Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigungsantrag. unechter Hilfsantrag. Wertfestsetzung. Berücksichtigung
Leitsatz (amtlich)
Stellt ein Arbeitnehmer im Kündigungsrechtsstreit „für den Fall des Obsiegens” den Hilfsantrag, den Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung zu verurteilen, ist dieser unechte Hilfsantrag bei der Wertfestsetzung nicht zu berücksichtigen, wenn die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen wird. Das gilt auch für die Wertfestsetzung für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren.
Normenkette
BRAGO § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1; GKG § 19 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Elmshorn (Beschluss vom 01.10.2002; Aktenzeichen 4 Ca 641 c/02) |
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Wertbeschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 1.10.2002 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind der Ansicht, dass der vom Kläger geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch bei der Streitwertfestsetzung zu berücksichtigen sei.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1.8.1978 als Radladerfahrer zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt von 2.431,91 EUR beschäftigt. Er hatte sich zunächst gegen eine Kündigung der Beklagten vom 26.2.2002 gewandt. Später hat er, nach Zugang einer weiteren Kündigung vom 17.6.2002, die Klage insoweit erweitert. Nachdem die Beklagte in der streitigen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht erklärt hat, er leite aus der Kündigung vom 26.2.2002 keine Rechte her, hat der Kläger beantragt,
- festzustellen, dass Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 17.6.200w weder zum 31.10.2002 noch zum 31.1.2003 beendet wird, sondern unverändert fortbestehe,
- im Fall des Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Das Arbeitsgericht hat mit – nicht rechtskräftigem Urteil vom 28.8.2002 die Klage abgewiesen. Den Wert hat es im Urteil auf 8.665,28 EUR festgesetzt. Der Beklagtenvertreter hat am 30.8.2002 Festsetzung des Kostenstreitwerts beantragt, und hierbei ausgeführt, für den Eventualhilfsantrag auf Weiterbeschäftigung sei mindestens ein weiteres Bruttomonatsgehalt anzusetzen. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 1.10.2002 (Bl. 65 d.A.), zugestellt am 15.10.2002 (Bl. 66 d.A.), den Kostenstreitwert auf 8.665,28 EUR festgesetzt und im Übrigen den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagtenvertreters, die er am 18.10.2002 beim Landesarbeitsgericht eingelegt hat. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 4.11.2002 der Beschwerde nicht abgeholfen.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist zulässig, § 25 Abs. 2 Satz 3 GKG, aber nicht begründet. Der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts vom 1.10.2002 ist nicht zu beanstanden. Die Ausführungen der Prozessbevollmächtigten der Beklagten sind nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu rechtfertigen.
Gem. § 9 Abs. 1 BRAGO ist die Festsetzung des Werts für die Gerichtsgebühren auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend, wenn der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt wird. Anderes gilt dann, wenn sich die Gebühren für die anwaltliche Tätigkeitn in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten oder es an einem solchen Wert fehlt, § 10 Abs. 1 BRAGO. Das bedeutet, dass der Wert für die Gerichtsgebühren von dem für die anwaltliche Tätigkeit abweichen kann. Das ist hier aber nicht der Fall.
Im vorliegenden Fall hatte das Gericht im Urteil den Wert, soweit der Streit entschieden worden war, bereits festgesetzt. Der Wertfestsetzungsantrag des Beklagtenvertreters war daher nicht zulässig.
Die Beschwerde ist aber auch unbegründet, weil der vom Kläger gestellte Hilfsantrag nicht Gegenstand der streitigen Verhandlung und der gerichtlichen Entscheidung war. Gem. § 19 Abs. 1 S. 2 GKG wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend. Es ist zwar sehr umstritten, ob die Vorschrift des § 19 Abs. 1 GKG auch für einen sog. unechten Hilfsantrag gilt mit der Folge, dass dieser unechte Hilfsantrag in jedem Fall bei der Wertfestsetzung gesondert zu berücksichtigen ist (für eine gesonderte Festsetzung: u.a. die vom Beklagtenvertreter zitierten Entscheidungen, s. Meier, Streitwerte im Arbeitsrecht, Rn. 248, Linck in GK zum Kündigungsrecht, Rn. 48, 49 zu § 12 ArbGG; LAG Sachsen Beschluss vom 4.4.1996 – 6 Ta 48/96 – NZA-RR 1997, 150; Creutzfeldt, NZA 1996, 956 ff.; gegen eine gesonderte Festsetzung: Hanau in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 8 zu § 72 Gerichtliche Geltendmachung; Germelmann/Matthes/Prütting, 4. ...