Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässiger Arbeitsrechtweg bei Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses als freies Dienstverhältnis. treuwidrige Berufung auf fehlende Schriftform zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei jahrelanger Beschäftigung als freie Mitarbeiterin
Leitsatz (amtlich)
1. In den sog. Aut-aut-Fällen richtet sich die Bestimmung des Rechtswegs nach dem Sachvortrag des Klägers, der im Hinblick auf seine Arbeitnehmereigenschaft nicht nur schlüssig sein muss, sondern ggf. auch bewiesen werden muss.
2. Haben Vertragsparteien ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich in ein Rechtsverhältnis als freier Mitarbeiter umgewandelt und dieses über mehr als 7 Jahre praktisch durchgeführt, so kann die Berufung des Klägers auf die fehlende Schriftform der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dass er schon deswegen als Arbeitnehmer anzusehen sei, treuwidrig (§ 242 BGB) sein.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a, § 5 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 242, 611 Abs. 1, § 612
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Entscheidung vom 07.06.2012; Aktenzeichen 2 Ca 1288 c/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 07.06.2012 - 2 Ca 1288 c/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A) Die Parteien streiten im Beschwerdeverfahren über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten.
Die Klägerin war ab dem 01.04.1999 auf der Grundlage einer "Kooperationsvereinbarung" (Bl. 29 - 31 d. A.) als Maklerin für die Beklagte, die Immobilienvermittlung betreibt, beschäftigt. Die Vergütung erfolgte auf Provisionsbasis, das Rechtsverhältnis wurde von den Parteien übereinstimmend als freie Mitarbeit beurteilt und entsprechend abgewickelt.
Ab dem 01.07.2001 bis zum 30.04.2002 bestand zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis. Dieses beendeten die Parteien einvernehmlich mündlich. Die Beklagte erteilte der Klägerin, von dieser nicht beanstandet, eine Meldung zur Sozialversicherung bis zum 30.04.2002. Die Parteien behandelten ihre fortbestehende Vertragsbeziehung nunmehr wieder als freie Mitarbeit. Daneben betrieb die Klägerin unter der Firma "K. K. Immobilien" ein eigenes Büro als Immobilienmaklerin.
Mit Schreiben vom 27.11.2008 kündigte die Klägerin die "am 08.02.1999 und gültig werdende am 01.04.1999 geschlossene Kooperationsvereinbarung fristgemäß zum 01.03.2009" (Bl. 17 d. A.).
Sie macht nunmehr im Wege der Stufenklage Auskunfts- und davon abhängig Provisionsansprüche sowie bezifferte Provisionsansprüche und einen bezifferten Anspruch auf "angemessene Vergütung" geltend und hat folgende Anträge angekündigt:
1.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über die in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 25.08.2009 verdienten Provisionen zu erteilen,
2.
der Beklagte wird verurteilt, die sich aus der Auskunft ergebenden Positionen an die Klägerin zu zahlen,
3.
der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.326,63 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 2.354,63 € seit dem 09.06.2010 sowie weitere 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 972,-- € seit dem 04.05.2011 zu zahlen,
4.
der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.104,-- € nebst Zinsen in Höhe von 15 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
5.
der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 80.000,-- € brutto nebst 5 % Zinspunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisungsantrag angekündigt und die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten gerügt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei eröffnet und hierzu vorgetragen:
Sie sei als Vertriebsleiterin mit der Aufgabe der Büroleitung in die Filiale der Beklagten in H. tätig gewesen und habe sich mit der Beratung und Unterstützung der Kunden und Mitarbeiter in allen Angelegenheiten rund um Immobilien, Finanzierung, Wertermittlung, Kunden- bzw. Geschäftsanbahnungen aller Art, Versicherungen, Kauf- und Mietverträge und alle damit in Verbindung stehende Verträge usw. Akquisition von Kunden und Mitarbeitern befasst. Ihre Aufgabe habe sich auch nach der formunwirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.04.2002 nicht geändert.
Sie habe einen festen Arbeitsplatz im Büro gehabt, dort habe sie auf Anordnung des Inhabers der Beklagten trotz im Übrigen gleitender Arbeitszeit täglich anwesend sein müssen. Sie sei zur Anwesenheit bei Dienstbesprechungen verpflichtet gewesen. Auf diesen habe der Inhaber der Beklagten "Direktiven" erteilt, an die sie sich habe halten müssen. Den Ort und die Zeit der Dienstbesprechungen habe allein die Beklagte bestimmt. Ferner habe sie für die Beklagte zwei Arbeitnehmer eingestellt und den Arbeitnehmer F. abgemahnt, sie habe Visitenkarten der Beklagten gehabt und sei auf deren Internetseite noch mindestens bis August 2009 abgebildet gewesen. Die Beklagte habe auch das Unternehmerrisiko getragen.
Im Übrigen habe das Arbeitsv...