericht dies anders sehe, sei allenfalls der Regelwert von 4.000,00 EUR anzusetzen, der für die beiden weiteren Teilnehmer um jeweils 400,00 EUR zu erhöhen sei, so dass maximal ein Gegenstandswert von 4.800,00 EUR festzusetzen sei.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthafte, form- und fristgemäß eingelegte Beschwerde der Beschwerde berechtigten Arbeitgeberin (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG) ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert jedenfalls im Ergebnis zu Recht auf 6.000,00 EUR festgesetzt.
1. Rechtsgrundlage der Wertfestsetzung ist § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Nach dieser betrug der Regelwert bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung 4.000,00 EUR (seit 01.08.2013: 5.000,00 EUR) nach Lage des Falles niedriger oder höher.
2. Beim Antrag zu 1. handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne des Gesetzes. Mit dem Antrag zu 1. ging es dem Betriebsrat um die Freistellung dreier Betriebsratsmitglieder, nicht um deren Vergütung oder die Kosten des Seminars. Insoweit besteht auch weitgehend Einigkeit zwischen den Landesarbeitsgerichten, dass eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit vorliegt, streitig ist nur, ob die Vergütung der Betriebsratsmitglieder für den Freistellungszeitraum zuzüglich der Seminarkosten ausreichende Anhaltpunkte für eine Schätzung im Sinne des § 23 Abs. 3 RVG bieten.
Mit der ständigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (Beschluss vom 21.08.2002 - 4 Ta 112/02) sowie etwa der Rechtsprechung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts (Beschluss vom 27.09.2011 - 4 Ta 216/11(2) - [...], Rn 12) ist von einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit auszugehen, deren Wert sich nach dem Auffangstreitwert bestimmt. Will der Betriebsrat die Freistellung eines seiner Mitglieder für eine Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG...