Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert. Streitwert. Beschlußverfahren. Einigungsstelle. BetrVG. Gebührenwert. Regelwert. Vorfrage. Streitwertfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Die Bewertung einer anwaltlichen Tätigkeit in einem Beschlußverfahren, das die Bestellung einer betriebsverfassungsrechtlichen Einigungsstelle betrifft, richtet sich nach § 8 Abs. 2 BRAGO. Die geringe Bedeutung einer Entscheidung nach § 76 BetrVG, das summarische Verfahren nach § 98 ArbGG rechtfertigen eine deutliche Herabsetzung unter den Regelwert dergestalt, daß beim Streit um die Anzahl der Beisitzer 1/6 von 8.000,– DM, beim Streit um die Person des Vorsitzenden ein weiteres Sechstel und beim Streit um die Zuständigkeit der Einigungsstelle abermals 1/6 von 8.000,– DM, insgesamt höchstens 3/6 des sog. Regelwerts als anwaltlicher Gebührenwert festzusetzen sind.
Normenkette
ArbGG § 98; BetrVG § 76; BRAGO §§ 10, 8
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Beschluss vom 12.12.1994; Aktenzeichen 1d Ca 50/94) |
Tenor
wird die Beschwerde der beschwerdeführenden Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Kiel vom 1. August 1995 – 1d BV 50/94 – zurückgewiesen.
Gründe
Der Beteiligte zu 1., Betriebsrat, hat beantragt, zum unparteiischen Vorsitzenden einer Einigungsstelle wegen Verhandlungen eines Interessenausgleichs sowie Erstellung eines Sozialplans, Herrn Herbert N., Vizepräsident des Landesarbeitsgerichts Hamburg, zu bestellen und die Zahl der Beisitzer für jede Seite auf vier festzusetzen. Die Beteiligte zu 2., Arbeitgeberin, hat die Zurückweisung des Antrags beantragt, weil die Einigungsstelle für den Regelungsgegenstand offensichtlich unzuständig sei. Hilfsweise solle der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Niedersachsen, D., zum Vorsitzenden bestellt werden; die Zahl der Beisitzer sei überhöht.
Das Arbeitsgericht Kiel hat durch Beschluß vom 12. Dezember 1994 beschlossen:
- Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand „Verhandlung eines Interessenausgleichs und Erstellung eines Sozialplanes” wird Richter am Arbeitsgericht Dr. Uwe R. Sch…, Arbeitsgericht Elmshorn, bestimmt.
- Die Zahl der Beisitzer wird je Seite mit 3 festgesetzt.
Der Betriebsrat hat seine gegen den Beschluß eingelegte Beschwerde zurückgenommen. Das Landesarbeitsgericht hat daraufhin mit Beschluß vom 17. Juli 1995 das Verfahren gem. § 89 Abs. 4 ArbGG eingestellt. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats hat beantragt, den Gegenstandswert auf 8.000,– DM festzusetzen. Das Arbeitsgericht Kiel hat durch Beschluß vom 01.08.1995 den Gegenstandswert auf 4.000,– DM festgesetzt und das damit begründet:
Es handele sich nicht um eine vermögensrechtliche Streitigkeit. Vermögensrechtlich seien alle Ansprüche, die sich aus einem vermögensrechtlichen, d. h. auf Geld oder Geldeswert gerichteten Rechtsverhältnis ergingen oder sonstige Ansprüche, die auf Geld oder Geldeswert gerichtet seien (vgl. Stein-Jonas, Kommentar zur ZPO, Rdnr. 43 zu § 1 ZPO). Danach sei der vom Betriebsrat geltend gemachte Anspruch nicht vermögensrechtlich. Es sei hier geboten, den Wert deutlich unterhalb des Regelwertes von 8.000,– DM festzusetzen. Das Verfahren nach § 98 ArbGG sei ein Beschlußverfahren einfachster Art. Es führe nur zu einer geringen Arbeitsbelastung für Beteiligte und Gericht, möge auch die Zuständigkeit der Einigungsstelle im Streit sein. Die Einsetzung der Einigungsstelle könne vom Gericht nur bei offensichtlicher Unzuständigkeit der Einigungsstelle abgelehnt werden, § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG. Die Einigungsstelle stelle selbst ihre Zuständigkeit fest. Die geringe Bedeutung einer Entscheidung nach § 98 ArbGG rechtfertige daher eine Herabsetzung des Wertes (vgl. LAG Schl.-Holst. v. 09.03.1993 – 4 Ta 13/93 –). Es sei nicht gerechtfertigt, den Wert ebenso hoch anzusetzen wie bei anderen Beschlußverfahren mit höherem Schwierigkeitsgrad und entsprechendem Aufwand für die Beteiligten. Hiernach ergibt sich, daß eine deutliche Herabsetzung unter den Regelwert dergestalt geboten sei, daß beim Streit um die Anzahl der Beisitzer 1/8 von 8.000,– DM, beim Streit um die Person des Vorsitzenden ein weiteres Achtel und beim Streit um die Zuständigkeit der Einigungsstelle 2/8 von 8.000,– DM, insgesamt höchstens 4/8 des sog. Regelwerts als anwaltlicher Gebührenwert festzusetzen seien (vgl. zur früheren Regelung: LAG Schl.-Holst., Beschl. v. 14.10.1993 – 4 TaBV 8/93 –). Danach ergebe sich, da die Beteiligten sowohl um die Zuständigkeit der Einigungsstelle als auch die Person des Vorsitzenden und die Zahl der Beisitzer gestritten hätten, ein Wert von 4.000,– DM.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats. Er begründet die Beschwerde nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 10.08.1995 und fordert die Festsetzung in Höhe von 8.000,– DM. Der Arbeitgeber verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 26.09.1995.
Die Beschwerde ist gem. § 10 Abs. 3 BRAGO statthaft, sie ist auch...