REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE ZUGELASSEN NEIN
Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung. Einigungsstelle. Besetzung. Vorsitzender. Vorfrage Gebührenwert. Sozialstaatsprinzip
Leitsatz (amtlich)
Die Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit in einem Beschlußverfahren, das die Bestellung einer betriebsverfassungsrechtlichen Einigungsstelle betrifft, richtet sich nach § 8 Abs. 2 BRAGO. Die geringe Bedeutung einer Entscheidung nach § 76 BetrVG, das summarischen Verfahren nach § 98 ArbGG rechtfertigen eine deutliche Herabsetzung unter den Regelwert dergestalt, daß beim Streit um die Anzahl der Beisitzer 1/6 von 6.000,– DM, beim Streit um die Person des Vorsitzenden ein weiteres Sechstel und beim Streit um die Zuständigkeit der Einigungsstelle abermals 1/6 von 6.000,– DM, insgesamt höchstens 3/6 des sog. Regelwerts als anwaltlicher Gebührenwert festzusetzen sind. Weder zur Bestimmung des Streitgegenstandes noch zur Festlegung seiner Höhe kann das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes herangezogen werden.
Normenkette
BRAGO §§ 10, 8; ArbGG § 98; BetrVG § 76
Verfahrensgang
ArbG Lübeck (Aktenzeichen 3 BV 102/92) |
Tenor
Der Gegenstandswert für das Beschlußverfahren in der Beschwerdeinstanz wird auf 3.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Der Beteiligte zu 1., Betriebsrat, hat beantragt, zum unparteiischen Vorsitzenden einer Einigungsstelle über Fragen der betrieblichen Lohngestaltung den Richter am Arbeitsgericht Hamburg, Herrn I. A., zu bestellen und die Zahl der Beisitzer für jede Seite auf drei festzusetzen. Die Beteiligte zu 2., Arbeitgeber in, hat die Zurückweisung des Antrags beantragt, weil die Einigungsstelle für den Regelungsgegenstand offensichtlich unzuständig sei, hilfsweise solle ein schleswig-holsteinischer Richter zum Vorsitzenden bestellt und die Zahl der Beisitzer auf jeweils einen festgesetzt werden.
Das Arbeitsgericht Lübeck hat durch Beschluß vom 11.02.1993 zum unparteiischen Vorsitzenden einer Einigungsstelle den Richter am Arbeitsgericht I. A., Arbeitsgericht Hamburg, bestellt und die Zahl der Beisitzer je Betriebspartei auf einen festgesetzt.
Auf die Beschwerde der beschwerdeführenden Antragsgegnerin ist durch Beschluß des Landesarbeitsgerichts vom 30. August 1993 – 4 TaBV 8/93 – der Beschluß des Arbeitsgerichts Lübeck abgeändert und der Antrag des Betriebsrats abgewiesen worden.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats, Rechtswalt M.-K. aus H., hat die Festsetzung des Gegenstandswertes beantragt.
Der Gegenstandswert war zum Zwecke der anwaltlichen Gebührenberechnung auf 3.000,– DM festzusetzen.
Die Bewertung des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit richtet sich grundsätzlich nach dem Wert des Streitgegenstandes. Streitgegenstände sind im Verfahren nach § 98 ArbGG, § 76 Abs. 2 BetrVG die Bestellung des Vorsitzenden und die Bestimmung der Zahl der Beisitzer, wobei oft die kontrovers dargestellte Vorfrage nach der Zuständigkeit der Einigungsstelle abzuklären ist.
Die Bemessung des Streitwertes orientiert sich daher daran und nicht an der wirtschaftlichen Bedeutung der von der Einigungsstelle zu regelnden Materie (LAG Schl.-Holst., Beschl, v. 21.04.1988 – 4 Ta 77/88 –); ebenso im Ergebnis auch Vetter, NZA 1986, 182–183 f). Die Bestimmung des wirtschaftlichen Werts der zu regelnden betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheit ist Sache der Einigungsstelle selbst, weil danach oft das Honorar des Einigungsstellenvorsitzenden und das Honorar von Beisitzern der Einigungsstelle bemessen wird.
Die Wertfestsetzung erfolgt gem. §§ 10, 8 Abs. 2 BRAGO. Der Wert ist, da er nicht aus den dort angegebenen Vorschriften der Kostenordnung entnommen werden kann, nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung ist vom Regelgegenstandswert von 6.000,– DM für nichtvermögensrechtliche Gegenstände auszugehen. In dem hierdurch und die Festsetzungsspanne des § 8 Abs. 2 S. 2 2. Halbs. BRAGO abgesteckten Rahmen sind insbesondere Bedeutung und Umfang der Sache sowie der Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts wertmäßig zu berücksichtigen.
Die Bedeutung einer Entscheidung nach § 98 ArbGG ist gering (ebenso LAG Schl.-Holst., Beschl, v. 24.07.1992 – 3 Ta 68/92 –; ebenso LAG Berlin, Beschl, v. 03.11.1987 – 1 Ta 112/87 –; LAG Schl.-Holst., Beschl, v. 09.03.1993 – 4 Ta 13/93 –), denn es geht dabei lediglich um die Frage der Einsetzung eines Entscheidungsgremiums, das dann selbst die im Betrieb bestehende eigentliche Streitfrage aus dem Betriebsverfassungsgesetz einer verbindlichen Regelung zuführen soll. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Verfahren um ein summarisches Verfahren, das zwar vor dem Gericht, aber durch den Vorsitzenden allein, durchgeführt wird. Bereits das erweist, daß der Arbeitsaufwand der Beteiligten, insbesondere der des Rechtsanwalts, gering ist (LAG Schl.-Holst., Beschl, v. 24.07.1992 – 3 Ta 60/92 –). Auch kann die mangelnde Leistungsfähigkeit des vermögenslosen Auftraggebers nicht unberücksichtigt bleiben. Der Betriebsrat besitzt kein eigenes ...