Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtswegzuständigkeit der Klage eines Geschäftsführers gegen die Gesellschaft auf Vergütung aus einem zusätzlichen Arbeitsverhältnis

 

Leitsatz (redaktionell)

Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Dies trifft auch auf Mitglieder eines Vertretungsorgans juristischer Personen zu, wenn sie darlegen und beweisen können, dass ihre Ansprüche aus einem zusätzlichen Arbeitsverhältnis mit der juristischen Person resultieren. Nach Niederlegung der Organschaft steht dann der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten offen.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a), Buchst. b), § 5 Abs. 1 S. 3; HGB § 84 Abs. 1 S. 2, Abs. 2; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Entscheidung vom 30.01.2018; Aktenzeichen 6 Ca 2122/17)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 30.01.2018, Az. 6 Ca 2122/17, aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Der Antrag zu 1) wird abgetrennt.

Für den Antrag zu 1) wird der Rechtsweg der Gerichte für Arbeitssachen für zulässig erklärt.

Im Übrigen verbleibt es im Hinblick auf den Antrag zu 2) bei der Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Lübeck.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Im Beschwerdeverfahren wendet sich die Klägerin gegen die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Lübeck, wobei die Beschwerde beschränkt ist auf die mit dem Antrag zu 1) geltend gemachten Vergütungsansprüche.

Im Hauptsacheverfahren streiten die Parteien um Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Vergütung und Zahlungsansprüchen aus Miet-/Pachtverträgen. Die Klägerin war von November 2009 bis zum 28.03.2017 Fremdgeschäftsführerin der Beklagten. Eine Vergütung für die Geschäftsführertätigkeit erhielt die Klägerin unstreitig nicht. Bei der Beklagten war bis zum 31.03.2015 im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses eine Bürokraft, die Zeugin O., angestellt. Am 01.04.2015 schloss die Klägerin als Geschäftsführerin der Beklagten mit sich selbst einen Arbeitsvertrag über die Anstellung als Bürokraft zu einer monatlichen Vergütung von 400,00 € bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von acht Stunden. Zur geschuldeten Tätigkeit enthält der "Arbeitsvertrag" folgende Regelung:

§ 3 Tätigkeit

Die Arbeitnehmerin wird als Bürokraft, in Nebentätigkeit, eingestellt. Sie verpflichtet sich, auch andere Arbeiten auszuführen, die ihren Vorkenntnissen und Fähigkeiten entsprechen. Dies gilt, soweit dies bei Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers zumutbar und nicht mit einer Lohnminderung verbunden ist.

Unabhängig davon ist die Tätigkeit als Geschäftsführerin der T. H. GmbH zur Vertretung der T. H. GmbH im Außenverhältnis."

Bis einschließlich März 2017 erhielt die Klägerin von der Beklagten monatlich 400,00 €. Am 28.03.2017 legte die Klägerin das Amt der Geschäftsführerin der Beklagten nieder.

Mit ihrer am 12.10.2017 vor dem Arbeitsgericht erhobenen Zahlungsklage hat die Klägerin u. a. die Vergütungsansprüche für die Zeit von April bis September 2017 (Antrag zu 1) geltend gemacht und folgende Anträge angekündigt:

  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.400,00 € netto nebst Zinsen i. H. v. 5%-Punkten über dem Basiszins auf jeweils 400,00 € netto ab dem 02.05.2017, 01.06.2017, 01.07.2017, 01.08.2017, 01.09.2017 und 01.10.2017 zu zahlen.
  1. die Beklagte zu verurteilen an die Klägerin 10.567,20 € zzgl. Zinsen i. H. v. 5%-Punkten über dem Basiszins auf jeweils 1.509,60 € ab dem 04.02.2017, 05.04.2017, 05.05.2017, 05.06.2017, 05.07.2017, 04.08.2017, 05.09.2017 zu zahlen.

Soweit für das Beschwerdeverfahren von Belang, hat die Klägerin zur Begründung der Vergütungsklage (Antrag zu 1) vorgetragen, dass sie die Stelle der ausgeschiedenen Mitarbeiterin O. übernommen habe. Ihr Arbeitsverhältnis sei zu keinem Zeitpunkt gekündigt worden.

Die Beklagte hat eingewandt, dass der vorgelegte Arbeitsvertrag unwirksam sei. Für den Abschluss eines Anstellungsvertrages mit einem Geschäftsführer sei - als Annex zur Bestellungs- und Abberufungsbefugnis nach § 46 Nr. 5 GmbH - ausschließlich die Gesellschafterversammlung zuständig. Jeder Verstoß gegen diese Zuständigkeit führe zur Unwirksamkeit des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages. Ungeachtet dessen habe sie, die Beklagte, ihre Geschäftstätigkeit im Januar 2017 vollständig eingestellt, sodass auch keine Bürotätigkeiten mehr angefallen seien. Zwischenzeitlich sei der Sitz der Beklagten nach B. verlegt worden.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 30.01.2018 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen insgesamt für unzulässig erklärt und an das Landgericht Lübeck - Kammer für Handelssachen - verwiesen. Hinsichtlich des Antrages zu 2), d. h. die Zahlungsansprüche aufgrund der behaupteten Vermietung eines PKWs mit Anhänger und Geschäftsräumen sowie einer Halle, sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass es sich hierb...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge