Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzung. vorübergehend. anderes Untenehmen. Konzerntatbestand. Betriebsrat. Ruhen des Arbeitsverhältnisses. befristeter Arbeitsvertrag bei anderem Konzernunternehmen
Leitsatz (amtlich)
1. Auch der vorübergehende Einsatz in einem anderen Unternehmen kann eine mitbestimmungspflichtige Versetzung sein.
2. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer in einem Tätigkeitsbereich für seinen Arbeitgeber tätig wird. Ein solches zuzurechnendes Tätigwerden ist auch dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer auf Initiative des Arbeitgebers und in dessen Interesse vorübergehend in einem anderen (Konzern-) Unternehmen arbeitet.
Normenkette
BetrVG §§ 99, 101
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 16.11.2006; Aktenzeichen 3 BV 81 e/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmhorn vom 16.11.2006 – 3 BV 81 e/06 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um das Vorliegen einer mitbestimmungspflichtigen Versetzung.
Die Antragsgegnerin (nachfolgend: Arbeitgeberin) betreibt in S. eine Spielbank mit ca. 80 Mitarbeitern. Der Antragsteller ist der dort gebildete Betriebsrat.
Die Arbeitgeberin gehört zu einem Unternehmensverbund, der aus insgesamt sechs Unternehmen besteht. Fünf dieser Unternehmen sind Kommanditgesellschaften, das sechste Unternehmen ist die Komplementär-GmbH in K.. Bei sämtlichen Unternehmen ist die Geschäftsführung identisch.
Am 09.08.2006 teilte die Betriebsleitung der Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, ein Mitarbeiter aus dem Betrieb S. wechsele als Ersatz des Betriebsleiters zur Spielbank W. nach W..
Mit Schreiben an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 15. August 2006 informierte die Arbeitgeberin darüber, dass Herr P. zum 01. Sept. 2006 bis zunächst 31.12.2006 den Betrieb verlässt, um im Rahmen seiner beruflichen Weiterentwicklung die Position des Technischen Leiters im Schwestercasino W. auf S. zu übernehmen. Weiterhin heißt es in dem Schreiben, in diesen zwei Jahren ruhe das Beschäftigungsverhältnis des Kollegen P. im Casino S..
Der Arbeitnehmer P. schloss mit der Spielbank W. einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01. Sept.2006 bis 31. Dez. 2008. Die Begründung dieses Anstellungsverhältnisses erfolgte freiwillig und auf Wunsch des Mitarbeiters. Das Beschäftigungsverhältnis mit der Arbeitgeberin (Casino S.) ruht für diese Zeit.
Zwischen den Betriebsparteien ist streitig, ob der Betriebsrat (Casino S.) wegen des Vorliegens einer Versetzung zu beteiligten war. Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, eine Versetzung liege vor, weil der Mitarbeiter P. wieder in den abgebenden Betrieb zurückkehren könne. Unerheblich sei insoweit, dass er nicht lediglich in einen anderen Betrieb desselben Unternehmens wechsele, sondern es zu einem Arbeitsvertragswechsel innerhalb eines Konzerns komme. Die Unternehmensgrenze sei für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes nicht hinderlich. Im Grunde genommen sei ohnehin von einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen auszugehen. Dafür spreche, dass durchaus Mitarbeiter innerhalb der durch die Komplementärin geleiteten Organisationen „verschoben” würden.
Der Betriebsrat hat beantragt,
- der Arbeitgeberin aufzugeben, die personelle Maßnahme der Versetzung des Mitarbeiters P. aus dem Betrieb S. zur Spielbank W. nach W. aufzuheben,
- der Arbeitgeberin für jeden Tag der Zuwiderhandlung gegen eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu EUR 250,– anzudrohen.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, es liege keine Versetzung vor, weil keine Versetzung in einen anderen Betrieb des Arbeitgebers erfolgt sei. Eine „annähernde Vergleichbarkeit” sei nicht gegeben, da weder „im Grunde genommen” noch rechtlich von einem Gemeinschaftsbetrieb mehrerer Unternehmen ausgegangen werden könne. Weder würden die Betriebsmittel gemeinsam genutzt noch erfolge ein gemeinsamer Einsatz der Arbeitnehmer.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei nicht von der Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber auszugehen. Vielmehr sei mitbestimmungsfrei ein neues Arbeitsverhältnis mit der Spielbank W… begründet worden. Es sei dem versetzungswilligen Arbeitnehmer nicht verwehrt, ein bestehendes Arbeitsverhältnis zu kündigen oder ruhend zu stellen und ein neues Arbeitsverhältnis an einem anderen Arbeitsort zu begründen. Der Betriebsrat könne das Ausscheiden eines Arbeitnehmers nicht verhindern, da der kollektive Schutzzweck des § 99 BetrVG seine Grenze in der Vertragsfreiheit des Arbeitnehmers finde. Die Möglichkeit einer Rückkehr nach S. ändere an der rechtlichen Beurteilung nichts. Entscheidend bleibe, dass der Arbeitnehmer P. nicht von der Arbeitgeberin abgeordnet worden sei unter Aufrechterhaltung der bestehenden Vertragsbeziehungen.
Der Betriebsrat hat gegen den ihm am 28.11.2006 zugestellten Beschluss am 21.12.2006 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung d...