Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbestimmte Unterlassungsanträge des Betriebsrats zur Beschränkung der Mitbestimmung im Hinblick auf “arbeitskampfbedingte„ Maßnahmen bei entscheidungserheblichem Streit um den Begriff der “Arbeitskampfbedingtheit„
Leitsatz (amtlich)
Streiten die Beteiligten in einem Beschlussverfahren um die Frage, ob Mitbestimmungsrechte arbeitskampfbedingt von der Arbeitgeberin nicht zu beachten sind, so sind Unterlassungsanträge des Betriebsrats nicht hinreichend bestimmt, sofern sie pauschal eine Beschränkung der Mitbestimmungsrechte auf "arbeitskampfbedingt" enthalten.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3 S. 1, §§ 87, 99; GG Art. 9 Abs. 3; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Kiel (Entscheidung vom 27.05.2015; Aktenzeichen 1 BV 1 b/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 27.05.2015 - 1 BV 1 b/15 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um Ansprüche des Antragstellers gegen die Beteiligte zu 2. auf Unterlassung von Personaleinsätzen unter behaupteter Missachtung der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung.
Die Beteiligte zu 2 (Arbeitgeberin) ist ein bundesweit tätiges Dienstleistungsunternehmen mit dem Schwerpunkt der Zustellung von B.- und P.sendungen. Bundesweit führt die Arbeitgeberin 49 Niederlassungen B., eine davon ist die Niederlassung B. K., wo der Antragsteller der gewählte Betriebsrat ist.
Die Niederlassung B. K. untergliedert sich in die Betriebsabteilungen Stationäre Bearbeitung B. mit den B.zentren in K. und E. (Abteilung 31), Verkehr (Abteilung 32), Auslieferung B. (Abteilung 33), Stationäre Bearbeitung P. mit dem P.zentrum N. (Abteilung 35), Auslieferung P. (Abteilung 36), Personal (Abteilung 19) und die Stabsabteilung Produktionsunterstützung (Abteilung 30-8).
Das P.zentrum N. ist eines von insgesamt 33 bundesweit.
In der ersten Hälfte des Oktober 2014 lud der Betriebsrat ein zu einer Teilbetriebsversammlung für die Abteilung 35 - P.zentrum N., und zwar für den 27. Oktober 2014 ab 14:30 Uhr.
Auf Einladung des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden trafen sich in der Zeit vom 20. bis 22. Oktober 2014 die Betriebsrats-Vorsitzenden der bei den Niederlassungen B. der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsräte in B. B.. Dort erfolgte in Anwesenheit eines Vertreters der Gewerkschaft ver.di ein Informationsaustausch über den aus der Sicht der Betriebsräte stattfindenden Wandel in der Unternehmenspolitik. Im Rahmen dieses Austausches entstand die Idee, in den P.zentren der Niederlassung B. bundesweit zeitgleich Teilbetriebsversammlungen abzuhalten, und zwar am 5. Dezember 2014 ab 18:00 Uhr. Noch während dieser Veranstaltung informierte der Betriebsratsvorsitzende seinen Stellvertreter telefonisch über die beabsichtigte Verlegung der Teilbetriebsversammlung vom 27. Oktober 2014 auf den 5. Dezember 2014 und bat darum, den Niederlassungsleiter vorab darüber zu informieren.
Am 4. November 2014 führte der Betriebsrat die erste ordentliche Betriebsratssitzung nach dem Austausch in B. B. durch. Nach Beschlussfassung setzte der Betriebsrat den Niederlassungsleiter der Arbeitgeberin, Herrn K., schriftlich darüber in Kenntnis, dass die Teilbetriebsversammlung statt am 27. Oktober 2014 nunmehr am 5. Dezember 2014 ab 18:00 Uhr für die sogenannte PZA-Schicht des P.zentrums N. stattfinde.
Am 18. November 2014 beantragte der Abteilungsleiter R. des P.zentrums N. beim Betriebsrat die Genehmigung von Mehrleistungen im Zeitraum von Samstag, 6. Dezember 2014, bis Montag, 8. Dezember 2014. Bezogen auf den 6. Dezember 2014 begründete die Arbeitgeberin den Antrag mit der "Aufarbeitung von Rückständen PZA aus der Teilbetriebsversammlung Abteilung 35 am 5. Dezember 2014 von 18:00 Uhr bis 20:30 Uhr". Die Mehrleistungen sollten 125 Stunden Produktivpersonal und 25 Stunden Leistungspersonal ausmachen. Samstag ist in der PZA-Schicht dienstplanmäßig ein freier Tag für die Beschäftigten.
Am 1. Dezember 2014 erkundigte sich ein Mitglied des Betriebsrates beim Niederlassungsleiter K. danach, ob die Arbeitgeberin beabsichtige, für den Einsatz von Verwaltungskräften, Kräften aus den Bereichen der Zustellung sowie betriebsfremden Kräften im P.zentrum Neumünster während der Betriebsversammlung vom 5. Dezember 2014 die Zustimmung des Betriebsrates einzuholen. Der Niederlassungsleiter der Arbeitgeberin äußerte sinngemäß, es komme zunächst einmal nichts, da er abwarten wolle, wie sich der Betriebsrat in Bezug auf die Sonderschicht vom 6. Dezember 2014 positioniere.
Der Betriebsrat beschloss in seiner Sitzung vom 2. Dezember 2014, die Zustimmung zum Antrag auf Mehrleistungen am 6. Dezember 2014 und 7. und 8. Dezember 2014 zu verweigern und teilte dies der Arbeitgeberin am 3. Dezember 2014 mit.
Die Gewerkschaft ver.di - Bundesvorstand kritisierte mit Pressemitteilung vom 13. November 2014 (Bl. 233 d. A.) die Befristungspraxis bei der Arbeitgeberin und forderte die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen. Mit Pressemitteilung vom 3. Dezembe...