Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzung bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten aus Beschlussverfahren. Anhebung des Streitwerts bei Anspruchsprüfung für einzelne Betriebsratsmitglieder
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Streit um ein Freistellungsbegehren von mehreren Betriebsratsmitgliedern für eine Schulungsmaßnahme ist eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit. In Ermangelung tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung ist gem. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG von einem Ausgangswert von 5.000 € auszugehen, der je nach Lage des Falls höher oder niedriger festgesetzt werden kann.
2. Ist die Erforderlichkeit einer Schulung für jedes einzelne Betriebsratsmitglied gesondert zu prüfen, ist ein Aufschlag von 25 % des Regelwerts angemessen. Eine lineare Anhebung des Streitwerts um 25 % für die Prüfung der Erforderlichkeit der Freistellung und Schulung jedes einzelnen Betriebsratsmitglieds dient der Rechtsklarheit und der Vereinheitlichung der Rechtsprechung.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 2; GKG § 48 Abs. 3; BetrVG § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Entscheidung vom 31.01.2019; Aktenzeichen 2 BV 36 e/18) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 31.01.2019, 2 BV 36 e/18, in der Fassung des Abhilfebeschlusses vom 14.03.2019 abgeändert und der Wert des Verfahrensgegenstands auf
15.000,00 €
festgesetzt.
Die Beschwerdeführer tragen eine Gerichtsgebühr in Höhe von 25,00 €.
Gründe
I.
Im Beschwerdeverfahren begehren die Verfahrensbevollmächtigten eine höhere Festsetzung des Gegenstandswertes in einem Beschlussverfahren über die Freistellung der 17 Mitglieder des Betriebsrats für eine Schulung sowie Übernahme der Schulungskosten.
Mit der Antragsschrift vom 03.08.2018 beantragte der Betriebsrat,
der Antragsgegnerin aufzugeben, die 17 Mitglieder des Antragstellers (...) bzw. vertretungsweise nachrückende Ersatzmitglieder unter Fortzahlung der Vergütung für die Klausurtagung vom 06.11. bis 08.11.2018 (...) in B./T. freizustellen und zu erklären, die Übernachtungs- und Verpflegungskosten von 165,00 € pro Person, die anteilige Seminar-Raummiete in Höhe von 18,00 € pro Person sowie die Reisekosten zu tragen.
Das Beschlussverfahren wurde durch Prozessvergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO beendet. Inhalt des Vergleichs war die Freistellung der 17 Betriebsräte für eine zweitägige Klausurtagung und Übernahme der Kosten für ein Coaching.
Die Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats beantragten zunächst die Festsetzung des Gegenstandswertes zuletzt in Höhe 28.961,00 €. Hinsichtlich der begehrten Übernahme der Kosten für Übernachtung, Verpflegung und Raummiete handele es sich um eine vermögenswerte Streitigkeit, sodass hierfür insgesamt 3.961,00 € in Ansatz zu bringen seien. Hinsichtlich der beantragten Freistellung sei zunächst vom Hilfswert nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG auszugehen. Bei einem 17-köpfigen Betriebsrat müsse ein linearer Anstieg erfolgen. Für das 2. bis 17. Mitglied sei der Ausgangswert mit 25 %, also jeweils mit 1.250,00 € zu bewerten.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 30.01.2019 den Gegenstandswert auf 9.961,00 € festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für die Freistellung der 17 Betriebsratsmitglieder ein Wert von 6.000,00 € zugrunde zu legen sei, d.h. von dem um 1.000,00 € erhöhten Hilfswert des § 23 Abs. 3 RVG. Hinzuzurechnen seien die Kosten für Übernachtung, Verpflegung und Raummiete in Höhe von 3.961,00 €.
Gegen diesen ihm am 05.02.2019 zugestellten Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 18.02.2019 sofortige Beschwerde eingelegt und seine Rechtsposition aufrechterhalten.
Mit Beschluss vom 14.03.2019 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde teilweise abgeholfen und im Übrigen dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Der zunächst festgesetzte Wert des Verfahrensgegenstandes sei insgesamt auf 10.000,00 € anzuheben. Angesicht der Bedeutung der begehrten Freistellung für die Klausurtagung für den Betriebsrat sei der Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu verdoppeln, sodass der Verfahrenswert auf 10.000,00 € festzusetzen sei. Der Antrag auf Freistellung der Kosten für Übernachtung, Verpflegung und Raummiete in Höhe von 3.961,00 € wirke sich indessen nicht erhöhend für den Verfahrensgegenstand aus. Selbst wenn man ihm einen eigenständigen Wert zubilligen würde, käme § 48 Abs. 3 GKG zur analogen Anwendung, sodass eine Addition der Streitwerte nicht in Betracht komme, sondern nur der jeweils höhere maßgebend sei.
II.
Die sofortige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist zulässig. Sie ist gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und übersteigt auch den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 €, § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG.
In der Sache selbst hat die sofortige Beschwerde teilweise Erfolg.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts erfolgt die Wertfestsetzung in einem Beschlussverfahren über die Freistellung von ...