Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsanspruch. Aufrechnung mit Gegenforderung, die zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört. Entscheidungskompetenz. Zusammenhangsklage

 

Leitsatz (amtlich)

Wird gegen den Vergütungsanspruch eines Arbeitnehmers die Aufrechnung mit einer Forderung geltend gemacht, die zur Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte gehört, so ist auch nach der Neuregelung der §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 f GVG zum 01.01.1991 die Entscheidungskompetenz der Gerichte für Arbeitssachen hinsichtlich der rechtswegfremden Gegenforderung gegeben, sofern der in § 2 Abs. 3 ArbGG geforderte Zusammenhang gegeben ist.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 3, § 48 Abs. 1; GVG § 17 Abs. 2 S. 1, § 17a

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 30.11.1993; Aktenzeichen 3 Ca 247/93)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Lübeck vom 30.11.1993 – hinsichtlich Ziffer 2 in der Fassung des Beschlusses vom 07.06.1994 – aufgehoben.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Aufgrund Anstellungsvertrages vom 24.07.1979 trat der Kläger am 01.08.1979 als Abteilungsleiter in ein Anstellungsverhältnis mit der Beklagten, das zum 31.12.1984 beendet worden ist. Aus diesem Beschäftigungsverhältnis hat der Kläger einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung in Höhe von 215.000,– DM, der bisher nicht erfüllt worden ist. Für die Zeit vom 01.01.1987 bis zum 31.12.1988 hat zwischen den Parteien ein – durch Vereinbarung vom 02.02.1987 – schriftlich begründetes Vertragsverhältnis bestanden, nach dessen § 8 d beide Parteien hinsichtlich des Ergebnisses der Abteilung Philmut „jeweils mit 50 % am Gewinn und/oder Verlust beteiligt” sind.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger Zahlung der Gewinnbeteiligung aus der Zeit bis 1984 mit dem Antrag,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 234.350,– DM nebst 15 % Zinsen auf 215.000,– DM ab 01.01.1993 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, daß die Ausgangsforderung des Klägers von 215.000,– DM durch Aufrechnung mit der vom Kläger zu tragenden Verlustbeteiligung gem. § 8 d der Vereinbarung vom 02.02.1987 erloschen sei. Die Aufrechnung sei zulässig, auch wenn es sich bei der zur Aufrechnung gestellten Forderung um eine solche aus einem Gesellschaftsverhältnis handele.

Durch Beschluß vom 30.11.1993 hat das Arbeitsgericht den Rechtsstreit ausgesetzt und – durch ergänzenden Beschluß vom 07.06.1994 – der Beklagten „eine Frist von sechs Wochen, beginnend ab Zustellung dieses Beschlusses, zur Einreichung der Klage, die zur Aufrechnung gestellte Forderung betreffend, vor dem Zivilgericht gesetzt”.

Gegen diesen Aussetzungsbeschluß hat die Beklagte am 08.03.1994 Beschwerde mit der Begründung eingelegt, daß sich die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts auch hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Forderung bereits aus § 2 Abs. 3 ArbGG ergebe; der rechtliche oder unmittelbar wirtschaftliche Zusammenhang sei im Interesse der Prozeßökonomie weit auszulegen; der geforderte Zusammenhang sei daher gegeben, wenn die Streitigkeiten dem gleichen einheitlichen Lebenssachverhalt entsprängen und nicht nur rein zufällig eine Verbindung zueinander hätten. Da die weitere Voraussetzung dieser Vorschrift, daß nämlich eine arbeitsrechtliche Streitigkeit nach § 2 Abs. 1 oder 2 ArbGG bereits anhängig sei, ebenfalls gegeben sei, sei über die zur Aufrechnung gestellte Forderung zusammen mit dem Klaganspruch im arbeitsgerichtlichen Verfahren zu entscheiden.

Durch Beschluß vom 07.06.1994 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde der Beklagten gegen seinen Beschluß vom 30.11.1993 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Ergänzend wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde der Beklagten ist begründet. Das Arbeitsgericht hat in dem vorliegenden Rechtsstreit auch die Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Gegenforderung, auf die die Beklagte ihre Aufrechnung gegen den Zahlungsanspruch des Klägers stützt. Zur Entscheidung über die Gegenforderung der Beklagten ist zwar, würde sie klageweisend geltend gemacht, das Landgericht/Kammer für Handelssachen zuständig; insoweit ist mithin ein anderer Rechtsweg eröffnet; entscheidend ist jedoch, daß zwischen Haupt- und Gegenforderung ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Eine Aussetzung des Verfahrens, wie sie der angefochtene Beschluß vorsieht, ist daher nicht geboten, ebenfalls nicht die unter Ziffer 2 des Beschlusses ausgesprochene Fristsetzung, hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung, Klage vor dem Zivilgericht zu erheben.

Zutreffend weist das Arbeitsgericht zwar darauf hin, daß Streitgegenstand der Gegenforderung ausschließlich die Frage sei, ob der Kläger im Rahmen eines Dienst- oder Gesellschaftsvertrages, der kein Arbeitsverhältnis darstelle, eine Verlustbeteiligung mit der Beklagten vereinbart habe, die dazu führe, daß mit dieser Gegenforderung gegen Gewinnbeteiligungsansprüche des Klägers aus Vorjahren aufgerechn...

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