Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung, Vergleich. Weiterbeschäftigungsantrag. Unechter Hilfsantrag. Wertfestsetzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 19 Abs. 1 S. 2 GKG wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
2. Dies gilt auch für die sog. unechten oder uneigentlichen Hilfsanträge, d.h. Hilfsanträge, die nicht als zusätzlicher Antrag, sondern ausdrücklich nur für den Fall des Erfolgs des Hauptantrags gestellt sind.
Normenkette
GKG § 19 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Neumünster (Beschluss vom 02.07.2003; Aktenzeichen 1 Ca 433 b/03) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerinvertreter gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 2.7.2003 – 1 Ca 433 b/03 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Mit der am 04.03.2003 per Fax erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 27.02.2003 zum 31.3.2003 nicht aufgelöst ist, sondern unverändert fortbesteht,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein qualifiziertes, wohlwol lendes und berufsförderndes Zeugnis zu erteilen,
hilfsweise für den Fall des Obsiegens
- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Filialleiterin der Filiale Norderstedt tatsächlich weiter zu beschäftigten.
Die Parteien haben sich am 11.4.2003 streitbeendend verglichen. Die Klägerinvertreter haben am 20.5.2003 Wertfestsetzung auf 10.090 EUR beantragt. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 2.7.2003 den Wert auf 8.072 EUR festgesetzt und ausgeführt, der Weiterbeschäftigungsantrag könne als uneigentlicher Hilfsantrag nicht werterhöhend berücksichtigt werden. Hiergegen richtet sich die am 8.7.2003 mit Fax und 9.7.2003 im Original eingelegte Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zwar statthaft, hat jedoch nicht Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat den Wert des Streitgegenstandes zutreffend festgesetzt. Entgegen der Auffassung der Klägerinvertreter kommt dem Weiterbeschäftigungsantrag ein gesonderter Wert nicht zu.
Die Beschwerde ist unbegründet, weil der von der Klägerin mit der Klage angekündigte Hilfsantrag nicht Gegenstand der Verhandlung war. Gem. § 19 Abs. 1 S. 2 GKG wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend. Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden, § 19 Abs. 4 GKG.
Es ist zwar sehr umstritten, ob die Vorschrift des § 19 Abs. 1 GKG auch für einen sog. unechten Hilfsantrag gilt mit der Folge, dass dieser unechte Hilfsantrag in jedem Fall bei der Wertfestsetzung gesondert zu berücksichtigen ist (für eine gesonderte Festsetzung: s. Nachweise bei Meier, Streitwerte im Arbeitsrecht, Rn. 248; Linck in GK zum Kündigungsrecht, Rn. 48, 49 zu § 12 ArbGG; LAG Sachsen Beschluss vom 4.4.1996 – 6 Ta 48/96 – NZA-RR 1997,150; Creutzfeldt, NZA 1996,956 ff.; gegen eine gesonderte Festsetzung: Hanau in Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 2. Aufl., Rn. 8 zu § 72 Gerichtliche Geltendmachung; Germelmann/Matthes/Prütting, 4. Aufl., Rn. 110 zu § 12 ArbGG; Becker/Glaremin, NZA 1988,207 ff; LAG Hessen Beschluss vom 19.11.2001 – 15 Ta 85/01 – NZA-RR 2002,384; LAG Hessen Beschluss vom 23.4.1999 – 15/6 Ta 28/98 – NZA-RR 1999,434; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 27.11.001 – 6 Ta 164/01; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 26.2.2002 – 2 Ta 45/02 –; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 14.1.2003 – 2 Ta 224/02 –).
Gem. § 8 Abs. 1 BRAGO bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren, soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Hieraus folgt, dass § 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO hinsichtlich der Anwaltsgebühren auf die Wertvorschriften verweist, die für die Gerichtsgebühren gelten. Hierzu zählt auch § 19 GKG. Die Regelung in § 19 GKG hat ihren Grund ersichtlich darin, dass für Anträge, mit denen das Gericht sich nicht befasst hat und entsprechend den Anträgen der Parteien auch nicht befassen sollte, Gebühren nicht erhoben werden sollen. Dies gilt nicht nur für die echten Hilfsanträge, d. h. solche Anträge, die für den Fall gestellt sind, dass der Hauptantrag erfolglos bleibt. Aufgrund der Neufassung des § 19 GKG durch Art. 1 Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 (vom 24.06.1994, BGBl. I, S. 1325) ist davon auszugehen, dass diese Regelung auch für die sog. unechten oder uneigentlichen Hilfsanträge gelten soll, d. h. Hilfsanträge, die nicht als zusätzlicher Antra...